In den letzten drei Jahren habe ich hier in dieser Kolumne einiges mit Ihnen geteilt:
Windelunfälle, Läuseplagen und Fluchwörter sind nur einige der brisanten Themen, zu denen ich dank meiner zauberhaften Familie doch einiges schreiben konnte. Doch diesen Monat setze ich mich bewusst und erneut in ein Wespennest. Denn es geht um Gott und den Glauben und Jesus und die Bibel. Ich glaube, dass der Glaube etwas ganz persönliches ist. Und ziemlich genau so habe ich es nun gegenüber Lily formuliert, als sie mich ganz beunruhigt gefragt hat, warum wir denn nicht an Gott glauben. Leicht konsterniert holte ich weit aus und beschrieb in Kurzform die verschiedenen Arten von Glauben, warf ihr Mohammed und Buddha und Odin an den Kopf, und schloss mit einem eindringlichen «Wir können auch mal zusammen in eine Kirche gehen, wenn du willst!» ab. Und das mitten beim Sugokochen, wohlbemerkt. Lily hörte sich geduldig meinen Redeschwall an und sagte dann nur noch: «Sandra sagte mir heute, dass wir nicht in den Himmel kommen, wenn wir nicht an Gott glauben. Darum glaube ich ab heute daran, isch guet?»
Ich habe ihr zwar versichert, dass das absolut «guet» ist. Aber gut finde ich es ja trotzdem nicht, dass sie bloss an Gott glauben will, weil ihr eine Sechsjährige mit Zahnlücke mit der Hölle gedroht hat, wenn sie es nicht tut. Spiritualität ist etwas Wunderbares, doch organisierte Religionen beunruhigen mich auf eine Art, die ich nur schlecht beschreiben kann. Der Tigerprinz und ich bemühen uns jeden Tag, Mia und Lily vorzuleben, was es bedeutet, ein guter Mensch zu sein (und dazu gehört für uns auch, dass gute Menschen Risotto probieren, anstatt immer vorweg zu behaupten, dass man ihn nicht mag). Und wir betonen immer wieder, dass der Glaube eigentlich etwas ganz Schönes ist und dass sie jetzt oder später gerne in den Religionsunterricht oder mit Freunden in die Kirche gehen und sich dann selber entschliessen dürfen, an wen oder was sie allenfalls glauben möchten. In der Zwischenzeit versuchen wir einfach, die Mädchen so zu erziehen, dass sie offen und offenherzig bleiben. Und sich nicht von irgendwelchen Himmels-Türstehern einschüchtern lassen. Mia, meine klevere Zweitklässlerin, die mir gestern eine Liste geschrieben hat von Schimpfwörtern, «die keiner in dieser Familie sagen darf» (sie hat sie ja nicht gesagt, sondern geschrieben), hat ihrer kleinen Schwester auf jeden Fall versichert, dass man im Himmel auf keinen Fall Risotto essen muss, wenn man nicht will.
Steffi Hidber
Redaktorin Beauty
Steffi Hidber lebt mit ihrer Familie in Zürich und liebt alles, was schön macht. Auf ihrem Beauty-Blog heypretty.ch gibt's noch mehr News zum Thema, und manchmal auch lustige Katzenfilmli.