Gesundheit
Schützt oder schadet Fluorid?
Von Andreas Grote
Fluorid ist in fast allen Kinderzahnpasten enthalten. Ob das nötig ist und wie man richtig dosiert, haben wir eine Zahnmedizinerin gefragt.
Zähneputzen ist wichtig, egal wie sehr sich der Nachwuchs dagegen sträubt. Soweit ist man sich unter Eltern einig. Doch geht es um den Fluoridgehalt in der Zahpasta – jenem Stoff, welcher den Zahnschmelz besonders hart macht, gehen die Meinungen auseinander. Schlagzeilen wie «Fluorid macht dumm», «Fluorid ist giftig» machen immer mal wieder die Runde. Sollten wir also besser auf Fluoridzahnpasta verzichten? Und ist sie für Kinder sogar schädlich? Keinesfalls, sagt Cornelia Filippi, Prophylaxeleiterin am Basler Unispital für Kinderund Jugendzahnmedizin. Ohne Fluorid würde es um die Zahngesundheit der Schweizerinnen und Schweizer schlecht stehen, ist die Zahnexpertin überzeugt. Säurehaltige Getränke wie Cola oder Fruchtsäfte greifen den Zahnschmelz an. Fluoride hemmen diesen schädlichen Vorgang und helfen beim Reparieren der geschädigten Zahnstruktur, indem sie sich dort einlagern und den Schutz wiederherstellen.
Auch laut Cochrane, einem unabhängigen internationalen Forschungsnetzwerk, liefern Studien recht eindeutige Belege dafür, dass fluoridhaltige Zahnpasten tatsächlich helfen, Karies vorzubeugen. Kinder im Alter von 5 bis 16 Jahren, die eine fluoridierte Zahnpasta verwendeten, zeigten demnach nach drei Jahren rund ein Viertel weniger kariöse Zähne als Kinder, die eine fluoridfreie Zahnpasta verwendeten.
Fluorid kann ungesund sein – wenn man eine ganze Zahnpastatube verschluckt
Fakt ist jedoch, dass Fluorid generell eine giftige Substanz ist. Doch wie bei den meisten Stoffen gilt auch hier: Es kommt auf die Dosis an. Erst wer auf einen Schlag mehr als fünf Milligramm Fluorid pro Kilogramm Körpergewicht aufnimmt, kann sich vergiften. Die Symptome: Übelkeit und Bauchschmerzen. «Auch wenn kleine Kinder beim Putzen viel von der Zahnpasta runterschlucken, so ist das bei dieser Fluoridmenge kein Problem», sagt Cornelia Filippi. Auch Cochrane fand bei den Studien zu fluoridhaltiger Zahnpasta keine schädliche Wirkung bei korrekter Dosierung. Für eine gefährliche Vergiftung müsse das Kind schon eine ganze Tube Erwachsenen-Zahnpasta verschlucken.
Wer sich normal die Zähne putzt, braucht sich davor jedoch nicht zu fürchten. Studien, die nachgewiesen haben, dass Fluorid schädliche Auswirkungen haben kann, gingen von sehr grossen Mengen Fluorid, etwa durch Trinkwasserverschmutzungen, wie sie in Mexiko anzutreffen sind, aus. Bis zum zweiten Lebensjahr empfiehlt die IUSP, einmal täglich die Zähne mit einer erbsengrossen Menge Zahnpasta mit 500 ppm Fluorid zu putzen. Die enthaltene Menge steht auf der Verpackung. Von 2 bis 6 Jahren sollten Kinder zweimal täglich mit einer Zahnpasta mit 500ppm Fluorid putzen. Bei Kindern, bei denen der Zahnarzt eine beginnende Karies festgestellt hat, kann der Fluoridgehalt der Zahncreme auch ab zwei Jahren schon 1000 ppm betragen. Dadurch können die Läsionen in einem sehr frühen Stadium der Kariesentstehung wieder rückgängig gemacht werden.
«Nach dem 6. Geburtstag gilt als wirksame und unbedenkliche Menge, die Zähne mindestens zweimal täglich mit einer erbsengrossen Menge Zahnpasta mit 1450 ppm Fluorid zu putzen», erklärt Cornelia Filippi. Kindern ab 6 Jahren, die schon einmal eine Karies hatten oder bei denen eine Karies gerade beginnt, wird der Zahnarzt zusätzlich zur normalen Zahnpasta einmal die Woche auch ein fluoridhaltiges Gel empfehlen. «Das im Gegensatz zur Zahnpasta konzentrierte Fluoridgel verbessert die Oberflächenqualität des Zahnschmelzes und dadurch auch die Widerstandsfähigkeit gegen Karies», sagt Filippi. Es wird nach dem Zähneputzen eingebürstet und wirkt dort quasi wie ein Fluorid-Depot. Die Verwendung von Gel sollte in Absprache mit einer zahnärztlichen Fachperson erfolgen.
Weisse Flecken auf den Zähnen sind Zeichen einer Überdosierung
Mehr hilft übrigens nicht mehr. Eltern sollten ihrem Nachwuchs die empfohlene «erbsengrosse» Menge Zahnpasta nicht unbeobachtet grosszügig auftragen lassen. Auch braucht es keine zusätzlichen Ergänzungsmittel wie Fluoridtabletten, wenn fluoridhaltige Zahnpasta verwendet wird. «Über die Jahre hinweg kann zu viel Fluorid zu weisslichen Flecken auf den Zähnen führen, einer Zahnfluorose», sagt Filippi. Dies ist zwar gesundheitlich unbedenklich, aber auch nicht mehr zu entfernen.
Fluorid ist aber kein Allheilmittel, um Zähne zu schützen. Ebenso wichtig ist es, richtig zu putzen. Ist der erste Milchzahn durchgebrochen, sollten Eltern sofort mit der regelmässigen Reinigung der Zähne beginnen, damit Kinder hier Routine entwickeln. Ob manuell oder elektrisch, spielt keine Rolle.