Kindergeburtstag Tipps & Tricks
Warum machen nur alle so einen Zirkus?
Ketchup an den Wänden, Nervenzusammenbrüche – und am Ende weint das Geburtstagskind: Kinderpartys auszurichten gehört nicht gerade zu den Highlights des Elternlebens. Unsere Autorin hat ihre Überlebenstipps gesammelt.
Es gab eine Zeit, da fand ich Geburtstage richtig gut – meinen und jene von anderen. Ich war ein Kind und hatte ja keine Ahnung, wie mir Jahre später allein das Wort Kindergeburtstag einen kalten Schauer über den Rücken jagen würde. Seit ich Mutter bin, finde ich Geburtstage vor allem anstrengend – zumindest jene von meinen Kindern. Toll, natürlich, dass sie ein Jahr älter werden. Sehr herzig, ihre monatelange Vorfreude. Doch während sie täglich noch längere Gäste-, Motto- und Wunschlisten schreiben, sehe ich eine unüberwindbar lange To-do-Liste vor meinem inneren Auge aufziehen. Ich gebe es zu: Kindergeburtstage sind mein persönliches Armageddon – meine Nerven brennen allein schon beim Drandenken ab wie billige Kerzen.
Der Geburtstagsmarathon
Wer keine Kinder hat, kann sich nicht vorstellen, wie oft diese Mini-Personen Geburtstag feiern und dabei stets einen von der Mutter (backende Väter sind mitgemeint) in Liebe verzierten Kuchen mitführen. Montags wird im Hort gefeiert, dienstags im Kindergarten, donnerstags mit den Grosseltern, freitags mit den Schulfreunden – würde die Pfadi am Samstag auch noch einen Kuchen ordern, ich würde meinen Kopf in den Backofen stecken.
Denke ich an meine eigenen Kindergeburtstage, dann scheint mir das rückblickend alles sehr viel entspannter abgelaufen zu sein. Ballone, das Schokoladen-Spiel und ein Kuchen mit Kerzen, viel mehr war da nicht. Aber ich glaube, ich hatte Spass. Wobei, ein Blick in eine «wir eltern»-Ausgabe aus dem Jahr 1929 zeigt, dass es noch sehr viel reduzierter geht. Eine Ina Jenas erinnert sich da an ihre eigene Kindheit: «Die Müttern mögen sich wohl im Stillen erinnert haben, aber für uns Kinder verlief unser Geburtstag ohne jede Bedeutung.» Meine Söhne würden sich sofort selbst zur Adoption freigeben, würde ich ihre Geburtstage nur «im Stillen erinnern». Auch die damalige Autorin war recht unglücklich über das «völlige Vergessen ihrer Geburtstage», nicht einmal eine Gratulation gab es «oder ein Fränklein», stattdessen wurden sie noch zu extra Arbeiten verdonnert. Wer zehn Kinder und dauernd zu tun hatte, kam wohl schlicht nicht auf die Idee, ein Getue um Kindergeburtstage zu machen.
Hektische Aktivitäten
Das änderte sich zuerst schleichend, dann schnell. Kinder zu haben war spätestens mit der Erfindung der «Pille» nicht mehr nur gottgegebenes Schicksal, sondern eine bewusste Entscheidung, die Krönung des individuellen Liebesglücks. Fortan wurden Kindergeburtstage immer mehr zu Events. Zum grossen Tag an dem es der Familie, Freunden und dem halben Quartier zu beweisen galt, dass man wieder ein Jahr geschafft hat.
«Spätestens der dritte Geburtstag löst bei Eltern hektische Aktivitäten zur Inszenierung einer Kinderparty aus», stellte der Kulturwissenschafter Hermann Bausinger schon 1994 fest. In seinem Büchlein «Zur Geschichte des Geburtstages» schreibt er: «Es gilt mit den Feierlichkeiten die soziale Stellung zu verteidigen oder auszubauen.» Kindergeburtstage sind also vor allem Distinktionsmerkmal für die Eltern? Um die Kinderchen geht es gar nicht, sondern darum die anderen Eltern zu beeindrucken? Basteln die Eltern also nicht aus purer Liebe bis um Mitternacht Dekorationen und üben, wie man einen Ballon-Dackel knüpft? Vielleicht. Man zeige mir die Eltern eines Geburtstagskindes, die es heute noch wagen, nur einen Kuchen auf den Tisch zu stellen und die Kinder sonst in Frieden zu lassen. Der Vergleich unter den Eltern ist gnadenlos und die Forderungen der Kinder auch.
Es gibt aber auch eine etwas mildere Interpretation. Für Soziologen sind heutige Kindergeburtstage nichts anderes als neuzeitliche Clanrituale. Die Familie schart sich um ihr Jüngstes und beteuert: Wir mögen dich, wir schützen dich, wir sind froh, dass du wieder ein Jahr überstanden hast.
In diesem Sinne, lasst uns die Kinderchen feiern. Es muss nicht unbedingt mit einer Hüpfburg im Garten sein und auch die mehrstöckigen Feuerwehrauto-Torten sind meistens völlig überschätzt. Auf der nächsten Seite haben wir darum einige Kniffs und Erkenntnisse aus zig Kinderpartys der letzten Jahre zusammengestellt. Auf dass nicht alle Eltern die Fehler am eigenen Leib erfahren müssen.
Überlebenstipps für den nächsten Kindergeburtstag
Keine Kinderparty unter 3
Grosse Geburtstagspartys für Kinder unter drei (eigentlich auch unter vier) Jahren sind massiv überschätzt. Das eigene, wie die fremden Kinder sind meist völlig überfordert und oszillieren von weinerlich zu überdreht. Doch das würde man noch hinkriegen. Das viel grössere Problem: die anderen Eltern. Die gehen meist nicht einfach weg. Die bleiben da und brauchen mehr Betreuung als alle Kinder zusammen. Von nervigen Fragen (ist da etwa echter Zucker drin?), über spitze Bemerkungen (also der Yannik macht keine Spiele, wo er verlieren könnte) ganz abgesehen. Besser eine gute Freundin mit Kindern einladen und sich einen schönen Nachmittag machen. Am Wochenende dann noch die Verwandtschaft bewirten – und gut ist. Beweisfotos mit Geburtstagskerze nicht vergessen. Am Abend dann mit dem Partner oder der Partnerin ein weiteres überlebtes Jahr Elternschaft feiern.
Ab nach draussen
Kinder gehören an die frische Luft. Kinder mit zu viel Zucker und Dopamin intus erst recht – ausser man will seine Wohnung sowieso kernsanieren. Und ja, man kann auch im November und auch bei Regen nach draussen. Das Codewort lautet Schatzsuche. Egal ob Detektive, Piraten oder Zirkusartisten: Rätsel lösen und einen Geheimcode knacken passen zu jedem Partymotto. Ein Feuer im Wald mit Marshmallows oder Stockbrot funktioniert auch immer. Und bei fussballbegeisterten Kids ist der Bolzplatz der Schule der perfekte Ort für ein kleines Geburtstagsturnier.
Profis machen lassen
Bislang haben wir auf den Einsatz von Profis bei unseren Kindergeburtstagen verzichtet. Das geht (noch) gegen die Ehre, ausserdem bin ich zu geizig. Es gibt aber inzwischen eine grosse Anzahl Dienstleister, die – im flexiblen Umfang – die Eventisierung des Kindergeburtstags übernehmen können. Das ist zwar nicht billig, schont aber die eigenen Nerven und jene der Nachbarn. Weil nun mal nicht jede Familie in einem Haus mit Garten wohnt, sind Hallenbäder (wenn alle Freunde schwimmen können), Minigolfanlagen (wenn Verlieren kein Mega-Thema mehr ist) und Indoor-Spielplätze (wenn die Eltern das aushalten) eine gute Möglichkeit, die Horde zu beschäftigen. Und die Sauerei bleibt auch gleich ausser Haus.
3 Stunden genügen
Bei einem Kindergeburtstag fühlen sich 50 Minuten mit sechs brüllenden Sechsjährigen schon mal wie eine halbe Ewigkeit an. Also die Sache lieber kurz und intensiv halten. Drei Stunden genügen bei kleineren Kindern meistens völlig. Und nein, sie werden nicht mindestens eine Stunden Kuchen essen und Geschenke auspacken – dieser Programmpunkt ist meist nach 10 Minuten abgehakt. Drum klar kommunizieren, wann und wo die Kinder wieder abgeholt werden sollen, am besten schon auf der Einladung.
Vergiss die Deko
Ein Kindergeburtstag ist keine Hochzeit und Siebenjährige wissen weder aufwendig gestaltete Tischkärtchen noch eine von Hand geschöpfte Einladungskarte zu schätzen. Diese dienen meist mehr der Eigenprofilierung – und dem Instagram-Account der Eltern. Aber wer richtig gerne und gut bastelt, der soll das tun. Wer in einer Feuerwehrauto-Torte sein Glück findet, soll eine backen, aber bitte nicht, um damit Claudia von nebenan zu übertrumpfen. Auch nicht die schlechteste Idee: Bei Anbietern wie feierbox.ch kann man die ganze Deko entsprechend dem Motto mieten.
Klassiker neuauflegen
Das Beste an Motto-Partys: Man hat ein Narrativ, um verstaube Spiele-Klassiker neu zu präsentieren. An der Prinzessinnen-Party wird der Stuhltanz zum Krönchen-Lauf, das Schokoladenspiel zum «Wer kann am elegantesten mit Messer, Gabel und Schleier Schokolade auspacken». Piraten schiessen mit Wasserpistolen auf Ping-Pong-Ball-Gesichter (auf WC-Rollen) und müssen einen Hindernis-Parcours überwinden um auf die Insel zu kommen. Kinder lieben solche Geschichten und spinnen daraus meist noch ganz eigene Spiele. PS: Das gute alte Flaschendrehen ist perfekt, um die Geschenkübergabe minim zu strukturieren.
Teamarbeit
Planen, organisieren, backen, animieren und danach wieder alles aufräumen – alleine das ist schon im Vorfeld ein Grund zum Weinen. Zu zweit oder dritt ein Grund danach anzustossen. Wohnen Gotti oder Götti in der Nähe, dann herbestellen. Oma und Opa sind oft ganz gerne die guten Seelen im Hintergrund. Und wer sagt, dass Kindergeburtstage immer am Mittwochnachmittag stattfinden müssen? Am Samstag haben meist beide Elternteile frei und können das gemeinsam wuppen. Mein Mann und ich sind abwechselnd für die Planung verantwortlich. Der/die andere macht auch mit – allein ist es eh nicht zu schaffen.
Macht es nicht wie andere
Ja, Kinder haben ein tolles Geburtstagsfest verdient. Aber auch eines, das die Eltern nicht an den Rand eines finanziellen und nervlichen Zusammenbrauchs führt – weil das mit der Feuerwehr-Torte aus 3 Kilo roter Buttercreme nicht geklappt hat. Mein Tipp: Einfach nicht machen. Nicht nachmachen vor allem. Nur weil jemand im Dorf mit Gast-Geschenken beginnt, muss das nicht sofort als neue Tradition implementiert werden. Und weil es bei Schmieds in den Trampolinpark ging und bei Ackermanns ein Clown da war, muss man jetzt nicht mit einem Clown aufs Trampolin. Mutterliebe manifestiert sich nicht in verzierten Cupcakes. Kinder lieben auch Popcorn oder Glace. Nicht was andere Eltern tun ist die Benchmark, sondern was zur eigenen Familien am besten passt. Klingt gut, ist aber schwieriger als gedacht, weil – siehe Text links unter Distinktionsmerkmal.
Katja Fischer De Santi ist seit Mai 2022 Chefredaktorin von «wir eltern». Davor war sie 15 Jahre lang als Gesellschaftsjournalistin bei verschiedenen Tageszeitungen in leitenden Funktionen tätig. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Buben am Bodensee, weil dort die Gedanken so weit schweifen können.