Mompreneurs
Die Mama AG
Als Marion Donovan ihr zweites Töchterchen wickelt, stinkt es ihr endgültig: Windel undicht, ständig Schmiererei und dann das lästige Kochen der Windeltücher … Wie nervtötend und unpraktisch! Kurz entschlossen schnappt sich die Amerikanerin den Duschvorhang, zerschnippelt ihn zu einem feschen Höschen und tüftelt solange mit Einlagen aus Papier, bis alles sitzt und hält. Die erste Einwegwindel ist geboren. Das Ding geht 1949 in New York weg wie warme Semmeln und einige Jahre später machen Procter & Gamble mit der Idee der cleveren Hausfrau unter dem Namen Pampers Milliarden. «Mompreneur» würde man Marion Donovan heute nennen. Damals hiess das einfach: Mama und Unternehmerin.
In den USA wächst die Zahl der von Frauen geführten Ein-Personen-Unternehmen inzwischen doppelt so schnell wie diejenige anderer Firmen. In der Schweiz ist bei jeder 10. Existenzgründung eine Frau der Boss.
Ein Grund für den Sprung junger Mütter in die Selbstständigkeit: Kinder. Mag auch die Karriere bislang glatt gelaufen sein, jetzt knirscht es häufig, wenn Meeting und Milchpumpe, Businesslunch mit Kunden und Besuchsmorgen im Kindergarten, Chef und Scharlach zusammen in den Alltag gequetscht werden müssen. Da liegt der Gedanke nahe: Wenn Baby und Beruf zu balancieren schon ein Drahtseilakt ist, warum dann nicht gleich einen eigenen Zirkus gründen?
87 Prozent der Frauen entscheiden sich bei ihrem Schritt in die Selbstständigkeit für Arbeit im Dienstleistungs- und im kreativen Bereich. Denn schliesslich sorgt ein Kind nicht nur für ungeahnte Schwierigkeiten, sondern auch für ungeahnte Entdeckungen: Warum eigentlich gibt es keine Abdunkelungen für Kinderwagen? Warum kein Kosmetikstudio mit Kinderbetreuung? Müssen Nachtlichter so doof aussehen? Und wieso, bitteschön, kommt niemand auf den Gedanken, eine Kinder-Abholagentur zu gründen, wo doch alle Eltern den Stress, pünktlich im Hort oder Chindsgi sein zu müssen, bestens kennen?
Frauen vermehren Geld schneller als Männer
Zwar sind, laut Deutschem Statistischen Bundesamt, 62 Prozent der Frauen-Firmen «Zuerwerb»; sprich, den Grundsockel des Familienunterhalts verdient der Vater. Doch das ändert sich langsam. In Finnland und den Niederlanden, so Studien, geben sich Unternehmerinnen schon längst nicht mehr mit einem «Jö, Mama peppt das Haushaltsgeld auf»-Jöbchen in «Jettes Wollelädchen», als Bachblütentherapeutin oder Wellness-Coach zufrieden. Seit ein paar Jahren vermehren hier Frauen das Geld schneller als Männer. «Bisschen nebenher arbeiten» wird durch klare Businesspläne ersetzt, «mehr Freiraum für die Familie» durch «Marktlücke gefunden » ergänzt und der Vater wird ganz selbstverständlich bei Haushalt und Kinderbetreuung mit eingeplant. Schliesslich soll selbstständig nicht selbst und ständig bedeuten.
Bereuen tut den Schritt in die Selbstständigkeit kaum eine. Selbst wenn der Online-Shop für Strampelhöschen nicht ewig läuft, selbst wenn die Anfangszeit ein Knochenjob ist und selbst wenn sich herausstellt, dass man eigentlich mehr als je zuvor arbeitet. Das tolle Gefühl, eine Chance genutzt, den Mut zu etwas Neuem gehabt zu haben und der Flash, Geld nur für die eigene Tasche zu verdienen, macht das wett. Knallhart profitorientiert? «Klar», lacht Franziska Bischof-Jäggi, Preisträgerin des Golden Creativity Awards 2009. «Profit soll eine Firma ja wohl schliesslich auch bringen. Auch die einer Frau!» In Kanada gibt es mit «Mompreneur» mittlerweile ein eigenes Magazin für die Mütter-Unternehmerinnen. Auflagenentwicklung: steigend.
Nein, natürlich nicht: Franziska Venrath und Natalie Frick beweisen mit «Deux Schwo», dass Ästhetik und Elternschaft durchaus zusammenpassen.
Franziska Venrath (45) trägt die Haare pinkrot, Natalie Frick (42) steht eher auf strengasiatisches Schwarz. Die Haare sind das Markenzeichen von «Deux Schwo», einem Label, das die unkonventionelle Erscheinung der beiden Schwestern widerspiegelt. Zwar produzieren Franziska und Natalie alltägliche Gebrauchsgegenstände wie Schmuck, Taschen, Necessaires, Nachtlichter und Lätzlis. Einheitsbrei aber ist ihnen ein Graus. Und so verfängt sich der Blick des Betrachters unwillkürlich in jedem einzelnen Stück: Lieblich und schräg, aufreizend oder bitterböse kommen die Formen und Motive daher. Begonnen hat die Geschichte damit, dass Franziska in Fachgeschäften nach Nachtlichtern für ihre kleinen Söhne suchte. Die gängigen Modelle aber mit ihren «grenzdebilen Teddys und Käferchen» beleidigten das ästhetische Empfinden der gelernten Dekorationsgestalterin und Bildhauerin. Deshalb entwarf sie kurzerhand selber Lichter, mit Innenleben und federflaumiger Umrandung. Die Buben schliefen von nun an prima. Die Nachfrage im Freundes- und Freundesfreundeskreis schwoll lawinenartig an – das Unternehmen war geboren. Natalie arbeitete in ihrem kinderlosen Leben noch als Marketingfachfrau bei einer Bank – und litt zunehmend unter Kreativitätsstau. Zwar entwarf und schneiderte sie schon damals Täschchen und Kosmetikbeutel und hatte eine Fabrikhalle voller Ideen im Kopf. Die Zeit für die Umsetzung aber fehlte.
Zwei Dinge brauchte es für die Initialzündung: eine Entlassung und die Geburt ihres Sohnes Ben (2 ½). «Das Kind legitimierte mich sozusagen, daheim bleiben zu dürfen – und das Einkommen meines Mannes erlaubte es mir, mich warmzulaufen mit dem eigenen Geschäft.»
Bald «fusionierte» sie mit ihrer «Schwoscht» und gab Vollgas: entwerfen, schneidern, Mailings verschicken, Bestellungen entgegennehmen und das Zweifrau-Unternehmen an Design- und Einkäufermessen anmelden – einer der wichtigsten Pfeiler von «Deux Schwo». 30 Läden beliefern Franziska und Natalie mittlerweile, darunter das Modehaus Grieder an der Zürcher Bahnhofstrasse.
«Ich bin das Zugpferd», konstatiert Natalie, «meine Schwester die kreative Chaotin.» Natalie sorgt für fristgerechte Lieferungen, Franziska will lieber brainstormen. Das sorgt ab und zu für Reibung. Aber Schwesternliebe und die Narrenfreude am Geschäft erträgt auch punktuelles «Gepfutere».
Als Ben klein war, erzählt Natalie, habe er prima neben der surrenden Nähmaschine geschlafen. Seit er durch die Gegend sause, sei konzentriertes Arbeiten kaum mehr möglich. Deshalb helfen Grosseltern und Tagesmutter regelmässig aus. Natalie arbeitet jetzt in einem Atelier. Und spricht Klartext: «Es ist Schönfärberei zu behaupten, man könne dem Business nachgehen und nebenher nonstop den Nachwuchs unterhalten.» Wenn das Geschäft florieren solle, müsse man als «Mompreneur» das Kind ohne schlechtes Gewissen auch mal abgeben können. Und: Erfolgreich sei nur, wer den Job mit der Haltung einer «Familienernährerin» angehe. Deshalb ist auch bei Franziska und Natalie längst Schluss mit grosszügigen Geschenken und Rabatten für Verwandte und Bekannte. Fertig mit dem «Jö-welch-nettes-Hobby-Zeugs» – jetzt will «Deux Schwo» endlich Geld verdienen. Auch, um dem deklarierten Geschäftsziel näher zu rücken: dem Kauf einer kleinen Wohnung in Italien am Meer.
Manuela von Ah
Annika Wacker und Nicole Maczko wollten das auf keinen Fall und gründeten «Little Vikings» – eine Plattform für nordische Kinderlabels.
wir eltern: Warum gerade Kinderkleider? Die gibts doch wie Sand am Meer
Anika: Das haben wir auch gedacht. Bis wir beide fast gleichzeitig schwanger wurden und gemerkt haben: Unsere Mädchen werden in Rosa und mit Hello Kitty ersticken. Alle anderen Kinderkleider sind rar und sehr teuer.
Nicole: Die Initialzündung verschaffte uns das Geburtsgeschenk einer Freundin, die uns ein Babyoutfit eines dänischen Labels geschenkt hat. Wir guckten uns auf dem Netz um und beschlossen aufzubauen, was in der Schweiz noch fehlte. Ein Portal mit nordischen Labels.
Also habt Ihr einen Businessplan aufgestellt?
Annika: Nein – wir haben eingekauft. Die Kleider, die wir anbieten, sind fröhlich, verspielt, von exzellenter Qualität, unisex und nicht zu teuer. Sie erfüllen alle Anforderungen, die wir und unsere Freundinnen an Kinderkleider stellen. Wir vertrauten darauf, dass der Markt dafür existiert. Schwierig war abzuschätzen, wieviel wir einkaufen sollten.
Nicole: Typisch Mutter, dachten sich wohl der eine oder andere, stürzen sich blauäugig in ein Unternehmen. Und hatten damit nicht mal unrecht. Ausser dass es funktionierte. Auf Anhieb. Nach der ersten Kollektion hatten wir unser Startkapital fast schon wieder drin. Seither wachsen wir stetig.
Was heisst das in Zahlen?
Nicole: Die Wachstumsrate beträgt rund 30 Prozent von Kollektion zu Kollektion. Es kommen aber noch nicht genug Bestellungen pro Tag rein, um von «Little Vikings» zu leben. Noch arbeiten wir gratis. Schnüren nachts, wenn die Kinder im Bett sind, hübsche Pakete. Aber wenn es so weitergeht, können wir schon bald Bestellung und Verpackung outsourcen.
Annika: Wir sind gerade daran, unser Sortiment zu erweitern: Mit neuen interessanten Marken und Grössen für Kinder bis sechs Jahre. Ausserdem denken wir darüber nach, ausgewählte Spielsachen aufzunehmen.
Und welches Mutter-Know-how habt Ihr eingebracht?
Annika: Grösse 56 für Neugeborene kaufen wir gar nicht ein. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass man zur Geburt viele Outfits geschenkt bekommt. Und Babygrössen auch gern nachgetragen werden. Strampler führen wir nur bis zur Grösse 80. Sobald die Kleinen laufen können, sehen Mütter und Väter ihren Nachwuchs gern in Hosen und Shorts.
Nicole: Eigentlich kaufen wir eins zu eins so ein, wie wir das auch privat tun. Das ist bisher immer aufgegangen. Was uns allerdings erstaunt ist, wieviele unserer Kundinnen und Kunden vom Land kommen und nicht aus einem städtischen Raum. Offenbar ist das Bedürfnis nach praktischen und coolen Kinderkleidern dort besonders gross, wo es wenig Läden gibt.
Nicole Althaus
Diese Frage stellte sich Franziska Bischof-Jäggi (40) und gründete die «Familienmanagement GmbH» in Zug, bei der man genau das lernen kann. Die Mutter von vier Kindern ist der Überzeugung: Wunschträume muss man ernst nehmen, prüfen und wenn möglich: umsetzen.
«Irgendwo im Wald zwischen Sihlbrugg und Sihlmätteli ist meine Firma entstanden. Wenn auch erstmal im Kopf als Wunschtraum oder Vision. Bei diesem Spaziergang im Frühling 99, während des Mutterschaftsurlaubs mit Andrina, unserer ältesten Tochter, habe ich mir Gedanken über meinen Wiedereinstieg gemacht. Darüber, dass es schwierig werden würde, Schichtarbeit und Wochenenddienst mit einem Familienleben zu vereinbaren. Gleichzeitig wusste ich: als Psychologin habe ich genau die fachlichen Voraussetzungen, um zu diesem Thema selbst etwas aufzubauen. Und so ist die ‹Familienmanagement GmbH› entstanden. Am Abend habe ich mich gleich an den Computer gesetzt und das erste Konzept geschrieben. Mein Mann war eine grosse Unterstützung und gleichzeitig kritisch. Er hat immer wieder gefragt: Wer kauft dir das ab? Wie soll sich das rentieren? Als Visionärin läuft man ja schnell Gefahr, den Boden unter den Füssen zu verlieren. Zwei Jahre lang habe ich – parallel zur Festanstellung – am Konzept gefeilt, recherchiert, geplant, Businesspläne aufgestellt und manches wieder verworfen. Schliesslich wollte ich mit meiner Firma ernst genommen werden und Erfolg haben. ‹Hach, das klingt aber profitorientiert›, haben viele meiner Bekannten gesagt. Meine Antwort: ‹Na klar! Profit soll es ja auch bringen. Ich will mir schliesslich einen Lohn auszahlen können.› Die Anfangsphase war schwierig. Das habe ich unterschätzt! Aber als ich zum ersten Mal meine Tankfüllung vom eigenen Firmenkonto bezahlt habe, bin ich vor Stolz fast geplatzt.
Inzwischen läuft mein Geschäft. Zu meinen Kunden gehören mittlere und grosse Firmen aus der ganzen Schweiz. Ich bin mir bewusst, dass ich unter besonderer Beobachtung stehe. Schliesslich bin ich nicht nur Inhaberin einer Firma, Buchautorin, Preisträgerin diverser Auszeichnungen, sondern auch – vierfache Mutter. Da wird man sehr genau unter die Lupe genommen, doch das ist es wert. Selbstverständlich kriege ich nicht alles allein auf die Reihe. In unserer Familie hilft jeder mit, wir haben eine wunderbare Tagesfamilie und mein Mann kann genauso gut Windeln wechseln, kochen, Turnsäckchen richten wie ich. Kinder zu haben ist ja in der Regel die Entscheidung von zwei Elternteilen. Neulich hat unsere Älteste gesagt: ‹Mama, ich habe eine Frage an dich als Fachperson: Ich möchte Opernsängerin werden. Lässt sich das mit einer Familie vereinbaren?› Da kam natürlich auch die Zweitälteste und meinte: ‹Ich will Kuscheltiertherapeutin werden. Kann man da gleichzeitig Mama sein?› ‹Es ist eine Herausforderung›, habe ich gesagt. ‹Aber wenn man es gescheit angeht, sollte es klappen. Schliesslich habt Ihr ja dann auch noch einen Mann, der sicher das Seine beiträgt. Und: Es geht viel mehr, als man sich selbst zutraut›.»
Caren Battaglia
Kathrin Buholzer wollte das unbedingt ändern und gründete mit www.elternplanet.ch ein moderiertes Forum, auf dem häufige Fragen auch mit einem Videofilmchen beantwortet werden.
«Ich hätte nie gedacht, dass ich als Mutter erziehungstechnisch jemals an meine Grenzen stossen würde. Schliesslich gab man mir in meiner Ausbildung zur Primarleherin das nötige pädagogische Werkzeug an die Hand – meinte ich. Bis ich Mutter wurde. Ich war auch immer der Ansicht, ein gelassener Mensch zu sein. Und doch: Meine Töchter nervten manchmal ganz schön und ich war am Anschlag. Das hat sicher auch damit zu tun, dass sie nur eineinhalb Jahre auseinander sind, die Trotzphase suchte mich also im Doppelpack heim. In dieser Zeit sehnte ich mich nach Richtlinien in Erziehungsfragen. Natürlich las ich Ratgaber, doch diese liessen mich mit meinen alltäglichen Sorgen oft allein. Mit Sätzen, wie ‹Sie müssen Ihren Kindern Raum zur Entfaltung geben› hat man noch kein zwängelndes Kind in der Migros zur Vernunft gebracht. So entschloss ich mich zur Triple-P Familienausbildung und leitete danach schon bald meine eigenen Kurse. Meine Internetseite www.elternplanet.ch benutzte ich in der Anfangsphase nur als Instrument zur Kursterminierung. Im Netz allerdings surfte ich täglich, um in Familienforen Anregungen für meine Kurse zu finden. Bald aber musste ich feststellen, dass es dort hauptsächlich darum ging, einander mit scharf formulierten Antworten zu übertrumpfen. Bei Fragen wie ‹Darf ein Kind im Ehebett schlafen?› schlugen sich Befürworterinnen von Familienzimmern und Verfechterinnen von ‹ein Kind gehört in sein Bett› verbal regelrecht die Köpfe ein.
Da fragte ich mich: Wem bringt das eigentlich was? Sollte es im Internet nicht so etwas, wie ein virtuelles Sorgentelefon geben, das man in Notsituationen um Rat fragen kann ohne dafür beleidigt zu werden oder etwas zahlen zu müssen? Meine Recherchen zeigten – zu meinem grossen Erstaunen – dass es nichts in dieser Form gab. Also entschloss ich mich auf meiner Hompage selber ein solches Forum einzurichten, das ich selber moderiere, damit die Diskussionen nicht aus dem Ruder laufen. Der Anfang lief harzig und ich konnte mir mein selbst gestecktes Ziel, jede Frage innerhalb von drei Stunden zu beantworten, locker erfüllen. Heute ist das nicht mehr möglich. Auf eine Antwort muss man schon mal einen Tag warten. Da sich gewisse Fragen ständig wiederholten, beschloss ich Themen, wie ‹Trotzen›, ‹Durchschlafen› und ‹Nuggientwöhnung› auf Videofilmen abzuhandeln. Diese sind mittlerweile vor allem in Deutschland sehr gefragt und werden auf zahlreichen Familienportalen gezeigt. Eine Unternehmerin im klassischen Sinn bin ich nicht: Den Business-Plan habe ich ‹Handgelenk mal Pi› erstellt, als Büro dient mir mein Wohnzimmer und mein Arbeitsinstrument ist das Mac-Book. Arbeiten tu ich vor allem morgens, wenn meine Mädchen in der Schule sind oder abends, wenn sie bereits schlafen. Mit den Werbe-banner auf meiner Hompage verdiene ich etwas Geld – es könnte aber sicherlich mehr sein. Um mich jedoch um die kommerzielle Seite meines Business zu kümmern, fehlt mir die Zeit und auch das Interesse.»
Nicole Gutschalk
Das fragte sich Laima Tikusiene fast täglich als ihre Kinder noch klein waren. Heute verhilft sie mit ihrem Mahlzeitenlieferdienst www.laimadinner.ch gestressten Müttern zu inspirierter und gesunder Küche.
Selbst als ihre beiden Töchter noch klein waren und sie der Spagat zwischen ihrem Job im Forschungslabor und dem zu Hause phasenweise schier zerriss, hat sich Laima Tikusiene stets lustvoll hinter die Kochtöpfe gestellt. Allerdings vorwiegend an Wochenenden. «Unter der Woche hatte ich keine Zeit, um Riesenmenüs auf den Tisch zu zaubern. Und so habe ich samstags und sonntags jeweils Mahlzeiten vorgekocht, die ich dann an den Arbeitstagen nur noch aufwärmen konnte.» Genial, würde man meinen. Leider blieben bei dieser Art der Zubereitung aber oft die Vitamine auf der Strecke. «Ich habe damals unglaublich an Gewicht zugelegt und erst vor ein paar Jahren gemerkt, wie wichtig eine Ernährung mit frischen Produkten ist.» Nur eben: Welche arbeitstätige Mutter hat schon Zeit, über Wochenmärkte zu flanieren und eine gute Auswahl an Biogemüse, Früchten und Fleisch zusammenzustellen? Die wenigsten.
Hinzu kommt noch die Kochmüdigkeit: Fünf Abendmahlzeiten und durchschnittlich zwei Mittagsmenüs müssen wöchentlich auf dem Familientisch stehen – das führt selbst bei inspirierten Köchinnen wie Laima Tikusiene zu Ermüdungserscheinungen. Und so durchforstete sie eines Tages den Schweizer Markt nach Mahlzeitenlieferdiensten. Und entdeckte eine Marktlücke: Zwar gab es zahlreiche Dienste von Biobauern, die ein Wochenpaket mit gesunden Produkten nach Haus liefern – wie diese allerdings zu verarbeiten sind, bleibt dem Verbraucher überlassen. Das soll sich ändern, sagte sich die gebürtige Litauerin, und erstellte vor rund zwei Jahren einen Businessplan für einen Mahlzeitenlieferdienst, den Berufsfrauen heute lieben. Per Mausklick können hochwertige und frische Produkte bestellt werden, inklusive Rezeptvorschlägen für die ganze Woche. Rund fünfzigtausend Franken aus ihrem Privatvermögen hat sich Laima Tikusiene die Umsetzung ihrer Idee kosten lassen. Darin enthalten sind vor allem die Kosten für eine bedienerfreundliche Homepage, das Design, ihr Logo und Werbung.
Für ihren Lieferdienst www.laimadinner.ch spannt die Achtundvierzigjährige mit dem Biobauern Biofred aus der Region zusammen. Der Rest allerdings bleibt Familiensache: emeinsam mit ihren Töchtern ist sie für die unzähligen Menüvorschläge verantwortlich – es kommt höchstens dreimal jährlich vor, dass sich ein Rezept wiederholt. Ihr Mann kümmert sich um alles Administrative und die Vermarktung des Unternehmens. «Von Laimadinner kann ich wohl frühstens in drei Jahren leben», prognostiziert Laima Tikusiene und hofft dabei vor allem auf die Expansion in die Deutschschhweiz: Seit gut einem Monat profitieren nämlich nicht nur die Welschen von Laima Tikusienes Lieferservice, auch gestresste Berner Familien können sich seit kurzem beim Einkaufs- und Kochstress entlasten lassen. Und in den nächsten Monaten will Tikusiene auch nach Basel und Zürich liefern.
Nicole Gutschalk
«wir eltern» dankt Dario Matter für die Nutzung der Räumlichkeiten. www.derplatzhirsch.ch