Beruf und Bildung
Zeit für die insel

Plainpicture / Able images
Für eine Weile aussteigen aus dem Berufstrott – davon träumen auch Mütter und Väter. Doch eine Auszeit hat auch ihre Tücken.
Beruf und Bildung
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Alle fünf bis sieben Jahre sollten wir uns eine Auszeit vom Beruf gönnen. Das raten Arbeitspsychologen – und treffen damit den Nerv der Beschäftigten. Denn laut Umfragen träumen mehr als zwei Drittel aller Arbeitnehmenden davon, mal ein paar Monate lang nicht ins Büro oder in die Werkstatt zu müssen und nur das zu tun, wozu sie Lust verspüren: Daheim viel Zeit mit dem Baby verbringen, mit der ganzen Familie nach Australien reisen oder endlich einen Segelkurs machen. Soweit Theorie und Wünsche.
Und die Realität? «Timeouts haben sich in der Schweiz noch nicht wirklich eingebürgert», sagt Laufbahnberater Urs Kaufmann. Nur wenige Grossbetriebe und internationale Firmen bieten vertraglich geregelte, bezahlte Auszeiten an. Anderswo sind Beschäftigte auf den Goodwill ihres Arbeitgebers angewiesen. Möglich, dass dieser den Wunsch nach mehrmonatiger, unbezahlter Pause akzeptiert und es im Job und mit der Karriere nach der Rückkehr weitergeht wie zuvor. Möglich aber auch, dass das Vorhaben als exotisch eingestuft wird und Spekulationen nährt: Ist die Mitarbeiterin nicht mehr zufrieden bei uns? Hat sie ein Leistungstief? Oder steuert sie direkt ins Burnout?
«Ein Timeout kann keine Wunder vollbringen und löst wahrscheinlich auch keine beruflichen und privaten Sinnkrisen», sagt Urs Kaufmann. Und zuweilen ist die Rückkehr in den Berufsalltag ernüchternd. Man stellt fest: Es ist der alte Trott. Das kann den Wiedereinstieg schwierig machen und sogar den Wunsch aufkommen lassen, beruflich umzusatteln – die Auszeit wird zum Auslöser für eine neue Lebensphase.
Ob man die Pause auf eigene Faust unternimmt oder seinen Chef um Erlaubnis fragt: Wichtig ist in beiden Fällen, sich nicht blindlings ins Abenteuer zu stürzen. Wer eine mehrmonatige Auszeit einlegt, füllt sie in der Regel mit Inhalt und Programm. Und das sei auch gut so, sagt Laufbahnberaterin Claire Barmettler. «Erholung besteht nicht nur aus süssem Nichtstun, sondern auch aus neuen Erfahrungen. » Sich ganz in eine andere Beschäftigung zu vertiefen, schafft Distanz zum Alltag. Bloss sollte man dabei nicht jede freie Minute verplanen. Das wäre dann Stress mit anderen Mitteln.
Familienzeit, Sozialeinsatz oder Sprachkurs: Urs Kaufmann empfiehlt, sich dem zu widmen, was den Wunsch nach einer Auszeit ausgelöst hat. Und sich davon auch nicht abbringen zu lassen, wenn man von anderen beeinflusst wird oder einen das schlechte Gewissen plagt. Und was passiert, wenn der normalerweise viel beschäftigte Papa plötzlich den ganzen Tag daheim ist, und das mehrere Monate lang? Wenn der Partner das «Hoheitsgebiet» des anderen in Anspruch nimmt, müsse das Territorium neu abgesteckt werden – wie bei einer Pensionierung, sagt Urs Kaufmann. Dazu gehört, die Aufgaben neu zu verteilen. Und es brauche Regeln und Abmachungen, betont Claire Barmettler. Ideal ist ein Mix: Von dann bis dann habe ich Zeit für mich selbst. Dann und dann kümmere ich mich um Kinder und Haushalt. Das sei nur fair, denn für die Partnerin gehe der Alltag ja schliesslich weiter.
Weitere Informationen: www.berufsberatung.ch > Tipps für die Laufbahnplanung > Time-out