Rente
Was Eltern über Altersvorsorge wissen müssen
Wer lange in kleinem Pensum arbeitet, hat im Alter oft kaum genug Geld zum Leben. Ist also Armut der Preis dafür, sich in der Familienphase Zeit für die Kinder zu nehmen? Nicht zwingend, sagen Fachleute. Aber es gilt einiges zu beachten.
Nach wie vor sind Frauen im Alter deutlich häufiger von Armut betroffen als Männer – unter Alleinlebenden befindet sich sogar jede dritte in prekären finanziellen Verhältnissen. Eine Pensionierung sei fast immer mit finanziellen Einbussen verbunden, sagt die Vorsorgespezialistin Romina Mutter vom VZ Vermögenszentrum. «Das geht gerne vergessen: Gut vorbereitet aufs Alter ist nur, wer darauf gespart hat.» Wie aber macht man das geschickt und was sollte jedermann zum Thema Teilzeitarbeit und Vorsorge wissen?
Altersvorsorge für Eltern: In diesem Artikel finden Sie Antworten auf Fragen in folgenden Themenbereichen:
Höhe des Pensums
Wie wenig Erwerbstätigkeit ist zu wenig?
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, in der Kleinkindphase in einem geringeren Pensum berufstätig zu sein. Nur: Wer im Alter nicht mit einer knappen Rente auskommen müssen will, sollte sowohl vor der Familiengründung als auch dann, wenn die Kinder etwas älter sind, unbedingt in einem Vollzeitpensum arbeiten. Die Empfehlungen stammen aus einer Studie der Schweizerischen Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten SKG. Diese Strategie würden aber noch nicht viele Frauen anwenden. Klar ist für Vorsorgespezialistin Romina Mutter: Wer mit seinem Einkommen während des Erwerbslebens gerade so über die Runden kommt, den erwarten wenig rosige Aussichten im Ruhestand.
Und wenn beide Partner Teilzeit arbeiten?
Sind Paare, bei denen beide Partner teilzeiterwerbstätig sind, bei der Altersvorsorge gleich doppelt gestraft? «Nein», sagt Anja Derungs, Präsidentin der SKG und Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich. «Ein durchschnittlicher Lohn vorausgesetzt, zahlt sich ein egalitäres Modell aus, bei dem Frau und Mann im Schnitt mindestens je zu 70 Prozent erwerbstätig sind – auch im Fall einer Scheidung.»
Lücken und Tücken des Konkubinats
Was gibt es für Teilzeiterwerbstätige im Konkubinat zu beachten?
Paare ohne Trauschein haben einige Nachteile, was ihre Altersvorsorge betrifft: So werden bei einer Trennung weder AHV-, Pensionskassen- noch 3.-Säule-Beiträge hälftig geteilt – unabhängig davon, wie lange das Paar zusammengelebt hat oder ob es gemeinsame Kinder hat. Wer während der Beziehung stets in einem kleinen Pensum arbeitet, ist bei einer allfälligen Trennung schlecht gerüstet fürs Alter. Einer solchen Situation können Konkubinatspaare jedoch vorbeugen: «Je nach Lohnunterschied sollte der besser verdienende Elternteil dem anderen über die Jahre jeweils einen Betrag in die 3. Säule einzahlen oder diesem ermöglichen, sich in die eigene Pensionskasse einzukaufen», empfiehlt Anja Derungs. Erziehungsgutschriften sollten ebenfalls vollumfänglich derjenigen Person zugeschrieben werden, die aus Betreuungsgründen in reduziertem Pensum arbeitet oder die Erwerbstätigkeit aufgegeben hat.
Was gilt es für Nichterwerbstätige im Konkubinat zu beachten?
Erziehungsgutschriften sollten dem nicht erwerbstätigen Elternteil gutgeschrieben werden. Zudem sollte dieser unbedingt die AHV-Beiträge für Nichterwerbstätige einbezahlen. Denn fehlende Beiträge führen zu einer Kürzung der Rente – sie können aber innerhalb von fünf Jahren nachbezahlt werden. Die Altersvorsorge über Pensionskasse und 3. Säule fällt für Nichterwerbstätige weg. Einzahlungen in letztere können zudem nicht rückwirkend vorgenommen werden.
Haben Konkubinatspaare bei der Altersvorsorge Vorteile?
Sind beide Konkubinatspartner erwerbstätig, haben sie Ehepaaren gegenüber den Vorteil, dass sie nach der Pensionierung je eine Einzelrente erhalten und nicht nur den plafonierten Betrag. Manche Lücke lässt sich zudem durch einen Konkubinatsvertrag oder eine Lebensversicherung schliessen, wie Romina Mutter sagt. Trotzdem: «Wenn es um die Altersvorsorge von Teilzeiterwerbstätigen geht, ist das Konkubinat lediglich die zweitbeste Lösung.»
Ehe und Scheidung
Schützt eine Ehe Nicht- oder Teilzeiterwerbstätige vor Altersarmut?
In einer Ehe sind Personen, die Teilzeit arbeiten oder nicht erwerbstätig sind, relativ gut vor drastischen finanziellen Einbussen im Ruhestand geschützt – wenn der Partner ein ausreichend hohes Einkommen erzielt. So muss eine nichterwerbstätige Person beispielsweise nicht selbst in die AHV einzahlen, solange der berufstätige Partner jährlich mindestens den doppelten Mindestbetrag entrichtet.
Was bedeutet eine Scheidung für die finanzielle Situation im Ruhestand?
Nach einer Scheidung werden sowohl AHV-Zahlungen als auch die während der Ehe geleisteten Pensionskassen- und Säule- 3a-Beiträge beider Ehepartner zu gleichen Teilen aufgeteilt. Ab jetzt fällt zudem die Plafonierung der AHV weg, die die Rente für Ehepartner auf das Eineinhalbfache einer Einzelrente begrenzt. Für diejenige Person, die bisher wenig oder gar kein Geld verdient hat, reicht dies aber selbst bei einer Erhöhung des bisherigen Arbeitspensums meistens kaum aus, um die höheren Wohn-, Lebens- und allenfalls auch Betreuungskosten auszugleichen. Gleichstellungsspezialistin Anja Derungs rät deshalb, auch dann erwerbstätig zu bleiben, wenn die Betreuungskosten für die Kinder zeitweilig einen beträchtlichen Teil des Einkommens verschlingen. «Die Kosten einer Auszeit sind in der Regel viel höher», sagt die Gleichstellungsbeauftragte. Schliesslich gestaltet sich der berufliche Wiedereinstieg oder die Suche nach einer verantwortungsvolleren und besser bezahlten Position nach längerer Absenz aus dem Arbeitsmarkt in der Regel oftmals schwierig.
Die drei Säulen für Teilzeitler
Wie viel AHV erhalten Teilzeiterwerbstätige?
Teilzeiterwerbstätige erhalten im Alter oft nur eine Mindestrente. Doch selbst der maximale Betrag der staatlichen Vorsorge AHV würde kaum ausreichen, um das Existenzminimum zu sichern, das derzeit bei 3'100 Franken festgelegt ist. Die Minimalrente beträgt derzeit 1'185 Franken monatlich, die Maximalrente 2'370 Franken.
Warum ist die berufliche Vorsorge bei Teilzeitlern so tief?
Viele Pensionskassen versichern nicht den ganzen Lohn, sondern nehmen davon erst einen Koordinationsabzug von 24'885 Franken vor. Es wird also derjenige Betrag abgezogen, der bereits über die AHV versichert ist, wie die Vorsorgeexpertin Mutter erklärt. Dieser Abzug fällt vor allem für Teilzeiterwerbstätige ins Gewicht: Damit zählen für die berufliche Versorge unter Umständen nur wenige Tausend Franken pro Jahr. Je nach Branche und Firmengrösse sind Arbeitgeber heute bereit, den Koordinationsabzug dem Beschäftigungsgrad anzupassen: So fällt beispielsweise bei einer 50-Prozent-Stelle der Koordinationsabzug nur halb so hoch aus. Parteien unterschiedlicher Couleur fordern eine Senkung der Eintrittschwelle in die 2.Säule sowie eine Flexibilisierung des Koordinationsabzugs. So oder so ist es gerade für Teilzeiterwerbstätige wichtig, sich vor einem Stellenantritt auch das Vorsorgereglement gut anzusehen. «Wenn wir jung sind, freuen wir uns deutlich mehr über eine Lohnerhöhung als einen grösseren Sparbeitrag in die Pensionskasse», sagt Mutter. «Dabei ist Letzterer langfristig oft entscheidender.»
Warum ist die private Vorsorge so wichtig?
Die Säule 3a steht auch Teilzeitarbeitenden offen. Nur muss dafür natürlich Ende Monat erst einmal Geld auf dem Konto übrig bleiben. Ersparnisse sind normalerweise in der 3. Säule oder in der freiwilligen Pensionskasse besser angelegt als auf einem Sparkonto – die Zinserträge sind höher und die Beträge sind steuerbefreit.
Wie sorgen selbstständig Erwerbstätige vor?
Wer selbstständig erwerbstätig ist, ist in der Vorsorge besonders stark auf sich gestellt: Einzig die Beiträge an die AHV sind hier obligatorisch. Empfehlenswert sind Einzahlungen in die freiwillige Pensionskasse und in die 3. Säule. Zudem sollten Risiken wie Tod und Invalidität sowie Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit oder Unfall privat versichert werden.
Ganz konkret: Rechenbeispiel
Was bleibt Teilzeitlern im Alter?
Dass die Folgen eines Erwerbsunterbruchs und langjähriger Teilzeitarbeit selbst im mittleren Lohnsegment nicht unerheblich sind, zeigt eine Beispielrechnung aus einer aktuellen Studie der Credit Suisse: Eine 25-jährige Lehrerin erhält einen Anfangslohn von 70'000 Franken und arbeitet fünf Jahre lang 100 Prozent. Nach der Geburt ihres Kindes legt sie eine sechsjährige Erwerbspause ein. Im Anschluss ist sie während acht Jahren in einem 60-Prozent-Pensum tätig, bis zur Pensionierung arbeitet sie dann wieder Vollzeit. Am Ende ihrer Berufskarriere liegt das Jahreseinkommen der Lehrerin bei 100'000 Franken. Im Ruhestand erhält sie aus AHV und Pensionskasse mit 53'000 Franken gerade einmal die Hälfte davon. Derselbe Lebensstandard ist weiterhin also nur möglich, wenn sie erheblich gespart, angelegt oder geerbt hat.
Die drei Säulen: Altersvorsorge in der Schweiz
1. Säule: die staatliche Vorsorge
Ab dem Alter von 21 Jahren ist jede Person verpflichtet, bis zum Rentenalter einen Beitrag von mindestens 482 Franken pro Jahr in die AHV einzuzahlen. Wer seine Zahlungen lückenlos leistet, erhält derzeit eine Rente zwischen 1'185 und 2'370 Franken; den Maximalbetrag gibt es aber erst ab einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 85'320 Franken brutto. Eltern erhalten zudem automatisch Erziehungsgutschriften für jedes Jahr, in dem sie mindestens ein Kind unter 16 Jahren hatten. Das sind fiktive Zuschüsse, die nicht ausbezahlt, sondern erst später bei der Berechnung der AHV zum massgeblichen Jahreseinkommen hinzugenommen werden und die Rente entsprechend erhöhen. Die Höhe der Erziehungsgutschrift entspricht der dreifachen jährlichen Minimalrente. Sie fällt entsprechend für alle Eltern gleich hoch aus, hat bei tieferen Einkommen aber proportional mehr Gewicht. Mehr als den festgelegten AHV-Maximalbetrag erhält man jedoch auch bei Anrechnung einer Erziehungsgutschrift nicht.
2. Säule: die berufliche Vorsorge
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer zahlen Beiträge in die berufliche Vorsorge, die zweite Säule, ein. Damit eine erwerbstätige Person in die Pensionskasse aufgenommen wird, muss sie ein Einkommen von mindestens 21'330 Franken erzielen.
3. Säule: die private Vorsorge
AHV und Pensionskasse sollen 60 Prozent des letzten Lohnes vor dem Ruhestand abdecken. Fachleute schätzen, dass in der Regel 80 Prozent des bisherigen Einkommens nötig sind, um den Lebensstandard zu wahren. Wichtig ist deshalb die private Vorsorge. Sie bedeutet nichts anderes als: Sparen. Die in die Säule 3a einbezahlten Beträge sind von den Steuern absetzbar – allerdings auch erst im Ruhestand wieder abhebbar. Erwerbstätige mit Pensionskassenanschluss können auf diese Weise maximal 6'826 Franken pro Jahr ansparen. Ohne Pensionskasse sind es 20 Prozent des jährlichen Einkommens, höchstens aber 34'128 Franken.