Kultur / Theater
«Ich durfte quasi mein Hobby zum Beruf machen»
Von Jörg Rüdiger – MärliMusicalTheater

Ursula Ruf
Jörg Rüdiger: Thomas Lüdi, heisst der aktuelle Held im neuen MärliMusical wegen Ihnen Tom? Sind Sie ein Träumer?
Thomas Lüdi: Was in den Märchen aus dem deutschsprachigen Raum der «Hans» ist, ist in England und Irland eben «Tom». Deshalb hat Andrew Bond diesen Namen gewählt. Aber er kennt mich seit vielen Jahren und hätte mich gut als Vorbild für diese Rolle nehmen können. Ich war als Kind ein furchtbarer Träumer und passte lange nicht so recht in diese Welt. Ich kann mich also nicht nur von meinem Vornamen her mit dieser Rolle identifizieren.
Soeben ist das neue MärliMusical «Tom Träumer» erfolgreich in seine Spielsaison gestartet. Die zwei Vorführungen in Wädenswil waren beide ausverkauft, weitere 50 Vorführungen stehen auf dem Spielplan. Zufrieden mit Ihrer Arbeit?
Ja, ich bin sehr zufrieden. Zusammen mit meinem Team ist es gelungen ein traumhaftes MärliMusical für Gross und Klein auf die Bühne zu bringen.
Andrew Bond sagt von Ihnen, Sie machen eigentlich immer Theater. Stimmt das?
Soso, sagt er das? Aber es hat schon etwas. Verkleiden, Rollenspiel und Bühnenprojekte haben mich in jungen Jahren quasi gerettet und heute bildet das Theater den Mittelpunkt meines beruflichen Schaffens. Und ich bin so glücklich, dass ich heute in dieser Welt arbeiten darf. Ich durfte quasi mein Hobby zum Beruf machen. Was gibt es denn Schöneres?
Wie wird man eigentlich Regisseur?
Indem man bei einer Joghurtfabrik eine KV-Lehre macht (lacht!).
Wie bitte?
Ja, dies war für mich eine gute Grundlage für alles, was später kam. Daneben habe ich im Cevi und eben im Theater richtig gelebt. Ich arbeitete später unter anderem beim Freddy Burger Management, war als Schauspieler auf Tournee mit Walter Roderer und z.B. als Junge-für-alles an einzelnen Udo Jürgens-Proben und -Konzerten. Und dann habe ich mich als Eventorganisator und Künstlervermittler selbstständig gemacht. Ich weiss nicht, wieviele Anlässe ich organisiert habe mit WAM, Jörg Schneider, Divertimento, Marco Rima oder auch Gölä, Polo Hofer, Züri West und wie sie alle heissen. Für das Reisetheater Zürich habe ich auch als Schauspieler und Veranstalter gearbeitet und so die Welt der Märliaufführungen kennen und lieben gelernt. Und dann kam seitens Andrew Bond die grosse Chance, das Gastspieltheater zu übernehmen.
Das heute MärliMusicalTheater heisst. Was sind dort Ihre Aufgaben?
Ich bin einerseits der Geschäftsführer, der dafür sorgen muss, dass der ganze Laden läuft, die Infrastruktur, die Administration, dass Mails und Anrufe beantwortet werden, die Löhne und anderes bezahlt werden usw. Und dann bin ich vor allem auch Regisseur, der die Stücke von Andrew zum Leben erwecken darf und auf der Bühne umsetzt.
Was umfasst die Aufgaben des Regisseurs, was sind die wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zur Premiere?
Ein Regisseur hat viele und vielfältige Aufgaben. Dies fängt an bei der Auswahl der Darsteller an, geht über das Koordinieren und Durchführen der Proben, begleitet von zahlreichen Absprachen und Gespräche mit Bühnenbildern, Kostümbildnerin, dem Requisiteur, der Choreografin, den Ton- und Lichttechnikern usw.
So auch jetzt wieder bei «Tom Träumer», Ihrer vierten Produktion im Rahmen des MärliMuscialTheaters. Die Idee, das Drehbuch und die Musik stammen aus der Feder von Andrew Bond. Wie muss ich mir die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden vorstellen?
Ich werde von Andrew schon sehr früh in den Entstehungsprozess eines neuen MärliMusicals mit einbezogen. Erste Ideen werden unter uns ausgetauscht und sobald Andrew eine konkrete Geschichte hat, stellt er sie vor. Er nimmt dann wiederum meine Inputs mit für sein weiteres Arbeiten. Wenn das MärliMusical fertig geschrieben ist, setzen wir uns wieder zusammen und tauschen uns erneut wieder aus – dieses Mal dann auch bis in Details rein. Dann besprechen wir, welcher Musicaldarsteller welche Rolle spielen könnte und soll. Und dann geht es auch schon bald los mit den Proben.
Von der Idee zur Premiere - von welchem Zeitraum sprechen wir da?
Grob gesagt von einem Jahr. Wir hatten ja soeben die Uraufführung von Tom Träumer in Wädenswil und damit fiel auch der Startschuss für die diesjährige Saison – das MärliMusical geht auf Tournee. Im Hintergrund starten jedoch bereits jetzt die ersten Ideen, Konzepte und Gespräche rund um das neue MärliMusical, das wir dann ab Oktober 2016 auf die Bühne bringen werden.
Was zeichnet aus Ihrer Sicht eine gute Regiearbeit aus?
Wenn die Zuschauer den Theatersaal verlassen, viel lachen und Spannung erleben konnten und emotional berührt wurden, dann habe ich aus meiner Sicht meinen Job als Regisseur gut gemacht. Ganz wichtig ist mir auch, dass jeder Darsteller und jeder Techniker Freude hat an seiner Arbeit. Wenn dies so ist, springt diese Freude automatisch auch auf das Publikum über. Und dass dies so ist, ist eine wichtige Aufgabe für mich als Regisseur.
Und welche Eigenschaften sollte man für diesen Job mitbringen?
Viel Fantasie und Kreativität. Zudem muss ein Regisseur ein klares Auftreten, aber trotzdem Einfühlungsvermögen haben, und er sollte ein guter Motivator sein. Er muss auch die Fähigkeit haben viele verschiedene Elemente als Ganzes zu sehen (Ablauf der Geschichte, Kostüme, Bühnenbild, Licht, Ton usw.) und zu einer Einheit formen können.
Neben dem MärliMusicalTheater betreiben Sie mit dem "KinderJugendTheater" eine Theaterschule für Kinder, leiten mit der Theatergruppe "Bühne frei" ein Laientheater für junge Erwachsene, geben Workshops an Schulen und treten immer mal wieder selber auf die Bühne. Was motiviert Sie für diese verschiedenen Arbeiten?
Theater für und mit Kindern zu machen und hin und wieder selber auf der Bühne zu stehen, auch für ein Erwachsenenpublikum, ist für mich die Erfüllung meines Kindheitstraums. Den Kindern ein Erlebnis des «Miteinanders» zu vermitteln und sie in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken ist mir dabei ein grosses Anliegen. Und am liebsten all dies immer mit einer grossen Prise Humor.
Und wenn Sie zukünftig nur eines der Projekte weitermachen dürften, welches würden Sie auswählen?
Dann wäre es wohl das KinderJugendTheater, weil dort das Wort «Theaterspielen» eben wirklich noch ein richtig lustiges, tief berührendes, manchmal irgendwie zweckloses aber doch extrem sinnvolles Spielen ist. Das Arbeiten mit den Kindern ist sehr streng, aber für mich sehr erfüllend und super schön – erst recht, seit meine eigenen Kinder mitspielen.
Was ist der grösste Unterschied von Kinder-Schauspielern zu Erwachsenen-Schauspielern?
Den Kindern kann man das Handy während den Proben noch verbieten (lacht!)
Ein kurzer Blick in die Zukunft: Was werden die nächsten Wochen an Projekten und Vorhaben bringen?
Das gestalte ich sehr mannigfaltig. Im Moment bin ich dabei, die Texthefte für die Kinder meiner Kindertheaterschule zu schreiben. Dann steht an einer Schule im Kanton Aargau ein Workshop an, in dem ich zusammen mit den Lehrerinnen und ihren Kindern der 3. Klasse ein Weihnachtsstück einstudiere. Natürlich sind Andrew und ich auch schon am Studieren betreffend des kommenden MärliMusicals. Anfangs Jahr starten dann die Regiearbeiten für die Wiederaufnahme des MärliMusicals «Ladina und d Plunderlampe», das wir nach der erfolgreichen letzten Spielsaison ab März 2016 in DAS ZELT erneut aufführen werden.
Das jetzige MärliMusical ist quasi ein «Traummärchen». Um was wird es in der nächsten Produktion gehen?
Das wird noch nicht verraten… aber ich freue mich jetzt schon wieder wie ein Kind auf diesen magischen Moment der Premiere, an der wir dann erneut unsere Spiel-Arbeit zeigen können.

Thomas Lüdi, 44, ist verheiratet und Vater von 3 Kindern,
www.thomasluedi.ch,
www.kinderjugendtheater.ch