Gesellschaft / Väter
Volle Kraft voraus
«Bin ich ein guter Vater?» Diese Frage stellten sich Väter bis in die 70er-Jahre nicht. Mussten sie nicht. Denn die Geschlechterrollen waren haarscharf getrennt: Mama schmiss Kinder, Küche, Kaffeepausen, Papa füllte den Kassenschrank. Heute aber steht «Vater» für mehr als nur Versorger und Beschützer. Väter wickeln, wiegen, kochen. Sie besuchen Geburtsvorbereitungskurse, lassen das Kind «Bäuerchen machen», spüren wie Trüffelschweine die beste Krippe für ihr Kleines auf, bringen ihre Lieblinge in den Kindergarten und spulen die Namen der Schulfreunde vor- und rückwärts runter. Je länger, desto inniger durchdringt nicht nur weibliche, sondern auch maskuline Fürsorge die Kinderwelt.
Mit der Selbstverständlichkeit und dem Stolz des modernen Vaters aber wuchsen auch seine Zweifel. Weil Vorbilder fehlen und sich das Neuland manchmal wie Glatteis anfühlt, fragt sich manch ein Vater im persönlichen Umfeld oder im Netz: «Bin ich ein schlechter Papa, weil ich nachts nicht aufwache, wenn das Baby weint?» «Bin ich als Vater gescheitert, weil mir einmal die Hand ausrutschte?» Oder: «Kommen meine Kinder zu kurz, weil ich Vollzeit arbeite?» Die Schuldgefühle und Versagensängste nagen. So sehr, dass Männer zunehmend gar nicht mehr Vater werden wollen. Das zumindest behauptet der Soziologe und Männerforscher Walter Hollstein. Da die Bedeutung des Vaters über Jahrzehnte abgewertet worden sei, würden junge Männer nicht mehr einsehen,__ weshalb sie eine Familie gründen__ sollten. Tatsächlich kursierte in den 80er-Jahren unter Feministinnen das böse Sprichwort «Nur ein toter Vater ist ein guter Vater». Die «vaterlose Familie» wurde als vermeintlicher Hort ohne Gewalt, Tyrannei, Missbrauch gefeiert. Kein Wunder fühlt sich eine halbe Generation junger Männer eingeschüchtert.
Folgerichtig fordert Walter Hollstein denn auch eine «Renaissance des Vaters». Familien- und Sozialisationstheorien sollen sich wieder zur Bedeutung des Vaters für eine gesunde Entwicklung der Kinder, laut Hollstein vor allem der Söhne, bekennen. Nachdem sich die Wissenschaft jahrelang auf die Mütter stürzte und darüber diskutierte, was eine__ «gute Mutter»__ sei, wird das familiäre Geschlechterfeld nun von der anderen Seite her aufgerollt. Der weisse Fleck auf der Familienlandkarte soll durch die Väterforschung Kontur erhalten. Dafür untersucht Ulrike Ehlert an der Universität Zürich zurzeit das ganze Spektrum an väterlicher Fürsorge. Die Professorin für Psychologie will zusammen mit ihrem Team herausfinden, was für eine gelungene Vaterschaft notwendig ist. Denn inzwischen zeigen Studien, dass auch die Bindung zwischen Vater und Kind entscheidend für die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung ist.
Präsenz ist wichtig
Ein toller Vater muss nicht zwingend der biologische Vater sein, die Vaterrolle kann auch ein Stiefvater, Adoptivvater, Pflegevater oder Lebenspartner einer Frau mit Kindern übernehmen. Wichtig ist seine Präsenz. Und hier täuscht das Bild auf den urbanen Spielplätzen mit den Hipster-Papas mit aufgeschnallten Babys, denn statistisch verbringen Väter in der Schweiz wöchentlich nur rund 13 Stunden mit ihren Kindern. Allerdings stolpert ein Mann oft schon zu Beginn seiner Vaterschaft: Denn will er sich hierzulande gleich nach der Geburt intensiv mit seinem Kleinen beschäftigen, erhält er je nach Arbeitgeber einen Tag bis zwei Wochen Vaterschaftsurlaub zugesprochen. Im Vergleich zum Ausland knauserig wenig. Und kaum ausreichend, um sich als Familie neu zu organisieren. So bleiben frischgebackene Väter oft bereits in den Startblöcken hängen. Auch mit der Teilzeitarbeit haperts. Laut Bundesamt für Statistik sind rund 90 Prozent aller Väter vollzeit erwerbstätig – obwohl sich 90 Prozent wünschen, die Arbeitszeit zugunsten der Familie zu reduzieren. Zum einen können oder wollen aber viele Familien nicht auf das Einkommen verzichten. Zum anderen könnte der Wunsch nach Arbeitszeitreduktion auch blosses Lippenbekenntnis sein. Die Väterforscherin Ulrike Ehlert jedenfalls beobachtet, dass bei Teilzeitlern oft das Selbstwertgefühl leidet. Noch mehr sinke der Selbstwert bei Männern, die zu sehr in die Väterrolle gezwungen würden. Solange ein Mann das Gefühl hat, die Paparolle selbstbestimmt wählen und ausfüllen zu dürfen, kann er sich damit identifizieren. Aufgedrängtes aber entwürdigt.
Gleichwohl sind Papas von heute intrinsisch motiviert und «sie wollen meist auch innerhalb der Familie eine Rolle spielen», sagt Ulrike Ehlert. Das erzeugt ungeheuren Druck. Die Psychologin sieht da gar das Hauptproblem im heutigen Vatersein: «Von Männern wird heutzutage sehr viel verlangt – und sie verlangen viel von sich selber». Da die meisten Väter überall alles gut machen möchten, plagt sie – wie es erwerbstätige Mütter schon lange kennen – das chronisch schlechte Gewissen: Unerledigte Arbeiten und unbeantwortete Mails im Job, anspruchsvolle Kinder und sich stapelnde Kehrichtsäcke zu Hause. Damit aus lauter Perfektionismus die Lebensfreude nicht verloren geht, empfiehlt Ulrike Ehlert das Modell der «temporären Vernachlässigung»: Väter sollen Unvollkommenheit akzeptieren und bei der Arbeit oder daheim auch mal fünf gerade sein lassen.
Empathische Papas
Klar ist: Kinder brauchen ihre Väter. Denn Väter, die sich aktiv am Familienleben beteiligen, sind genauso Vorbilder wie Mütter. Kinder lernen typisch weibliche und typisch männliche Herangehensweisen. Kinder brauchen letztlich keine perfekten, aber präsente und empathische Papas. Solche, die zuhören. Solche, die nachfragen, wenn ihr Kind traurig ist, und es in die Arme nehmen. Solche, die mit ihm lachen, wenn es die ersten unbeholfenen Witze erzählt. Väter, die emotional beschützen und versorgen. Solche, die sich trotz Zeitknappheit Zeit nehmen für ihre Kinder.
Nachstehend erklären Fachleute aus unterschiedlichsten Gebieten, wie ein Vater für seine Kinder da sein kann.
Einfühlsam sein
Filip Pavlinec, Paar- und Familientherapeut: Ein guter Vater ist feinfühlig und lässt das Kind den Verlauf eines Spiels selber bestimmen. Er nimmt nur den Impuls auf. Ein 2-Jähriger bleibt beim Spazieren womöglich alle paar Meter stehen, bückt sich nach einer Schnecke, einem Käfer. Ein guter Vater guckt sich die entdeckten Dinge an und staunt im besten Fall selber darüber. Die beiden kommen so vielleicht nur 50 oder 100 Meter weit – egal, der Weg ist das Ziel. Empathie ist wichtig. Etwa das Verständnis dafür, dass ein Kleinkind mit den Klötzchen statt einem Turm eine Schlange bauen will, oder ein gebrauchtes Nastuch interessanter findet als das Familienalbum mit Fotos der Grosseltern. Mangelt es an Zuwendung, erfährt das Kind eine unsichere Bindung – was sich später negativ auf seine Selbstsicherheit auswirkt. Ein Mann sollte zudem als Vater auch ein guter Partner bleiben. Genauso wie eine Frau den Partner nach der Geburt eines Kindes nicht ausblenden sollte. Das bedeutet, dass man sich Zeit füreinander nimmt. Wenigstens 15 Minuten pro Tag. Einander zuhören und Verständnis zeigen, schützt davor, sich fremd zu werden. Leichter gesagt als getan? Mit einfachen Fragen kann man viel erreichen: «Was hat dich heute am meisten gefreut? Welches sind deine grössten Sehnsüchte? Dein grösster Frust?» Damit erstellt man so etwas wie eine Gefühlslandkarte des Partners.
Haare waschen und kämmen
Samuele Di Giorgio, Kinder-Coiffeur: Kindern die Haare zu waschen, ist eine Herausforderung. Die einen fürchten das Wasser, die anderen machten schon unliebsame Erfahrungen mit Shampoo in den Augen. Ein trockener Waschlappen oder eine Schwimmbrille können verhindern, dass es in den Augen brennt. Grundsätzlich: Die Haare nicht zu oft waschen – einmal pro Woche genügt. Ein mildes Shampoo verwenden. Helfen Sie dem Kind, den Kopf nach hinten zu kippen. Mit der freien Hand «streifen» Sie das Wasser vom Haaransatz nach hinten. Die Wassertemperatur sollte lauwarm sein – auf keinen Fall zu heiss. Bei Mädchen mit langen Haaren ist es wichtig, nach dem Shampoo einen Pflegebalsam zu verwenden, das macht die Haare weich und man bekommt damit die Knoten raus, ohne zu «rupfen». Beim Kämmen von den Spitzen her beginnen und sich Stück um Stück nach oben arbeiten. Bei trockenen Haaren hilft ein Entwirr-Spray.
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Grenzen setzen
Rainer Kreuzheck, Familientherapeut Elternnotruf: Um wirksam zu erziehen, braucht schon ein kleines Kind verbindliche Abläufe, Regeln, Grenzen und voraussagbare Reaktionen eines Vaters. Diese Strukturen geben Kindern und Erwachsenen Orientierung. Klare Leitlinien allein reichen aber nicht aus. Denn der Ton macht die Musik. Drohen, Anbrüllen oder körperliche Gewalt bei Grenzüberschreitungen sind zwar klar, gleichzeitig aber Gift für die Beziehung. Eine Vater-Kind-Beziehung mit guter emotionaler Qualität ist gleichsam wichtig und eine notwendige Voraussetzung, damit das Kind die Grenzen des Vaters annehmen kann. Zudem ist Respekt nötig, für die kindlichen und die eigenen Bedürfnisse. Ein Beispiel verdeutlicht das Zusammenspiel der drei Elemente: Der 2-jährige Sohn trotzt und tobt, weil er keinen Schoggiriegel vor dem Mittagessen bekommt. Ein guter Vater anerkennt zunächst in altersangepasster Sprache die kindlichen Bedürfnisse und bleibt gleichzeitig klar beim Nein. «Du willst Schoggi, Schoggi, feine Schoggi, jetzt, sofort!!! Gell? (Pause ...) Und jetzt gibt es Mittagessen und zum Zvieri Schoggi». So gut er kann, bleibt der Vater ruhig, gelassen und ohne viele Worte geduldig präsent in der Nähe.
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Kleinen Zmittag kochen
Ivo Adam, Fernsehkoch: Ernährungsexperten sind sich einig: Wir sollten nicht zu viel Fleisch essen. Wenn doch, dann eher weisses oder mageres. Das Dumme ist nur: Kinder mögen lieber fettiges Fleisch, zum Beispiel Würstli und Co. Aber es gibt auch vegetarische Geschmacksbomben oder cremig-gesüsste Mahlzeiten – das kommt sehr gut an, auch ohne Fleisch! Dazu gehört zum Beispiel Birchermüesli oder Pasta mit Tomatensauce und untergejubeltem Gemüse. Hier meine Lieblingsrezepte für die «schnelle Küche», ideal für einen Papa-Zmittag, wenn die Kinder hungrig von der Schule kommen.
Birchermüesli (für 1 Person)
1 EL Haferflocken;
ca. 3 EL Milch;
Saft einer Zitrone;
3 EL Joghurt;
wenig Sirup;
1 Apfel oder Frucht nach Wunsch;
Honig (flüssig);
ein paar Nüsse.
Haferflocken in Tasse geben und mit Milch übergiessen. Zitronesaft beigeben und mit wenig Sirup süssen. Joghurt beigeben. Apfel oder andere Frucht nach Wunsch in kleine Stücke schneiden. Wenig Honig und zerkleinerte Nüsse beigeben. Tipp: Haferflocken durch anderes Getreide ersetzen. Apfel raffeln statt in Stücke zu schneiden.
Pasta all'Ivo (für 2 Personen)
250 g Teigwaren;
4 EL Olivenöl;
6 Champignons;
2 Knoblauchzehen;
1 Zwiebel;
ó frische Peperoncini;
1 Zucchetti;
2 Fleischtomaten;
Schnittlauch;
Basilikum;
150 g Feta.
Teigwaren kochen, abtropfen und warmhalten. Champignons in Schnitze schneiden. Knoblauch, Zwiebel und Peperoncini hacken. Zucchetti und Fleischtomaten durch Röstiraffel reiben (Tomaten abtropfen lassen). Schnittlauch und Basilikum hacken und unter Tomaten geben. Feta in Würfel schneiden. Champignons, Zwiebeln, Knoblauch und Peperoncini mit Olivenöl sehr heiss andünsten, Zucchetti beigeben und mitdünsten. Tomaten und Kräuter beigeben. Aufkochen lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Feta unter die warmen Teigwaren mischen. Auch als Räpzept (Rezept-Rap zum Nachkochen) erhältlich auf [shop.guzo.ch] (http://shop.guzo.ch/"shop.guzo.ch")
Tipps für die Geburt
Kacper Hartwich, männliche Hebamme, fmi Spital Interlaken: Die Geburt gemeinsam zu erleben ,muss in erster Linie eine gut überlegte Entscheidung sein. In einem offenen Gespräch können Sie und Ihre Partnerin Wünsche und Ängste besprechen. Beide sollten sich frei entscheiden können.
- Eine gute Massagetechnik hilft während der Geburt, deswegen während der Schwangerschaft fleissig üben!
- Eine Geburt kann mehrere Stunden dauern. Ein Sandwich oder Schokolade spenden Energie, um der Mutter aktiv beizustehen.
- Bequeme Kleidung anziehen! So können Sie leichter bei verschiedenen Positionen mithelfen.
- Überraschen Sie Ihre Partnerin mit Ihrer Lieblingsmusik. Stellen Sie eine CD- oder Playliste zusammen, die später beim Entspannen hilft.
Teilzeit arbeiten
Jürg Wiler, «Der Teilzeitmann» Schweiz: Arbeitet ein Vater Teilzeit, profitieren alle: der Vater, weil sein Leben runder, ganzheitlicher, selbstbestimmter wird, das Unternehmen, weil Mitarbeitende, die Teilzeit arbeiten können, Wertschätzung erfahren und dadurch motivierter, effizienter und loyaler sind. Teilzeitmitarbeiter fehlen um 16 Prozent weniger wegen Krankheit oder Unfall am Arbeitsplatz. Teilzeitler können besser um- und abschalten und bleiben damit länger leistungsfähig. Grundsätzlich gilt: Dein Chef ist dein Partner, wenn du ihn überzeugen, und dein Arbeitspensum reduzieren willst. Gehe schrittweise vor:
- Vernetze dich mit Vätern, die bereits Teilzeit arbeiten.
- Plane dein Anliegen und bereite dich sehr gut vor.
- Trete selbstbewusst auf. Du stellst keine Bitte, du machst ein Angebot.
- Das Angebot ist nicht nur gut für dich, sondern auch für deinen Chef und das Unternehmen.
- Dir ist deine Familie wichtig. Und du kannst dich nur genügend um sie kümmern, wenn du Teilzeit arbeiten kannst.
- Sage, was du brauchst! Bringe konkrete Vorschläge!
- Zeige Verständnis, wenn dein Chef Bedenken hat.
- Helfe, Lösungen zu finden – wie wärs mit einer sechsmonatigen Versuchsphase?
- Bleibe beharrlich. Versuch es noch einmal.
- Unter www.teilzeitmann.ch findest du über 10 000 Teilzeitjobs.
Vaterschaftsurlaub, bitte!
Ivo Knill, ehemaliger Chefredaktor Männerzeitung: Ein Vaterschaftsurlaub ermöglicht es, von der ersten Sekunde nach der Geburt an, Kontakt mit dem Kind aufzunehmen. Der Vater hatte das Kind ja nicht in seinem Bauch. Umso wichtiger ist es, dass er es in der ersten Zeit immer wieder in seine Arme nehmen, und damit in sein Herz schliessen kann. Damit in der Schweiz endlich ein adäquater Vaterschaftsurlaub eingeführt wird, lancierten wir zusammen mit [männer.ch] (http://www.maenner.ch/"männer.ch") die Idee des «Sparen 3e». Dadurch sollte es möglich werden, einen Vaterschaftsurlaub nach der Geburt auf drei Monate zu verlängern oder im ersten Jahr Teilzeit zu arbeiten. Minimum sind zwei Wochen Vaterschaftsurlaub nach der Geburt. Dazu läuft derzeit die Volksinitiative «Vaterschaftsurlaub jetzt», die 20 Tage bezahlten Vaterschaftsurlaub verlangt, flexibel und tageweise innert einem Jahr nach der Geburt beziehbar. Es geht darum, dass sich beide Eltern um das Kind kümmern und den Grundstein für ihr Familienglück legen können.
[www.maennerzeitung.ch] (http://www.maennerzeitung.ch/"www.maennerzeitung.ch")
Cyberrisiken
Laurent Sédano, Pro Juventute: Über Sexualität zu reden, ist für Eltern mit den neuen Medien nicht einfacher geworden. Natürlich haben Schüler auch früher Sexheftchen herumgezeigt auf dem Pausenplatz. Mit dem Internet hat das Thema aber eine ganz andere Dimension erhalten. Schwierig wird es, wenn es den Kindern und Jugendlichen an Aufklärung fehlt. Sexualaufklärung muss heute auch den Cyberspace mit einschliessen. Nur etwa ein Drittel der Kinder, die sich im Internet von sexuellen Darstellungen gestört fühlen, sprechen mit jemandem darüber. Die Hälfte der Eltern weiss nicht, dass ihre Kinder sexuelle Darstellungen im Netz gesehen haben. Eltern trauen sich oft nicht zu, über Fragen, welche die Onlinewelt betreffen, Auskunft zu geben, weil sie das Gefühl haben, ihre Kinder seien sowieso besser informiert. Das stimmt nur oberflächlich. Jugendliche sind flink in der Nutzung der Funktionen, die sie toll finden. Eltern sind dafür vor- und umsichtiger im Umgang mit den neuen Medien. Sie können besser einschätzen, ob Informationsquellen glaubwürdig sind, wie man schockierende Inhalte vermeidet oder mit diesen umgehen kann.
Begriffe, die Eltern kennen sollten: Bei Grooming stellen Erwachsene im Internet gezielt Kontakte zu Minderjährigen her, um bei Gelegenheit on- oder offline eine sexuelle Beziehung anzubahnen. Sextortion bedeutet, jemanden mit intimen Bild- oder Filmaufnahmen zu erpressen. Sexting ist die Bezeichnung für das Versenden von intimen Bildern mittels Handy oder Internet.
www.projuventute.ch/aufklaerung
Tschüss, mein Kind!
Bänz Friedli, Hausmann und Autor: Wer weiss schon, ob er ein guter Vater ist? Es hat es einem ja niemand beigebracht. Wir erziehen unsere Kinder nach bestem Wissen und Gewissen, will heissen: nach schlechtestem Wissen und mit miesem Gewissen. Halt irgendwie hoffend, es möge gut herauskommen. Mich dünkt, es sei gestern gewesen, dass ich unsere Tochter zum ersten Mal gebadet habe. Sie war erst wenige Minuten auf der Welt. In meinem Portemonnaie steckt ein Zettelchen, zerknittert, mit dem ersten Frühenglisch der damals Fünfjährigen: «Ai laf ju Vati!» Und schon ist sie weit weg im Austauschjahr in den USA, und ich beginne anderen Vätern den Satz zu sagen, der mich stets so nervte: «Geniess es! Es geht so schnell vorbei!» Wie ich mich nun löse? In Heiterkeit und im Wissen, jede gemeinsame Sekunde genossen zu haben, jeden Ausflug ins 300 Meter entfernte Lädeli, der Stunden dauerte, weil das Kind jeden Stein am Wegrand umdrehte. Die guten Erinnerungen behält man, die schlechten hat man jeweils schon vergessen, wenn man den schlafenden Kindern spätabends über den Kopf streicht und nicht mehr weiss, weshalb man sich am Nachmittag mit ihnen gezankt hat. Die Loslösung hat längst begonnen. Genau genommen, begann sie am allerersten Tag. Kinder gehen ihren Weg, und der Refrain des Liedes, das ich damals nicht ausstehen konnte, leuchtet mir nun ein: «If you love somebody set them free.» Ich hatte mich gefürchtet davor, doch jetzt geht es ganz von alleine. Wen man so bedingungslos, so unglaublich fest gern hat, den lässt man ziehen. Mit der Zuversicht, dass der geliebte Mensch wiederkommt. Natürlich hoffe ich leise, dass wir uns nahe bleiben, dass meine Tochter mich auch in zehn, zwanzig Jahren noch mit zum Snowboarden nimmt. Und sei es nur, damit ich meine Enkel im Kinderwagen um den Laaxersee stosse, derweil sie boarden geht. Vor ihrer Abreise nach Amerika war ich oft traurig. Aber am Tag des Abflugs hab ich mich nur noch gefreut. Gefreut für diese mutige junge Frau, die irgendwo im Herzen, in meinem und vielleicht auch in ihrem, noch immer unser kleines Bebeli ist. Und bleiben wird.
www.baenzfriedli.ch