Eherecht
Ehe oder Konkubinat?
Von Kirsten Jaeggi Oettli, Juristin
Ehe oder Konkubinat – beide Formen haben rechtliche Vor- und Nachteile. Allerdings überwiegen die Nachteile im Konkubinat, sobald Kinder da sind, es zu einer Trennung oder einem Todesfall kommt. Die meisten dieser Nachteile können mit guten vertraglichen Lösungen behoben werden. Dafür braucht es grosses Vertrauen der Partner, Konfliktfähigkeit, Sachlichkeit und sinnvollerweise eine juristische Beratung.
Die für Familien wichtigsten Unterschiede zwischen Ehe und Konkubinat erfahren Sie hier:
Vaterschaft
Bei der Geburt eines Kindes ist sonnenklar, wer die Mutter ist. Beim Vater sind die Verwandtschaftsbande nicht immer so klar. Darum wird die Vaterschaft im Gesetz speziell geregelt:
Wird ein Kind eines verheirateten Paares geboren, gilt automatisch der Ehemann als Vater, auch wenn er das gar nicht ist!
Anders im Konkubinat: Durch eine Erklärung beim Zivilstandesamt muss der Konkubinatsvater sein Kind offiziell anerkennen. Erst dann wird er rechtlich gesehen zum Vater des Kindes, mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten. Am besten tut er dies bereits vor oder unverzüglich (bis ca. 4 Wochen) nach der Geburt.
Wird das Kind vom Vater nicht anerkannt, schaltet sich die Kindes-und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) ein. Sie ernennt einen Beistand, der im Namen des Kindes für die Feststellung des Kindesverhältnisses zum Vater zu sorgen hat.
Sorgerecht
Die elterliche Sorge ist das Recht und die Pflicht für das Kind zu entscheiden, überall wo es das noch nicht selbst kann. Sie dauert von der Geburt bis zum 18. Geburtstag des Kindes.
Verheirateten Eltern steht die elterliche Sorge für die Kinder gemeinsam zu. Das bedeutet, dass Mutter und Vater stets gemeinsam über die Kinderbelange entscheiden müssen.
Seit dem 1. Juli 2014 sieht das Gesetz das gemeinsame Sorgerecht als Regelfall vor. Trotzdem müssen aber unverheiratete Eltern eine gemeinsame Erklärung abgeben, damit das gemeinsame Sorgerecht für sie zustande kommt. In der Erklärung legen die Eltern dar, dass sie beide die elterliche Sorge für ihr Kind tragen wollen und sich über Unterhalt und Betreuung einig sind. Bis die Erklärung vorliegt, steht die elterliche Sorge allein der Mutter zu. Die Eltern können die Erklärung bereits vor oder auch kurz nach der Geburt zusammen mit der Vaterschaftsanerkennung beim Zivilstandesamt abgeben, was am einfachsten ist. Sie können die Erklärung für das gemeinsame Sorgerecht aber auch später liefern. Falls das Kind zu diesem Zeitpunkt schon anerkannt wurde, ist dann aber die KESB zuständig.
Dass das Paar zusammenlebt, ist weder für die Vaterschaftsanerkennung, noch für das gemeinsame Sorgerecht notwendig.
Familienname des Kindes
Bei der Heirat behält grundsätzlich jeder Ehepartner seinen bisherigen Familiennamen. Für die künftigen Kinder müssen die Brautleute dann bestimmen, ob ihr Nachwuchs den Nachnamen der Mutter oder jenen des Vaters tragen soll. Das Paar hat aber auch die Möglichkeit, einen der beiden Nachnamen als gemeinsamen Familiennamen zu wählen, der nachher ebenfalls für ihre Kinder gilt. (Lesen Sie dazu den Artikel «Meier und Burkhard oder Meier-Burkhard?»)
Kinder von Eltern, die im Konkubinat leben, heissen wie die Mutter, sofern sie das alleinige Sorgerecht hat. Wenn die Eltern das gemeinsame Sorgerecht erklärt haben, können sie für das Kind zwischen den Ledignamen von Vater und Mutter wählen. Diese Namenswahl gilt dann für alle gemeinsamen Kinder, die später folgen. Das Zivilstandsamt nimmt die Erklärung der Namenswahl entgegen.
AHV
Sind verheiratete Partner erwerbstätig, so werden für die Berechnung der AHV-Rente die einbezahlten Beiträge je hälftig ihrem individuellen Konto gutgeschrieben. Das ist das sogenannte Splitting. Ist einer der Ehepartner nicht erwerbstätig, ist er von der Beitragspflicht befreit, wenn der andere Ehepartner AHV-Beiträge abrechnet.
Anders im Konkubinat: Arbeiten beide Konkubinatspartner, so äufnen auch beide unabhängig voneinander ihr eigenes AHV-Konto. Betreut aber der eine Partner die Kinder und arbeitet deshalb reduziert oder gar nicht, so schmälert dies seine zukünftige AHV-Rente. Haushaltführende Konkubinatspartner, die kein eigenes Einkommen erzielen, gelten für die AHV als «Nichterwerbstätige». Sie sind verpflichtet ihre AHV-Beiträge selbst zu bezahlen. Im Pensionsalter erhalten beide Konkubinatspartner eine volle Einzelrente der AHV. Bei Ehepaaren hingegen werden die beiden Renten zusammengelegt und gekürzt, das heisst plafoniert. Hier ein Vorteil für die wilde Ehe!
Todesfall
Stirbt der Ehemann oder die Ehefrau so ist der überlebende Ehegatte pflichtteilgeschützter Erbe. Auch erhält er eine Witwen- bzw. Witwerrente der AHV und der Pensionskasse. Von beiden Sozialversicherungen werden auch Halbwaisenrenten für die Kinder bezahlt.
Wer nicht verheiratet ist, erhält beim Tod des Partners keine Witwen- oder Witwerrente der AHV. Stirbt zum Beispiel der Vater als Hauptverdiener der Familie, erhält seine ledige Partnerin keine Witwenrente, weil sie rechtlich gesehen keine Witwe ist. Immerhin erhalten die unehelichen Kinder eine Halbwaisenrente.
Etwas besser sieht es bei der Pensionskasse aus: Die berufliche Vorsorge bietet Konkubinatspaaren im Allgemeinen mehr Möglichkeiten sich abzusichern. Die gesetzlichen Minimalleistungen der beruflichen Vorsorge sehen zwar ebenfalls keine Leistungen für Konkubinatspartner vor (nur Waisenrenten für die Kinder), aber viele Pensionskassen dehnen in ihrem Reglement die Leistungen über das gesetzliche Minimum hinaus aus. Um davon zu profitieren, müssen die beiden Partner ihrer Pensionskasse gegenüber eine schriftliche Begünstigungserklärung abgegeben haben (Bestätigung verlangen).
Erben können Konkubinatspartner nur, wenn sich das Paar gegenseitig in einem Testament oder einem Erbvertrag begünstigt hat. Die Kinder (und die Eltern des Verstorbenen, falls keine Kinder da sind) sind aber pflichtteilgeschützt, so dass auch hier den Begünstigungsmöglichkeiten enge Grenzen gesetzt sind.
Eine sinnvolle Möglichkeit zur Begünstigung des überlebenden Partners bieten reine Risikoversicherungen. Dabei wird das Risiko Tod versichert. Das Kapital fällt dann nicht in die Erbmasse, sondern kommt direkt dem oder der Begünstigten zu.
Steuern
Doppelverdienende Ehepaare werden gemeinsam besteuert. Das heisst, ihre beiden Einkommen werden zusammengezählt. Anders im Konkubinat: hier wird jeder Partner getrennt als Alleinstehender besteuert. Da die Steuern bei höherem Einkommen höhere Tarife kennen - die sogenannte Steuerprogression - führt dies dazu, dass Verheiratete mehr Steuern bezahlen, als Konkubinatspaare mit gleich hohem Einkommen. Bei gut verdienenden Paaren kann das sehr viel ausmachen. Diese Ungleichbehandlung wird allerdings mit einem erhöhten Zweitverdiener- und Verheiratetenabzug gemildert. Trotzdem fahren hier die unverheirateten Paare für einmal etwas besser.
Umgekehrt sieht es beim Erben und bei Schenkungen aus: Während verheiratete Männer und Frauen Beträge, die sie von ihrem Ehepartner erben oder geschenkt kriegen, nicht versteuern müssen, fallen bei Konkubinatspartner im gleichen Fall teilweise massive Steuerabgaben an.
Trennung oder Scheidung
Entscheidet sich ein verheiratetes Paar getrennte Wege zu gehen und sich scheiden zu lassen kommt automatisch das Scheidungsrecht zum Zuge: Die wirtschaftlich schwächere Seite hat grundsätzlich Anspruch auf Alimente (Unterhaltsbeiträge), das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen wird halbiert und das in der AHV und Pensionskasse angesparte Guthaben wird hälftig aufgeteilt.
Bei Konkubinatspaaren sieht es anders aus. Die wirtschaftlich schwächere Seite kommt schlechter weg. Sie hat zwar seit Anfang 2017 Anspruch auf Betreuungsunterhalt, das heisst auf eine Entschädigung für entgangenes Einkommen während die Kinder betreut werden, aber nicht auf einen Anteil an dem während des Konkubinats erwirtschafteten Vermögen. Auch für die während der wilden Ehe allenfalls geleistete Arbeit im Haushalt und in der Kinderbetreuung wird sie nachträglich nicht entschädigt, es sei denn, es besteht ein Konkubinatsvertrag.
In einem Konkubinatsvertrag kann das Paar in guten Zeiten vereinbaren, wie es eine allfällige Trennung regeln würde, was grossen Streit verhindern kann. Gerade bei Paaren mit Kindern ist es sehr empfehlenswert einen detaillierten, schriftlichen Konkubinatsvertrag unter fachkundiger Beratung aufzustellen. Zumindest eine Unterhaltsregelung für die Kinder sollte sinnvollerweise bereits ab Geburt vorgenommen werden. Bis zum 1. Juli 2014 war dies für unverheiratete Eltern eine Verpflichtung, heute steht das den Eltern frei. Bei einer Trennung bringt eine Unterhaltsregelung aber grosse Vorteile: Der kinderbetreuende Elternteil hat dann ein Dokument in der Hand, um die vereinbarten Kinderalimente sofort einzutreiben oder von der Gemeinde bevorschussen zu lassen. Für die Gültigkeit eines solchen Unterhaltsvertrages ist es wichtig, dass er von der KESB genehmigt wird.
Aktualisiert im April 2017