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Leseförderung
Lesen fürs Leben
Von Käther Bänziger
Bücher machen schlau. Doch viele Kinder haben, wenn sie in den Kindergarten kommen, noch nie in einem Buch geblättert. Das Projekt Buchstart will das ändern.










Seit einiger Zeit gibt es den «Buchstart-Club». Zusammen mit rund 30 Buchhandlungen der Deutschschweiz wird halbjährlich eine Liste publiziert, welche Eltern die Wahl von guten Büchern erleichtern soll. Vorgestellt werden jeweils fünf Bücher für die Alterskategorien 0 bis 2, 2 bis 4 sowie 4 bis 6. Eltern können zudem Buchstart-Club-Mitglied werden und erhalten so spezielle Angebote von ihren Buchhandlungen. Die Liste mit empfehlenswerten Büchern wird von Expertinnen des Schweizerischen Instituts für Kinder- und Jugendmedien sowie Buchhändlerinnen zusammengestellt. Alle Infos auf www.buchstart.ch unter dem Stichwort Buchhandel.
Ohne Lesen und Schreiben geht in unserer Welt gar nichts. Dennoch leben in der Schweiz rund 800 000 Menschen, die sich mit dieser Kulturtechnik schwer tun, gar doppelt so viele verstehen einen gelesenen Text nicht wirklich. Obwohl sie die Schulbank gedrückt haben. Denn die Leseförderung beginnt schon Jahre vor dem ersten Schultag. Aus Studien weiss man, dass es Kindern, die nicht bereits als Kleinkind mit Büchern aufwachsen, schwerer fällt, Lesen und Schreiben zu lernen. Für viele Eltern ist es deshalb selbstverständlich, ihren Kindern Geschichten zu erzählen und vorzulesen. Schliesslich haben Bücher auch in ihrer eigenen Kindheit eine wichtige Rolle gespielt. Und sie wissen, dass altersgerechte Bilderbücher Kindern nicht nur Stunden der Geborgenheit bescheren, sondern auch die Sprachentwicklung fördern.
Allerdings gibt es immer mehr Eltern, die ihre Kinder schon im Säuglingsalter vor den Fernseher setzen. Oft aus Bequemlichkeit. Denn Bücher faszinieren kleine Kinder im Gegensatz zu den bewegten Bildern nur, wenn die Erwachsenen gemeinsam mit ihnen in die Geschichte eintauchen und nicht müde werden, das gleiche Buch wieder und wieder zu erzählen. Diese Zeit nehmen sich offenbar immer weniger Eltern. Berufsgruppen, die häufig mit kleinen Kindern zu tun haben, beobachten, dass ein immer grösserer Anteil von Buben und Mädchen in der Sprachentwicklung zurückbleibt. In Krippen oder Spielgruppen erlebt man nicht selten, dass Kinder hier zum ersten Mal mit Büchern in Kontakt kommen.
Das Projekt Buchstart hat sich zum Ziel gesetzt, die Chancengleichheit via Kinderbuch etwas zu erhöhen. Alle Kinder sollen die Chance bekommen, schon in den ersten Lebensjahren mit Büchern in Kontakt zu kommen. Seit zwei Jahren werden deshalb kostenlose Buchpakete verteilt. Die wichtigste Zielgruppe sind Eltern, die bisher keinen engen Bezug zu Literatur hatten. Da man diese weder via Bibliotheken oder den Buchhandel erreicht, setzen die Initianten von Buchstart auf Kinderärztinnen und -ärzte und Mütterberaterinnen. Fachpersonen also, die in der Regel mit Eltern aus allen Schichten und Ländern in Kontakt kommen. Im Idealfall geben sie das kostenlose Buchpaket zusammen mit Informationen über die Sprachentwicklung direkt an die Eltern ab. Auch Bibliotheken helfen mit, das Paket zu verteilen.
Die beiden Buchstart-Kinderbücher heissen «Noch ein Kuss» von Eve Tharlet und Christoph Loupy sowie «Ein Wort, ein Bild» von Hayelé Ardalan. Für diese Titel hat sich eine Arbeitsgruppe von Buchstart entschieden, weil sie am ehesten die Bedürfnisse der in der Schweiz lebenden Eltern und deren Hintergründe decken.
Neu ist die Idee des Projekts nicht. In England gibt es Bookstart seit 1992. In diesen 18 Jahren ist es den Initianten gelungen, 94 Prozent aller Mütter und Väter zu erreichen. In der Schweiz ist man davon noch weit entfernt. In den letzten zwei Jahren wurden 60 000 Pakete ausgeliefert, was rund 40 Prozent der Geburten entspricht. In manchen Kantonen wie Graubünden ist das Engagement der Beteiligten gross, die Eltern werden beinahe flächendeckend erreicht; in anderen Kantonen wie etwa Zürich ist das Interesse kleiner. Bei Bibliomedia Schweiz, die mit dem Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien das Projekt initiiert hat, zeigt man sich dennoch zufrieden. «Das Ziel, alle Eltern zu erreichen, ist eine grosse Herausforderung, aber die Idee ist nach zwei Jahren gut etabliert und wird sich mit der Zeit schweizweit durchsetzen», ist Sabine Hofmann von Bibliomedia überzeugt.
Weitere Pfeiler des Projekts sind Reim-, Spiel-, Geschichtenund Versli-Stunden in Bibliotheken. Diese Veranstaltungen sollten Eltern mit Kindern bis zu drei Jahren animieren, sich mit Sprache und Büchern zu befassen. In einer Bücherecke für die Kleinsten haben Familien Zeit und Musse, sich in der grossen Welt der Bücher umzusehen und Medien auszuleihen.
Leseförderung für Kinder ausländischer Familien
«Schenk mir eine Geschichte» ist ebenfalls ein Projekt, das Eltern dazu ermuntert, ihren Kindern von klein auf Bilderbücher und Geschichten zu erzählen und sie so in ihrer Sprachentwicklung zu fördern. Es richtet sich in erster Linie an fremdsprachige Familien mit Kindern zwischen zwei und fünf Jahren und damit an diejenigen, die mit dem Buchstart-Paket eher schwer zu erreichen sind. Auch in diesem Projekt, das vom schweizerischen Institut für Kinderund Jugendmedien initiiert wurde, stehen die Eltern mit ihren Kindern im Mittelpunkt.
Kern dieses Projektes sind sogenannte Leseanimationen in verschiedenen Sprachen wie portugiesisch, albanisch, arabisch, spanisch oder türkisch. In diesen regelmässig stattfindenden zweistündigen Kursen werden Geschichten erzählt, Versli und Lieder gesungen, aber auch Informationen zum Thema Spracherwerb oder Leseförderung ausgetauscht. Gleichzeitig lernen die Eltern diverse Angebote für Kinder im Vorschulalter in ihrer Region kennen. Die fremdsprachigen Eltern werden in diesen Kursen ausdrücklich dazu ermuntert, mit ihren Kindern in ihrer Muttersprache zu sprechen, denn: «Je besser sich ein Kind in seiner Erstsprache ausdrücken kann, umso einfacher fällt ihm der Erwerb einer Zweitsprache», sagt die Projektleiterin Therese Salzmann.
Zurzeit wird «Schenk mir eine Geschichte» erst in den Kantonen Solothurn, Zürich, Basel-Stadt sowie in einzelnen Gemeinden wie Thun, Chur und Brig-Glis angeboten. Ein Ausbau des Angebotes auf die Westschweiz und weitere Städte ist für 2011 geplant.
Mehr Infos auf der Homepage des schweizerischen Institutes für Kinderund Jugendmedien www.sikjm.ch unter dem Stichwort Leseförderung.
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