Verletzende Sprache
Politisch korrekt: Wie sagt man es richtig?
Die Diskussion um politisch korrekte Sprache verunsichert oder nervt? Tja, Pech gehabt. Eltern müssen ihren Kindern nun mal das Sprechen beibringen. Wörter-Suche inklusive.
Weil die Gesellschaft und mit ihr die Sprache im ständigen Wandel ist, wird es immer wieder auch Begriffe geben, bei denen wir unsicher sind, ob es in Ordnung ist, sie noch zu brauchen – Stichwort Mohrenkopf-Debatte. Weil die Wörter, die wir benutzen, und das Leben, das wir führen, untrennbar verkettet sind, ist es wichtig, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Am besten im Dialog mit Betroffenen. Genau dies hat Autorin Caren Battaglia in diesem Beitrag getan und notiert, welche Äusserungen diese verletzend finden, warum und wie man es besser ausdrücken könnte. Lesen Sie hier:
1. Das sagt man nicht - Kindern das Sprechen beibringen
2. Haltung kann nicht schaden
3. Nicht alles ist verhandelbar
4. Betroffene über No-Gos – und bessere Alternativen
«Also, äh, irgendwie, Dings…» Das ist der eine Satz (im weitesten Sinne). Der andere: «Das wird man doch wohl noch sagen dürfen, schliesslich haben wir das schon immer gesagt.» Zwei Sätze. Blöd sind beide.
Und doch zeigt die Tatsache, dass sie so oder ähnlich erstaunlich oft zu hören sind, wie wir sprachlich derzeit herumschlingern. Verzagte Ängstlichkeit, jemanden zu verletzen auf der einen Seite, gegen starrsinnigen Trotz auf der anderen Seite. Gebückte Haltung hier, Breitbeinigkeit dort. Dazwischen Schweigen. Kein Gutes.
Nun mag es durchaus sein, dass einem die Diskussion um politisch korrekte Sprache schon derart aus dem Hals hängt, dass man Gefahr läuft, draufzutreten: Das Moralisieren, samt selbstgerechter Überzeugung, zu den «Guten» zu gehören, nervt; der tumbe Abblock-Reflex von Veränderung nervt genauso; und ganz besonders nervt Uninformiertheit gepaart mit Meinungsstärke. Ausserdem hat nicht jeder Lust, im diskursiven Strudel um den leidigen Mohrenkopf, Genderstern oder «Cancel culture» mit herumzupaddeln.
Das Dumme daran: Es muss sein. Kneifen gilt nicht. Zumindest nicht für Eltern. Denn Mütter und Väter bringen ihren Kindern nun mal das Sprechen bei. Sie sind es, die das Kind am häufigsten hört. Sie sind es, die das erste Wort feiern und ein gequältes Gesicht ziehen bei «Kackapupsgesicht und «Obereierloch». Sie unterhalten sich beim Nachtessen, lachen über Witze (oder auch nicht), erklären unbekannte Wörter und erklären auch, weshalb es okay ist, wenn die Tante «Na, du kleiner Räuber» sagt, die Antwort «Na, du alte Sau», aber weniger. Im Jobbeschrieb von Eltern ist «richtiger Umgang mit Sprache» eingewebt. Ranziges «Das sagt man nicht» inklusive. Pech gehabt.
Durch das Dickicht aus «Ey, voll behindert», «People of Color», «Schlitzli», «Schnäbi», «Fotze», «Jugo» und «Pippi, die Südsee-Prinzessin» müssen sie sich wohl hindurchhacken. Eine eigene Haltung zu haben, kann dabei nicht schaden. Kinderlose können sich vielleicht auf ein schwammiges «Es kommt doch immer darauf an, WIE man etwas sagt» zurückziehen, auf Verstummen oder Hüsteln. Mütter und Väter können das nicht. Denn eben, der gute alte Paul Watzlawick sei hier einmal mehr zitiert: «Man kann nicht nicht kommunizieren.»
Elterliches Schweigen ist für Kinder beredt. Senkt der Vater die Stimme, wenn er davon erzählt, dass der Nachbar «also äh – räuspern – jetzt eine Nachbar-in ist», sagt die Mutter zur Tochter, sie möge sich doch bitte auch gründlich «da unten» waschen – dann macht das etwas mit Kindern. Sie hören, was mitschwingt, der Subtext wirkt. Weil Kinder nicht blöd sind. Deshalb verstehen sie, dass die Leistungsgruppen in der Schule «Schmetterlinge», «Puppen» und «Raupen» übersetzt und in Wahrheit bedeuten «Schlaue», «Mittlere», «Doofe».
Es ist nicht so einfach, es richtig zu machen. Auch die Bezeichnung «Raupe» wird verletzen. Aber gibt es ein Menschenrecht auf nicht verletzt werden? Lässt sich Schlagfertigkeit trainieren in einer wattierten Welt?
Wie sieht es aus mit Witzen? Dürfen die auch schlecht sein? Böse? Schwarz (und darf man schwarzer Humor sagen)? Ab wann wird guter Wille puritanisch? Ab wann dogmatisch? Und wann ist das Herbeireden vermeintlicher Sprechverbote nichts anderes als störrischer Lernunwille? Ja, der vielleicht in Wirklichkeit sogar nur getarnter Unwille einer bestimmten Gruppe gegenüber ist?
Tja, man kommt als Eltern einfach nicht drumherum, sich ein paar Gedanken über die Dreifaltigkeit von Sprechen, Denken und Handeln zu machen. Eine gute Basis zur Orientierung ist vielleicht der Satz der Journalistin und Autorin Margarete Stokowski: «Man kann über alles reden, aber nicht alles ist verhandelbar.»
Und besonders gut ist es: einfach offen zu fragen. Die Menschen nämlich, bei denen die meisten sprachlichen Verrenkungen gemacht werden. Unsicherheiten zugeben und zuhören, was das Gegenüber zu sagen und zu erklären hat. Das bringts.
Wir haben das getan, und verschiedene Gruppen gebeten, aufzulisten, welche Wörter No-Gos sind, welche besser wären und vor allem warum. Muss man jeder Argumentation folgen? Nö. Diskutieren, notfalls streiten ist auch okay. Nur nicht miteinander zu sprechen, das ist wirklich eine schlechte Option. Das versteht jedes Kind.
Bei manchen Gruppen wird sprachlich besonders oft herumgeeiert. Hier ihre No-Gos – und bessere Alternativen.
Olivia Frei (41), Co-Geschäftsführerin der Frauenzentrale Zürich
Schnäggli, Schlitzli, Mumu Nein. Warum diese Verniedlichungen? Besser klar, sachlich, deutlich: Vulva.
Vagina Die Bezeichnung wird oft fälschlich für die Vulva benutzt. Die Vagina aber gehört zu den inneren Geschlechtsorganen einer Frau. Erstaunlich, wie tief der Informationsstand bei den meisten ist.
Hysterisch(e) (Ziege) Hysterisch zu sein, wird nur Frauen und Mädchen zuge schrieben, um deren Emotionen als nicht ernst zu nehmend abzuwerten. Frauen und Mädchen sind wütend, nervös, zornig… wie Männer und Buben auch.
Fräulein Inzwischen fast ausgestorben, existiert nur noch in alten Büchern. Die Bezeichnung macht Frauen klein und unterstreicht, dass erst die verheiratete Frau eine «richtige» Frau ist. Taucht «Fräulein» in irgendeinem Kontext auf, wäre das eine prima Gelegenheit, mit den Kindern zu überlegen, weshalb es wohl kein Herrlein gibt und kein Mann als Männlein angesprochen wird.
Emanze Abwertend für eine Feministin. Das Wort «Emanze» soll die Assoziation einer hässlichen, aggressiven Frau heraufbeschwören, die keinen Mann abgekriegt hat. Die Formulierungen «Emanzipierte Person» und «Feministin» (oder Feminist) sind vollkommen okay.
Diva Bezeichnung für ein kompliziertes Mädchen oder eine komplizierte Frau. Wieso wird die weibliche Form sogar auch für schwierige Männer benutzt?
«Susi» gleichbedeutend mit «Mimi». Das zu jemandem zu sagen, ist nicht besonders nett, aber auch nicht furchtbar schlimm. Sexistisch ist «Susi» jedenfalls nicht, schliesslich gibt es auch den «Olli» oder den «Voll-Horst».
«Du Fotze» Aggressive Beschimpfung. Wieso ist eine (grobe) Bezeichnung für das weibliche Genital zur Beleidigung geeignet und wird der weibliche Körper damit abgewertet?
Jonathan Kreutner (42), Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund
Wir Juden sind so unterschiedlich, wie alle anderen Gruppierungen auch unterschiedlich sind. Und jede Gruppe, oft auch jeder Einzelne, hat eigene Empfindlichkeiten. Trotzdem gibt es ein paar No-Gos.
Alle Witze über den Holocaust, über Auschwitz, über Hitler… Nein. Nichts daran ist lustig. Egal, wer zuhört. Ich denke, das lässt sich Kindern mithilfe eines kleinen Exkurses in die Geschichte sehr leicht erklären, weshalb einem bei solchen Scherzen das Lachen im Halse stecken bleibt.
Heil Hitler Wird besonders von pubertierenden Buben gern als Provokation genutzt. Passiert das in der Schule, sollten Lehrpersonen das zum Anlass nehmen, ein ernstes Gespräch zu suchen. Auch mit der ganzen Klasse. Denn wenn nicht nur der Lehrer oder die Lehrerin solche Äusserungen ganz entschieden zurückweist, sondern die Klasse, ist viel gewonnen. Provokation? Völlig okay. Diese? Nein.
«Ihr Juden seid immer auf Geld und Macht aus» Das ist ein Klischee. Allerdings ein böses, diffamierendes und dummes. Kindern muss man erklären, zu welch schrecklichen Folgen solche Verunglimpfungen geführt haben.
«Ach, was macht denn eure Regierung in Israel mit den Palästinensern» Wieso unsere Regierung? Wir Juden hier in der Schweiz – fast alle davon haben übrigens einen Schweizer Pass – sind genauso wenig für die Politik der israelischen Regierung verantwortlich wie die Christen für die Politik des Vatikans.
«Warum habt ihr so komische Hüte und merkwürdige Sachen an?» Wenn Kinder fragen, ist das immer prima. Offenheit und Interesse sind gut. Dann kann man ihnen erklären, dass orthodoxe Juden als eine Art Tracht die Kleidung aus den osteuropäischen Schtetls tragen. Miteinander ins Gespräch zu kommen und sich zu informieren, ist immer das Beste.
«Man sollte die Öfen wieder anzünden» So etwas müssen wir im Netz im Schutz der Anonymität immer wieder lesen. Ich bin kein Jurist, aber ich denke, das kann man anzeigen.
«Was sollen wir für eure Sicherheit zahlen, das kann doch Israel tun, eure eigenen Leute» Juden in der Schweiz sind grösstenteils Schweizer, sind hier geboren und zahlen in der Schweiz Steuern. Der Schweizer Staat ist verantwortlich für alle seine Bürger, egal welche Religion sie haben.
Jude Ja, tatsächlich, man darf Juden Juden nennen, denn das sind wir. Schliesslich darf man Christen auch Christen nennen und Muslime Muslime. Wenn aber «Du Jude» als Beleidigung gemeint ist, geht es nicht. Der Kontext ist wichtig.
Generell gilt Keine zu grosse Scheu im Gespräch. Offener Austausch ist gut.
Maria Scharlau (39), Juristin bei Amnesty International, Deutschland
Die UN-Antirassismuskonvention regelt, dass die Vertragsstaaten verpflichtet sind, Rassismus nicht zu dulden, aktiv dagegen vorzugehen und sicherzustellen, dass der Einzelne vor rassistischen Äusserungen geschützt wird. Kurz: Es geht nicht um «Haben wir immer so gesagt», Geschmack oder Empfindlichkeiten, sondern um ein Recht auf Schutz vor Rassismus und Rechtsverstösse.
N* Wort Nein, geht gar nicht. Das Wort stammt aus der Kolonialzeit und wurde stets benutzt, um Menschen zu erniedrigen und abzuwerten. Kindern muss also erklärt werden, weshalb man heutzutage nicht mehr sagen würde «Pippi Langstrumpfs Vater war ein Negerkönig». Die Diskussion, ob Bücher einer bestimmten Zeit umgeschrieben werden sollten, wird noch geführt. Aber selbst benutzen oder unkommentiert durchgehen lassen? Nein.
Mohr Ist ohnehin total veraltet und steht ebenfalls in kolonialer Tradition. Wer den Mohrenkopf partout nicht anders nennen will, sollte sich in einem stillen Stündchen fragen, warum eigentlich nicht. Ob, wie es in Berlin derzeit ein Running Gag ist, die «Mohrenstrasse» in «Möhrenstrasse» umbenannt (sie wird jetzt in WilhelmArno-Strasse umbenannt) und «Othello, der Mohr von Venedig» künftig zu «Othello, die Möhre von Venedig» werden sollte, sei dahingestellt. Aktiv benutzen? Nein.
Farbig Nein. Erinnert immer ein bisschen an Wasserfarbmalkasten besser: Schwarze grossgeschrieben, um zu zeigen, dass es nicht um die Farbe geht, sondern um Menschen mit dunkler Hautfarbe, die sich bewusst selbst so nennen.
Asylanten Das Wort hat einen negativen Touch, vielleicht weil es Assoziationen an die abwertenden Diskussionen der 90er-Jahre heraufbeschwört. Besser: Geflüchtete, Flüchtende, geflüchtete Menschen: So wird auch gleich die Not der Menschen mit deutlich.
Fremdenfeindlichkeit/ Ausländerfeindlichkeit Das sind keine Fremden, die angefeindeten Menschen wohnen oft nebenan und haben einen inländischen Pass. «Ausländer» stimmt daher auch selten.
Rasse Gibts bei Menschen nicht. Die Biologie hat längst bewiesen: Die Unterschiede innerhalb einer einzigen Horde von Pinguinen ist grösser als die genetischen Unterschiede zwischen Menschen mit dunkler und Menschen mit heller Haut.
Hautfarben «hautfarbenes» Pflaster, «hautfarbener» Stift. Wessen Haut hat diese Farbe? Wessen Hautton wird zum Massstab gemacht? Beige träfe es eher.
Satire/Witze/Scherze und Spielen mit Klischees Klar, gibt es Meinungsfreiheit und klar gilt Tucholskys «Was darf Satire? Alles». Eingeschränkt wird die grenzenlose Freiheit durch das Verbot von Beleidigungen. Allerdings darf man sich fragen, wie lustig Witze sind, die Klischees zementieren.
Jugo/Türke Meist als Beleidigung benutzt, zumal die Personen auch weiter so bezeichnet werden, wenn der Pass längst etwas anderes sagt. Interessante Frage: Warum eigentlich wird in Zeitungsberichten über Straftaten die Nationalität erwähnt? Herkunft macht nämlich nicht kriminell.
Anna Rosenwasser (30), Lesbenorganisation Schweiz
Man Kein Problem. Etymologisch hat «man» nichts mit Mann zu tun, sondern bedeutet «alle». Manche Aktivistinnen benutzen lieber das Wort «Mensch». Das ist als Provokation gedacht, aber Provokationen machen ja oft erst aufmerksam.
Schwuchtel oder schwul sind die beliebtesten Schimpfwörter auf Schulhöfen. Meist bezeichnen sie nicht mal schwule Menschen, sondern damit soll jedes Verhalten oder Aussehen abgewertet werden, das nicht «typisch/klassisch» männlich ist. Kurz: Schimpfwörter gehen gar nicht.
Pussy Beleidigung. Weibliches Geschlechtsorgan. Wieso soll das schlecht sein? Ohne das wären wir alle längst ausgestorben. Pussy wird mit Schwäche gleichgesetzt, männlich mit stark und gut. Das kann man mit Kindern besprechen. Sie sehen eigentlich sofort, dass das nicht stimmt.
Lesbe Wenn es nicht beleidigend gesagt wird, ist es auch keine Beleidigung. Erklärung für Kinder: schwul, lesbisch, hetero sind genauso neutrale Beschreibungen wie braunhaarig, gross, klein oder blaue Augen.
Mama, Papa, Kind Statt Kinder ständig nach Mama und Papa zu fragen, könnte man auch nach den Eltern fragen, dann würde in den Kinderköpfen erst gar nicht zementiert, dass nur dieses Modell Vater, Mutter, Kind richtig ist.
Zu leise/zu laut Schwul und lesbisch: diese Wörter werden selten in normaler Lautstärke benutzt. Entweder werden sie schamhaft getuschelt oder als Beschimpfung geschrien. Die Kinder merken die fehlende Unbefangenheit und spüren sofort, was erwünscht und unerwünscht ist. Bitte redet normal!
«Na, hast du schon eine kleine Freundin?» zum Bub oder «Hast du schon einen kleinen Freund?» zum Mädchen. Die Witzli zeigen den Kindern, was als normal zu gelten hat. Wenn schon Scherz, dann besser: «Na, hast du schon ein Schätzeli?» oder «Hast du schon einen Freund oder eine Freundin?» Dann wäre jede Präferenz okay.
Keine Angst vor Wörtern! Kinder bekommen Zurückhaltung bei Begriffen wie schwul oder lesbisch beigebracht, dabei sollten sie davon ganz selbstverständlich reden können.
Janna Kraus (29),Transgender Network Switzerland
«Sprache erzeugt Bilder in unseren Köpfen, also müssen wir versuchen, die Vielfalt der Welt sprachlich abzubilden. Kinder sollten lernen: Nicht jede Frau muss aussehen wie Barbie und nicht jeder Mann wie Ken.»
«Er wurde als Frau geboren» Nein, auch Transmenschen werden nicht als Frauen oder Männer geboren, sondern als Babys, als Mädchen, als Jungen oder als zwischengeschlechtliche Kinder. «…wurde als geboren…» erweckt den Eindruck, es sei in der Zwischenzeit etwas passiert, sodass es jetzt anders ist. Man geht auch bei schwulen Männern nicht davon aus, dass sie vor dem Coming-out hetero waren und durch ein Erlebnis schwul wurden. Besser: …wurde als Mädchen grossgezogen, wurde als Mädchen angesehen, die Eltern dachten, sie hätten ein Mädchen.
Geschlechtsumwandlung Falsch. Richtig: Geschlechtsangleichung. Eine Operation ändert nicht die Identität. Eine cis-Frau, der die Eierstöcke oder die Brüste entfernt wurden, bleibt ja Frau.
Transe Beleidigung. Es gibt Transmenschen. Transmädchen oder Transjungen.
Transsexuell Nein, das Wort lenkt den Blick zu sehr aufs Sexuelle. Dabei hat es mit sexueller Orientierung erst mal gar nichts zu tun. Besser: Transmenschen oder Transpersonen.
Er ist jetzt ein Mädchen Falsch. Pronomen richtig setzen hilft beim Verständnis, etwa: Sie lebt jetzt offen als Mädchen.
Männlich, weiblich, divers Das kann ein Zeichen setzen, dass es auch anderes als nur männlich oder weiblich gibt. Allerdings: Braucht es die Geschlechtsmarker überhaupt? Muss jemand durch das Ankreuzen von «divers» zum Coming-out gezwungen werden?
«…hat jetzt keinen Penis mehr» Wieso eigentlich redet man bei Transmenschen ständig über die Geschlechtsorgane? Das tut man bei anderen Menschen auch nicht. Bei Kindern löst diese sexualisierte Wortwahl zudem ein Gefühl der Peinlichkeit aus, macht ein Tabuthema daraus oder etwas Schlechtes, weil Operationen ja nichts Spassiges sind.
Silvia Raemy (48), Dachverband der Selbsthilfeorganisationen von Menschen mit Behinderungen
«Faustregel: Steht die Behinderung im Mittelpunkt oder der Mensch? Denn die Behinderung ist zwar Teil der Person, aber nicht die ganze Person, deshalb auch: ‹Mensch mit Behinderung› und nicht ‹Behinderter›.»
«Bist du behindert?», «Mongo», «Spasti» Alle diese Äusserungen sind eindeutige Beleidigungen, die auf Schulhöfen oft zu hören sind. Nein, so etwas darf nicht als lässliche Sünde durchgehen.
Invalid steht leider auch noch in unserer Gesetzgebung. Dabei kommt «invalid» vom Lateinischen «unwert», «wertlos» ungültig – das sind Menschen mit Behinderungen jedoch nicht.
IV-Fall Das ist gleich doppelt schlecht. Invalid, weil es von «unwert» kommt und auch seit dem 18. Jahrhundert für Kriegsverletzte gebraucht wurde. Und «Fall» versachlicht den Menschen. Besser: «Versicherter», «Rentenbeziehender», «Leistungsberechtigter».
Mensch mit besonderen Bedürfnissen Nein. Auch wenn es ebenso wie das Englische «Person with special needs» schön klingt, sagt es dennoch absolut nichts aus. Jeder Mensch hat nämlich spezielle Bedürfnisse: Kinder, alte Menschen, besonders grosse oder kleine.
«Anders begabt» Das ist anbiedernd und gleichzeitig auch von oben herab. Diese Menschen haben Begabungen wie andere auch und manchmal auch die gleichen Begabungen und Talente. Nicht mehr, nicht weniger.
Handicap, Handicapierte wird im deutschsprachigen Raum oft von Leuten mit einem besonders guten Willen benutzt. Aber erstens ist es kein deutsches Wort. Und zweitens klingt im englischsprachigen Raum oft mit «Cap in the hand»: betteln. «Behinderung» ist besser, weil das Wort beides bietet: eine Behinderung haben und von aussen behindert werden. «Mensch mit Beeinträchtigung» hat diese Doppelbedeutung zwar nicht, ist aber auch korrekt.
Taub mögen manche nicht, weil mit taub zuweilen stumpf, gefühllos, dumpf und doof assoziiert wird. Besser: Mensch mit Hörbehinderung, hörbeeinträchtigt.
Krank Nein, Krankheiten sind heilbar oder auch tödlich. Beides trifft nicht zu. Behinderte Menschen sind auch manchmal krank, aber sie sind es nicht ständig.
An den Rollstuhl gefesselt Klischee-Alarm! Wenn Sie eine Fessel sehen, schneiden Sie sie durch.
Zwerg/Riese/Liliputaner Zwerge und Riesen gibts im Märchen, Liliputaner in der Geschichte «Gullivers Reisen». In der Wirklichkeit sagt man besser: Kleinwüchsige und Grosswüchsige. That’s real.
Mongoloid Tja, was ist es nun? Rassistisch oder behindertenfeindlich? Auf jeden Fall falsch. Menschen mit – korrekt – Trisomie 21 sehen nicht aus wie Mongolen, Mongolen nicht wie Menschen mit Trisomie 21.
Caren Battaglia hat Germanistik, Pädagogik und Publizistik studiert. Und genau das interessiert sie bis heute: Literatur, Geschichten, wie Menschen und Gesellschaften funktionieren – und wie man am besten davon erzählt. Für «wir eltern» schreibt sie über Partnerschaft und Patchwork, Bildung, Bindung, Erziehung, Erziehungsversuche und alles andere, was mit Familie zu tun hat. Mit ihrer eigenen lebt sie in der Nähe von Zürich.