Gesellschaft / Familie auf Sendung
Vor der Abstimmung zu «No Billag»: Was bietet SRF unseren Kindern?
Von Manuela von Ah
Im März stimmen wir ab über die «No-Billag»-Initiative. Was bietet das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) auf seinen Kanälen eigentlich Kindern und Eltern? «wir eltern» fragt nach.
Damals in der Zwischenkriegszeit kauerten die Kinder vermutlich vor monströsen Röhrenradios und lauschten der knisternden Stimme, die für sie Geschichten erzählte. Denn Kindersendungen gibt es seit der Gründung von Radio SRF, die erste wurde 1931 ausgestrahlt. Mittlerweile ist die Qualität des Empfangs um Welten besser und es flimmern je länger desto mehr kindgerechte Informationen und Unterhaltung über den Bildschirm. Die Formate der Kinder- und Jugendsendungen von SRF hiessen in den letzten Jahrzehnten «Kinderstunde», «Looping» oder «SiggSaggSugg» – und seit acht Jahren «Zambo» und «mySchool».
Lebensschulung steht im Zentrum
Bildungssendungen für Gross und Klein zu produzieren, gehört zu den Grundpfeilern des Service-Public Auftrages der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG). Deshalb schlossen die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz und das Staatssekretariat für Bildung mit SRF eine Leistungsvereinbarung ab. Aus dem ehemaligen Schulfernsehen entstand «SRF mySchool», das sich am Lehrplan 21 orientiert und an Volksschülerinnen und -schüler richtet, aber auch von Lehrpersonen im Unterricht genutzt wird. Bildschirm soll laut Bildungsauftrag also auch bilden.
Bei Zambo wiederum, dem Kinderprogramm für die Jüngeren, soll weniger das Kopflastige überwiegen, als vor allem das Herz angesprochen werden. Laut Christoph Aebersold, Verantwortlicher für Strategie und das Angebot im Bereich «Junge Zielgruppen» bei SRF, steht die Lebensschulung der jungen Menschen im Zentrum: «Wir wollen nicht nur Wissenswertes und Freizeitthemen bieten, sondern uns den Lebensfragen widmen, die Kinder bewegen.» Diesen Herzensangelegenheiten spüren die Redaktoren und Moderatorinnen von Zambo vor allem online bei der Zambo-Community nach. Zwei Drittel der aufgegriffenen Themen stammen von den Kindern. Auf spielerische Art und Weise soll auch Ernsthaftes behandelt werden und mithelfen, die Welt zu verstehen.
Geschützter Garten
Das Ziel der Kindersendungen von SRF ist es, die Kinder an die Hand zu nehmen, sie dort abzuholen, wo sie stehen. Es mag Kids geben, die sich amerikanische und japanische Trickfilmserien reinziehen dürfen, bis ihnen Manga-Augen wachsen. Den meisten Eltern aber ist es wichtig, die Sendungen für ihre Kinder sorgfältig auszuwählen. «Weil viel Unsicherheit herrscht, wollen wir Partner sein für Mütter und Väter und Programme für Kinder bieten, bei welchen die Eltern darauf vertrauen können, dass sie sorgfältig zusammengestellt sind», erklärt Christoph Aebersold. Er versteht das Kinderangebot SRF Zambo als «geschützten Garten, in welchem Kinder altersgerecht informiert werden und ihren Umgang mit Medien trainieren können». Denn für sie wird es künftig noch wichtiger, sich Medienkompetenz anzueignen. Zumal die Kinder lernen müssen, die Botschaften, die in einer multimedialen Welt auf sie einprasseln, einzuordnen.
Das Schweizer Fernsehen verpflichtet sich aber auch, über die Angebote für unterschiedliche Alters- und Interessenssegmente hinaus Programme zu produzieren, die «integrierend wirken». So sollen Altersgruppen zusammengeführt und Brennpunkte auch aus der Familienwelt in unterschiedlichen Gefässen thematisiert werden: Rollenmodelle, Übergang ins Familienleben, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Generationenkonflikte beispielsweise. In der vierteiligen Sendereihe «Achtung Mütter!» etwa diskutieren vier Frauen in unterschiedlichen Familienmodellen und mit sehr verschiedenen Vorstellungen von Kindererziehung miteinander. Die Dokumentarsendung «DOK» wiederum erörtert den Kaiserschnitt als Trend der Zukunft, oder in der «Arena» erhalten homosexuelle Väter die Gelegenheit, ihre Adoptionswünsche zu erklären.
Wundertüte mit Süssem für die Familie
Nicht alle geraten angesichts Sendungen wie «Samschtig-Jass», «Literaturclub» oder «Comedy aus dem Labor» ins Schwärmen. Denn Kultur ist wie Essen: Geschmackssache. In der Wundertüte Kultur von SRF allerdings steckt auch Süsses für die ganze Familie: zum Beispiel Filmförderungsgelder. Damit wurden erfolgreiche Schweizer Familienstreifen wie «Schellen-Ursli» oder «Papa Moll» massgeblich mitfinanziert. Wie bedauerlich, wenn keine Kameras mehr surren für Filme wie «Heidi» oder «Di Chli Häx».
Die breite Palette an Sendegefässen für Familien wird überwiegend aus den jährlichen Billag-Gebühren gespeist. Es bleibt die Frage, wer in der Medienlandschaft das grosse Lern- und Unterhaltungsfeld für Eltern und Kinder übernimmt, wenn die Billag- Gebühren abgeschafft würden. Private Schweizer Fernseh- und Radioanbieter zeigen wenig Interesse, denn abgesehen von vereinzelten Kindersendungen bei wenigen Regionalradios gähnt die grosse Leere. Nach der Zerschlagung von SRF würde diese Lücke kaum gefüllt, weil Kinder und Familien mitnichten die lukrativste Zielgruppe sind.
Es gibt unzählige dumpfe und inhaltslose Kindersendungen, die (international) über die Kanäle gespült werden – eine intelligente Einordnung und Kanalisierung von SRF kommt Eltern und Kindern zugute. Aus Familienperspektive würde mit der Abschaffung der Billag-Gebühren – sprichwörtlich passend – das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.
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