Ernährung
Ernährung: Gesunde Mengen für Kinder
Die Portions- und Nährwertangaben auf Verkaufsverpackungen sind nicht für Kinder gedacht. Wie helfen sich Eltern, trotzdem das gesunde Mass zu behalten?
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Von Andreas Grote
Die Portions- und Nährwertangaben auf Verkaufsverpackungen sind nicht für Kinder gedacht. Wie helfen sich Eltern, trotzdem das gesunde Mass zu behalten?
Müesli und Cornflakes gehören bei vielen Kindern und Jugendlichen auf den Speiseplan. Richtig dosiert ist das auch ok, aber Eltern sind oft unsicher, wie viel ihr Kind eigentlich davon konsumieren dürfte, ohne auf Dauer gesundheitliche Nachteile wie Übergewicht befürchten zu müssen. Denn auf den Verpackungen sind nur Nährwertangaben für Erwachsene abgedruckt.
Diese überschlägig auf den Tagesbedarf seines Kindes umzurechnen bringe aber nichts, sagt David Fäh, Ernährungswissenschaftler an der Berner Fachhochschule und selbst Vater zweier Kinder. «Eltern sollten diese Angaben gar nicht beachten», sagt Fäh. Denn sie beziehen sich nur auf Personen mit einem durchschnittlichen Tagesbedarf von 2000 kcal.
«Tatsächlich trifft das nur auf einen kleinen Teil der Erwachsenen zu, auf Kinder schon mal gar nicht.» Schliesslich habe jeder Körper einen anderen Stoffwechsel, jeder Mensch einen anderen Alltag mit viel oder wenig Bewegung und Sport. Erst recht jetzt in Pandemie-Zeiten.
Auch die Portionsgrössen auf den Verpackungen taugen nicht als Orientierung. Diese seien vom Hersteller teilweise willkürlich gewählt und meist um einiges kleiner als die Menge, die Konsument* innen als Portion ansehen, weiss der Ernährungswissenschaftler. Zum Vergleich verschiedener Produkte eigne sich daher nur der meist auf der Rückseite aufgedruckte Nährwertgehalt pro 100 Gramm des Produktes.
Der Ernährungsfachmann rät aber eher zu anderen Strategien, die einfacher umzusetzen und dadurch auch langfristig durchführbar sind. «Was die richtige Portionsmenge angeht, so ist es sicherlich ein guter Ansatz, immer mit der gleichen Portionsgrösse zu hantieren», sagt David Fäh. Dafür eignet sich zum Beispiel immer das gleiche Müeslischälchen mit der gleichen Menge zu füllen.
Gut passt dazu ein eher kleineres Schälchen, hier sieht die eingefüllte Menge nach mehr aus als in einem grösseren Schälchen. «Damit hat man eine feste Grösse und auch das Kind hat die Gewissheit, diese Menge am Tag ist ok. Unterm Strich sollte man Kindern ohnehin nichts davon pauschal verbieten», rät Fäh.
«Wenn man Kindern Alternativen aufzeigt, also frisches Obst und Gemüse, sie sich viel bewegen und so Kalorien verbrennen, dann haben auch ungesunde Lebensmittel, die aber schmecken, in der Ernährung ihren Platz und sind dann auch unproblematisch.»
Wichtiger als ein paar Gramm mehr oder weniger in der Müeslischale ist die Auswahl des richtigen Produkts. Seit einiger Zeit gibt es im Supermarkt Cornflakes oder Müesli, bei denen der Zuckergehalt deutlich um 30 oder gar 50 Prozent reduziert wurde. «Im Prinzip begrüsse ich das», sagt Fäh. Allerdings sollten Eltern darauf achten, dass der fehlende Zucker nicht durch künstliche Süssstoffe ausgeglichen wurde.
Das sei häufig der Fall. «Dadurch bleibt der Körper weiter an das hohe Süssniveau gewöhnt und passt sein Essverhalten auch bei anderen Produkten entsprechend an», erklärt Fäh. Auch solle man sich durch den reduzierten Zuckergehalt nicht dazu verführen lassen, mehr davon zu konsumieren.
Eltern sollten zudem auf einen niedrigen Verarbeitungsgrad des Produktes achten. Kritisch sind eine lange Zutatenliste, lange Haltbarkeit, viel gesättigte Fettsäuren und Zucker, dafür nur wenige Ballaststoffe und Eiweiss. «Die Erfahrung zeigt, dass solche stark verarbeiteten Produkte unnötige zusätzliche Kalorien liefern», sagt David Fäh.
Auch der neu aufgedruckte Nutri-Score kann helfen, innerhalb einer Produktgruppe ein Produkt zu finden, das gesünder abschneidet. «Allerdings sind auch viele Produkte, die mit einer an sich guten A- und B-Bewertung abschneiden, oft stark verarbeitet», sagt Fäh. Daher sollte man sich auch bei einem guten Score nicht dazu verleiten lassen, mehr zu essen.
Eltern sollten beim Einkauf zudem auf den Fasergehalt von Cornflakes und Müesli achten. Fasern sättigen gut mit relativ wenig Kalorien und beeinflussen die Darmflora positiv. «Manche Produkte schmecken Kindern gut, obwohl sie sehr viele Fasern enthalten», sagt Fäh aus eigener Erfahrung.
Irritierenderweise sind solche faserreichen Produkte eher bei den Eigenmarken der Discounter zu finden. «Sie scheinen mir in diesem Sortiment oft hochwertiger, weil sie einen grösseren Anteil Weizen enthalten, während grosse Markenhersteller lieber faserärmere Sorten wie Mais und Reis verwenden.»
Der Fasergehalt steht auf der Verpackung in den Nährwertangaben hinter dem Eintrag Ballaststoffe. «Mehr als 8 Gramm pro 100 Gramm sollten es sein», rät Fäh. Während in 100 Gramm Cornflakes nur etwa noch 3 Gramm Fasern enthalten sind, sind es bei einem Müesli mit Haferflockenanteil schnell 10 Gramm und mehr.
Volle Kontrolle über die Inhaltsstoffe hat, wer sein Müesli selbst zusammenstellt. «Das muss gar nicht aufwendig sein», sagt Fäh. Müesli könne man ganz einfach mischen, zum Beispiel aus 5-Flockenmischung, rohen Nüssen und Sojaflocken sowie Samen und Kernen wie Buchweizen oder Flohsamen. Bei der Milch können Eltern frei wählen. «Selbst wenn das Kind etwas übergewichtig ist, fehlt der wissenschaftliche Nachweis für den Nutzen einer fettreduzierten Milch.»
Auch Milchersatzprodukte wie aus Hafer, Mandel oder Soja seien in Ordnung, hätten aber häufig Zucker beigemischt. Nicht aus den Augen verlieren sollten Eltern dagegen die Hauptquellen für zugesetzten Zucker: Süssgetränke, Fruchtsäfte oder Süssigkeiten enthalten meist sehr viel davon und werden oft nebenbei konsumiert.