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Wenn die Mutter geht
Von Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann

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Lisa Frieda Cossham verliess ihren Mann und die zwei Kinder für einen anderen. In ihrem Buch schildert sie die Anfeindungen, die unweigerlich folgten. Und alle fragen sich: Darf sie das?
Natürlich darf sie ihren Mann verlassen! Wo kämen wir denn da hin, wenn irgendein Gesetz uns an einen Mann binden würde? Wir sind uns sicher alle einig, dass das nicht zur Debatte steht.
Was aber in den Kommentaren von Cosshams Kolumne namens «Teilzeitmutter» in der Süddeutschen Zeitung so heiss diskutiert wurde - und aus der auch das Buch «Plötzlich Rabenmutter» entstand - war eben nicht das Verlassen ihres Mannes. Sondern ihrer Familie.
Darf eine Frau ihre Familie für einen anderen Mann verlassen? Nein, das – finde ich – darf sie nicht. ABER: definiert doch bitte «verlassen». Heisst verlassen, physisch an einem anderen Ort zu wohnen? Gar in einem anderen Land? Oder heisst verlassen, die Familie auch emotional zu verlassen, also nicht mehr die Mutter dieser Kinder sein zu wollen?
Nennt mich spitzfindig, ich finde den Unterschied enorm. In den zwei ersteren Fällen geht es nämlich darum, dass die Mutter (auf die Väter komme ich später noch zu sprechen) sich ein Leben mit jemandem wünscht, der sie liebt und den sie liebt. Was mit dem Kindsvater offenbar nicht der Fall war. Ob sie nun ins nächste Dorf zieht oder in ein anderes Land ist am Ende nur eine Frage der Organisation. Solange sie ihre Verantwortung der Familie und den Kindern gegenüber weiterhin wahrnimmt, das Sorgerecht vernünftig aufteilen will etc. hat sie in meinen Augen nicht die Familie, sondern ihren Mann verlassen. Für einen anderen. Tut weh, aber that’s life. Auch gehe ich in diesem Fall davon aus, dass die Mutter sich das sehr wohl überlegt hat und nicht aus einem Impuls heraus handelt.
Eine Mutter hingegen, die ihre Familie verlässt, die den Job der Mutter nicht mehr machen möchte, weil er so anders ist, als sie sich vorgestellt hat: Da sagt mein Bauch ganz klar auch «Geht’s noch?» Kinder sind eine Entscheidung – zumindest solange Pille und Abtreibung straffrei bleiben – die man einmal getroffen hat. Sie ist eine der wenigen Entscheidung, die man in meinen Augen schlicht NICHT rückgängig machen kann. Wenn es dir nicht gefällt, musst du eine Lösung finden! Abhauen ist aber keine.
Und jetzt zu den Vätern: All das oben erwähnte gilt 1:1 auch für euch! Natürlich tut es das, was dachtet ihr denn? Mütter, die ihre Ehemänner verlassen (und sie nicht etwa rauswerfen, das ist nochmal ein anderes Thema), gelten sofort als Rabenmütter. Rabenväter gibt es in diesem Zusammenhang nicht, auch sprachlich nicht. Dennoch sind diese meines Erachtens genauso daneben, auch sie waren ja dabei, als die Kinder gezeugt wurden, oder etwa nicht?
Wieso mich dieses Thema so aufregt? Aus persönlichen Gründen: Eine gute Freundin von mir hat es gewagt, ihren lieblosen Mann für einen anderen zu verlassen. Obwohl sie alles organisiert, um den Kindern ein neues Zuhause (in England, die Kids sind zweisprachig) zu schaffen, entschied das Bundesgericht, die Kinder müssten beim Vater bleiben. Der sich aber wohlbemerkt nicht um die Kinder kümmern kann, da er 16-Stunden-Tage schiebt. Fazit: Die Kids sind bei den über 70-jährigen Grosseltern, die gesundheitlich angeschlagen sind. Die Frau wurde dafür bestraft, dass sie sich ein besseres Leben für sich gewünscht hat.
Gleichzeitig haben wir einen Vater im Bekanntenkreis, der sich sang und klanglos verabschiedet hat und jahrelang nichts von sich hören liess. Dieses Familiending behagte ihm einfach nicht.
Na, ratet mal, wer mehr kritisiert wird?
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Nathalie Sassine-Hauptmann (1973) gehört zu den Müttern, die ihr schlechtes Gewissen wie ein Baby mit sich rumtragen. Dennoch würde sie ihren Beruf nie aufgeben. Mit ihrem Buch «Rabenmutter - die ganze Wahrheit über das Mutterwerden und Muttersein» spricht sie vielen berufstätigen Müttern aus der Seele. Denn als Unternehmerin weiss sie, dass ihre Kinder sie zwar glücklich machen, aber erst ihr Job ihr den Ausgleich garantiert, den sie braucht. Sie führt sowohl ihr Familienleben als auch ihre Firma mit viel Leidenschaft und macht sich in diesem Blog Gedanken zur Vereinbarkeit von beidem. Und sie hat keine Angst davor, sich eine Feministin zu schimpfen. Alle Blog-Beiträge von Nathalie Sassine-Hauptmann finden Sie hier.