Coronavirus
Besondere Gefahr für Schwangere und Babys?
Für Schwangere ist die Covid-19 Pandemie nicht vorbei. Was bedeutet der Erreger Covid-19 für Schwangere, Gebärende und Neugeborene? Wie soll sich eine Schwangere als Risikopatientin verhalten? Wann kann sie sich impfen lassen? Ist eine Ansteckung über Muttermilch möglich? Erkenntnisse und Empfehlungen.
Seit dem 31.3.22 um Mitternacht ist die «besondere Lage» aufgehoben, der Bundesrat hat die Rückkehr zur «normalen Lage» beschlossen und damit die Aufhebung sämtlicher Corona-Schutzmassnahmen.
Und trotzdem: Das Coronavirus zirkuliert weiterhin. Und: Der Erreger COVID-19 verunsichert Schwangere oder Eltern von Säuglingen. Bedeutet das Coronavirus für sie eine besondere Gefahr? Soll sich eine Schwangere gegen das Virus impfen lassen? Darf der Partner bei der Geburt im Spital dabei sein? Kann eine Frau, die mit dem Coronavirus infiziert ist, ihr Baby stillen? In diesem Artikel finden Sie Informationen zu folgenden Themen und Fragen:
- Corona: Schwangere als Risikopatientinnen
- Covid-19-Impfungen für Schwangere
- Verhaltensempfehlungen für Schwangere
- Schwangere Arbeitnehmerinnen in Coronazeiten
- Kann das Baby vorgeburtlich angesteckt werden?
- Geburt mit Coronavirus
- Ist das Coronavirus für Neugeborene gefährlich?
- Stillen trotz Coronavirus?
- Geburtsvorbereitung und Rückbildung in der Pandemie
Da die «besondere Lage» seit dem 1. April 2022 aufgehoben ist, sind nun die Kantone in der Pflicht. Sie können Schutzmassnahmen bestimmen, zum Beispiel in Gesundheitseinrichtungen. Die folgenden Informationen wurden zwischen März 2020 und März 2022 immer wieder überarbeitet und ergänzt.
Corona: Schwangere als Risikopatientinnen
Bis zum 5.8.20 galt folgender Grundsatz in der Schweiz: Für schwangere Frauen reichen die vorbeugenden Massnahmen aus, welche das Bundesamt für Gesundheit der Bevölkerung nahelegt. Diese Ansicht ist aber überholt: Am 5. August 2020 publizierte die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) eine neue Einschätzung der Lage. Neu gehören schwangere Frauen zur Risikogruppe und müssen vor einer Infektion geschützt werden.
Zu dieser Einschätzung kommt die SGGG aufgrund von neuen Studienergebnissen aus verschiedenen Ländern. Vor dem Hintergrund dieser neuen Literatur und «aus Vorsichtsgründen sind schwangere Frauen und ihre Feten im Falle einer Coronavirus-Epidemie durch Sars-CoV-2 als vulnerabel einzustufen», schreibt die SGGG im Expertenbrief vom 5.8.20. Bei Schwangeren könne demnach ein erhöhtes Risiko eines schweren Verlaufs im Falle
einer Covid-19-Erkrankung bestehen, insbesondere bei Übergewicht, Bluthochdruck und einem Alter > 35 Jahre.
Eine schwere Erkrankung könne ungünstige Auswirkungen auf den weiteren Schwangerschaftsverlauf haben, insbesondere besteht ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt. Schwangere müssten deshalb vor einer Infektion geschützt werden.
Am Thema wird weiter geforscht: Anfang November 2020 erschien eine amerikanische Studie, bei der die Krankheitsverläufe von über 400'000 Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren, darunter mehr als 23'000 Schwangere, verglichen wurden. Laut der Studie der US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC) kommt es bei Schwangeren häufiger zu schweren Verläufen und Todesfällen. Das Sterberisiko lag bei 1,5 auf 1000 Fälle. Bei Nichtschwangeren bei 1,2 auf 1000 Fälle. Schwangere wurden auch häufiger auf der Intensivstation behandelt oder beatmet. Trotzdem: bei den meisten Schwangeren verläuft eine Infektion mit Sars-CoV-2 asymptomatisch. Sascha Ellington, einer der Autoren der CDC-Studie, sagt: «Unabhängig von einer Schwangerschaft ist das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren sehr klein. Wir stellen aber ein erhöhtes Risiko verbunden mit einer Schwangerschaft fest.»
Gegenüber SRF sagte Daniel Surbek, Chefarzt der Frauenklinik am Inselspital Bern, dass die Frauen nun aber nicht Angst haben müssten. Selbst wenn eine schwangere Frau infiziert werde, gebe es sehr viele Krankheitsverläufe, die nicht schwer seien.
Ein Test auf eine Sars-CoV-2-Infektion wird bei Schwangeren durchgeführt, wenn sie typische Symptome einer Infektion zeigen. Wird eine schwangere Frau positiv auf Sars-CoV-2 getestet, wird sie während der verbleibenden Dauer der Schwangerschaft engmaschig betreut, etwa mit Ultraschalluntersuchungen im Abstand von vier Wochen. So können mögliche Komplikationen wie Wachstumsverzögerungen rasch erkannt werden.
Während der Lockdown-Zeit im Frühling 2020 war die Anwesenheit des Partners bei Ultraschall- und Schwangerschaftskontrollen in der Regel nicht möglich. Seit dem 11.6.20, so schreibt es die SGGG, ist die Anwesenheit des Partners / der Partnerin zu den Ultraschall- und Schwangerschaftskontrollen wieder möglich. Die Vorschriften können sich aber je nach Verbreitung des Virus in der Bevölkerung aber jederzeit ändern - erkundigen Sie sich direkt in Ihrer Praxis.
Covid-19-Impfungen für Schwangere
Seit dem 14.9.21 gilt in der Schweiz: Neu wird die Impfung mit den zugelassenen mRNA-Impfstoffen allen Schwangeren empfohlen, idealerweise ab dem 2. Trimester. Diese Empfehlung gilt gemäss Schweizerischer Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe unverändert auch nach dem Aufheben der «besonderen Lage» am 31.3.22.
Während den Monaten zuvor (seit Ende Mai 21) war die Impfung für Schwangere auf Wunsch und nach ausführlicher Beratung durch eine Gynäkologin möglich. Empfohlen war sie hingegen nur für Schwangere mit chronischen Erkrankungen, sowie für jene mit einem erhöhten Expositionsrisiko (z.B. Gesundheitspersonal).
Nun wird die Covid-19-Impfung allen Schwangeren empfohlen, wie die SGGG in einer Mitteilung schreibt. Zur Empfehlungsanpassung geführt haben die zunehmende internationale Datenlage der Impfung bei Schwangeren, die Einschätzung
verschiedener internationaler Expertengruppen und auch Empfehlungen der US-amerikanischen, englischen und deutschen Gesundheitsbehörden. Die Empfehlung wurde im Konsens mit dem BAG (Bundesamt für Gesundheitswesen), der EKIF (Eidgenössischen Kommission für Impffragen) mit Einbezug der SGGG festgelegt.
Neu braucht es für die Impfung keine schriftliche Einverständniserklärung der Schwangeren und keine ärztliche Verordnung mehr.
Idealer Zeitpunkt für die Impfung sei nach dem ersten Schwangerschaftsdrittel (ab der 13. Schwangerschaftswoche), schreibt die SGGG, da dann die embryonale/fetale Organbildung weitestgehend abgeschlossen sei. Es sei jedoch auf Wunsch der Schwangeren möglich, im ersten Schwangerschaftsdrittel zu impfen. Und sollte eine Impfung unwissentlich oder versehentlich im ersten Trimester erfolgt sein, sei dies kein Grund zur Beunruhigung.
Die mRNA-Impfungen können problemlos und ohne Einschränkungen auch in der Stillzeit verabreicht werden. Gemäss Mitteilung der SGGG vom 14.9.21 «wurde nachgewiesen, dass nach einer Impfung die Antikörper mit der Muttermilch zum Kind übergehen. Ob der Säugling damit einen gewissen Schutz vor einer COVID-19 Erkrankung hat, ist noch offen.»
In den USA sind bis Mai 2021 weit über 200'000 schwangere Frauen mit den mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19 geimpft worden. Hinweise auf unerwartete Nebenwirkungen auf Mutter und Kind gab es nicht. Die SGGG schreibt: «Ende
April 2021 wurde eine prospektive nicht-randomisierte Follow-up Registerstudie an über 35'000 geimpften Schwangeren publiziert (Shimabukuro et al., N Engl J Med, April 22, 2021), welche keine Hinweise auf direkte oder indirekte schädliche Wirkungen der Impfung in Bezug auf Schwangerschaft, embryonale/fötale Entwicklung, Geburt oder postnatale Entwicklung zeigt.» Seither sind weltweit tausende weitere Schwangere geimpft worden. Offenbar ebenfalls mit so guten Resultaten, dass die Impfung in der Schweiz nun empfohlen ist.
Übrigens: Gerüchte, wonach die Corona-Impfung Frauen unfruchtbar macht, haben keinen Wahrheitsgehalt. Lesen Sie hier die Einschätzung und die Empfehlungen von Gynäkologin Anja Wüest vom Inselspital Bern dazu.
Schwangere wurden nur schrittweise zur Impfung zugelassen. Rückblende: Am 25.1.21 wurde bekannt, dass das Bundesamt für Gesundheit seine Impfempfehlung angepasst hat. Waren die neuen Impfungen gegen das Coronavirus bislang für Schwangere nicht zugelassen, sollten sich neu Schwangere mit «hohem Zusatzrisiko», also chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht oder Diabetes gegen Covid-19 doch impfen lassen können. Doch auch bei den Schwangeren mit Vorerkrankungen sollten die Vor- und Nachteile vor dem Impfen abgewogen werden.
Am 14.4.21 wurde die Impfstrategie unter anderem in Bezug auf Schwangere angepasst: Wie die «Aargauer Zeitung» schrieb, wird eine generelle Impfung wegen fehlender Daten weiterhin nicht empfohlen. Der Kreis jener, die Zugang erhalten, werde aber ausgeweitet. Gemäss neuer Strategie können sich alle Schwangeren mit chronischen Krankheiten impfen lassen. Gegenüber der Zeitung sagte Christoph Berger, der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF), man wolle impfwilligen Schwangeren den Zugang breiter ermöglichen, «selbstverständlich nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung mit medizinischem Fachpersonal». Nach der Empfehlungsanpassung Ende Mai nun also die ausdrückliche Empfehlung der Impfung für alle Schwangeren.
Auch die Grippeimpfung wird übrigens Schwangeren generell empfohlen. Ungeimpfte Schwangere können ihre Gynäkologin oder ihren Gynäkologen auf die Grippeimpfung ansprechen.
Verhaltensempfehlungen für Schwangere
In einer Mitteilung vom 31.3.22 schreibt die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG): «Die COVID-19 Pandemie ist für schwangere Frauen noch nicht vorbei». Aufgrund der weiterhin hohen Ansteckungszahlen sei es wichtig, dass sich besonders gefährdete Personen, zu denen Schwangere gehören, weiterhin gut schützen.
Konkret empfiehlt die SGGG (Stand 31.3.22):
- Schutz mit Gesichtsmaske (idealerweise FFP 2 Maske) bei Kontakten im beruflichen und privaten Umfeld, zudem auch in öffentlichen Verkehrsmitteln.
- Gute Händehygiene mit regelmässigem Händewaschen und Desinfektion
- Nach Absprache mit dem Arbeitgeber wenn möglich Arbeit im Homeoffice, um die Kontakte am Arbeitsplatz zu reduzieren.
Zudem gelten die Impf-Empfehlungen für Schwangere weiterhin. Ebenso gilt die Empfehlung, bei Krankheitssymptomen umgehend einen Coronatest durchzuführen. «Bei positivem Test ist die Selbstisolation empfohlen und zudem sind Kontrollen der Schwangerschaft nach Absprache mit der behandelnden Gynäkologin, dem Gynäkologen oder der Hebamme zu empfehlen», schreibt die SGGG.
Schwangere Arbeitnehmerinnen in Coronazeiten
Der Bundesrat verlangt, dass Arbeitgeber Schwangeren als besonders gefährdeten Arbeitnehmerinnen ermöglichen, ihre Arbeitsverpflichtungen von zu Hause aus zu erfüllen. Ist dies nicht möglich, soll der Arbeitgeber eine gleichwertige Ersatzarbeit zuteilen, die von zu Hause aus erledigt werden kann. Ist die Präsenz der Arbeitnehmerin unabdingbar, müssen am Arbeitsplatz umfassende Schutzmassnahmen ergriffen werden. Gynäkologinnen und Gynäkologen, sowie behandelnde Ärztinnen und Ärzte spielen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung, ob die getroffenen Schutzmassnahmen wirksam sind. Kommt weder Homeoffice infrage, noch sind die möglichen Schutzmassnahmen umfassend genug, wird die Schwangere vom Arbeitgeber von ihrer Arbeitspflicht befreit, erhält aber weiterhin ihren Lohn. Diese Regelungen sind in der Änderung vom 13.1.2021 zur Covid-19-Verordnung 3 des Bundesrats festgehalten.
Kann das Baby vorgeburtlich angesteckt werden?
Das Coronavirus gehört zu einer Virusfamilie, bei der gemäss Experten nicht mit einer vorgeburtlichen Schädigung zu rechnen ist. Bis in den Sommer hinein ging man davon aus, dass das Virus im Mutterleib nicht auf das Kind übertragen werden kann, denn das Virus konnte weder im Fruchtwasser noch in der Plazenta nachgewiesen werden.
Dazu gibt es neue Erkenntnisse: Wie die wissenschaftliche Fachzeitschrift «Nature Communications» Mitte Juli 2020 berichtet, konnte das Virus bei einem Neugeborenen festgestellt werden. Gemäss «Aargauer Zeitung» vom 20.7.20 traten beim Säugling drei Tage nach der Geburt Symptome auf wie Verspannungen der Muskulatur im Rücken, Reizbarkeit, schlechtes Trinkverhalten und Spasmen der Nackenmuskulatur. Die Symptome hätten sich wieder zurückgebildet, zum Teil ohne ärztliche Behandlung. Eine Magnetresonanz-Untersuchung nach elf Tagen zeigte Vernarbungen im Gehirn.
Wie die Zeitung berichtet, erhielt das Baby keine Anti-Viren-Medikamente oder sonstige Behandlungen und konnte nach 18 Tagen aus dem Spital entlassen werden; zwei Monate später zeigten Untersuchungen nur noch leichte Schäden bei normalem Verhalten. Die Mutter war mit Covdid-Symptomen ins Spital gekommen und dort positiv getestet worden. Das Virus war offenbar über das Blut in die Plazenta gelangt und von dort in das ungeborene Kind. Das Virus konnte in der Plazenta nachgewiesen werden. Das Baby kam mit einer Sectio zur Welt.
Seither gibt es offenbar weitere publizierte Studienergebnisse, auf die sich die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe beruft. Die SGGG schreibt am 5.8.20, dass eine Plazenta-Infektion durch Sars-CoV-2 möglich ist, aber selten zu sein scheint. Neugeborene können Symptome des Virus zeigen. Die Mehrheit der Kinder, die kurz nach der Geburt positiv getestet wurden, wies aber eine günstige Entwicklung auf. Vieles ist aber weiter unklar. So heisst es im SGGG-Expertenbrief: «Die Auswirkungen des Virus auf Plazenta und Fetus sind nach
wie vor nicht hinreichend bekannt, insbesondere bei Infektionen im 1. und 2. Trimester der Schwangerschaft. Das Risiko eines Frühaborts oder einer fetalen Missbildung wurde bislang nicht untersucht.» Auf nationaler wie auf internationaler Ebene laufen derzeit Untersuchungen, um die Risiken für die Mutter und das Ungeborene besser zu definieren.
Gemäss einer weiteren Studie des amerikanischen CDC von Anfang November 2020 ist das Risiko einer perinatalen Infektion überschaubar. 610 Neugeborene wurden auf das Virus getestet, 16 waren infiziert (2,6 Prozent). Bei 14 dieser Kinder hatte sich die Mutter in den letzten zwei Wochen der Schwangerschaft infiziert.
Geburt mit Coronavirus
Könnte das Baby bei der Geburt mit dem Coronavirus angesteckt werden? Was ist bei der Geburt zu beachten, wenn die Schwangere positiv auf das Coronavirus getestst wurde?
Gemäss führenden Fachorganisationen aus Deutschland, vereint im German Board and College of Obstetrics and Gynecology, gibt es derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Schwangere nicht vaginal gebären kann oder dass ein Kaiserschnitt sicherer ist, selbst wenn eine Coronavirus-Infektion bei der Mutter vermutet oder bestätigt wurde.
Ein Kaiserschnitt kann empfohlen werden, wenn die Atemwegserkrankung der Schwangeren darauf hindeutet, dass eine dringende Entbindung erforderlich ist. Auch eine PDA ist für Frauen mit Verdacht auf oder mit bestätigter Coronavirus-Infektion möglich und durch die SGGG empfohlen, um in einer Notfallsituation eine Narkose vermeiden zu können.
Wo kann eine Schwangere mit Coronavirus gebären? Gemäss Empfehlungen der SGGG soll die Geburt in der Klinik stattfinden, wo sie von der Frau gewünscht wird, respektive wo sie geplant war. Das Spital sollte telefonisch über die Erkrankung informiert werden, damit das Vorgehen besprochen und entsprechende Massnahmen vorbereitet werden können.
Laut SGGG ist eine Sars-CoV-2 Infektion alleine kein Grund, die Frau an eine Zentrumsklinik zu überweisen, ausser wenn geburtshilflich-medizinische Gründe oder ein schwerer Verlauf der Covid-19-Erkrankung dies notwendig machen. Der
klinische Zustand einer symptomatischen Patientin könne sich unter der Geburt rasch verschlechtern, schreibt die SGGG. Und weiter: «Der Arzt oder die Ärztin und das Spital sollen telefonisch über die Erkrankung informiert werden, damit das Vorgehen besprochen und entsprechende Massnahmen ergriffen werden können (bei Symptomen oder positivem PCR-Test in den beiden vorausgehenden Wochen). Eine frühzeitige Information über die Diagnose ist wichtig.»
Strikte Schutzmassnahmen müssen eingehalten werden um das Neugeborene und das
Personal bei der Geburt vor einer Übertragung zu schützen. Insbesondere muss das
Neugeborene unmittelbar nach der Geburt vor einer Übertragung z.B. durch kontaminierte Schutzanzüge oder Handschuhe von Hebammen oder Ärztinnen geschützt werden. Bei der Geburt sind chirurgische Schutzmasken für das Personal empfohlen.
Darf der Partner in Corona-Zeiten bei der Geburt dabei sein? In der Schweiz erlaubten viele Kliniken selbst während der Lockdown-Zeit eine Begleitperson bei der Geburt, aber danach nicht auf der Wochenbettstation.
Sofern der Partner/die Partnerin keine Symptome einer Covid-19-Erkrankung zeigt, darf er/sie dabei sein, denn die Anwesenheit des Partners/der Partnerin bei der Geburt ist wichtig für die Unterstützung der Schwangeren. Ist die Gebärende mit Covid-19 infiziert, muss der Partner/die Partnerin eine Schutzausrüstung mitsamt Gesichtsmaske tragen und die Bestimmungen der Geburtsklinik befolgen.
Die Kliniken passen ihre Sicherheitsvorkehrungen laufend der aktuellen Corona-Situation an. Es lohnt sich deshalb, bei der gewählten Geburtsklinik anzufragen, oder auf der Klinik-Website zum Thema nachzulesen. Während Partner in der Schweiz während der Coronakrise noch nie grundsätzlich von Geburten ausgeschlossen waren, werden die Regeln je nach Fallzahlen angepasst. So kann es sein, dass der Partner erst ins Gebärzimmer zugelassen wird, wenn die Wehen einsetzen (auch bei einer eingeleiteten Geburt).
Auch die Regeln zu Besuchen auf der Wöchnerinnenstation ändern sich je nach Pandemie-Lage. So kann es sein, dass einzig der symptomfreie Partner/die Partnerin und symptomfreie Geschwisterkinder zu Besuch kommen dürfen. Oder eine beschränkte Anzahl von Besuchern pro Patientin und Tag sind zugelassen.
Was gestern galt, kann heute schon überholt sein: Informieren Sie sich auf der jeweiligen Spital-Website.
Ist das Coronavirus für Neugeborene gefährlich?
Nach den bisherigen Erfahrungen ist die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Verlauf und Todesgefahr bei Säuglingen, wie auch bei Kindern und gesunden Erwachsenen sehr gering. Diese Einschätzung gilt, auch nachdem das BAG Ende Mai 2020 darüber informiert hat, dass erstmals ein mit Covid-19 infiziertes Baby in der Schweiz gestorben ist. Wie die «Aargauer Zeitung» am 11.11.20 berichtet, bestätigen grosse Studien, dass das Coronavirus «keine ernsthafte Bedrohung für Neugeborene ist.» Zwar kommen Ansteckungen vor, doch sind schwere Fälle sehr selten.
Besteht bei der Mutter ein Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus oder hat ein Test dies bereits ergeben, wird auch das Baby auf das Virus getestet.
Sollte die Mutter eine bestätigte Coronavirus-Infektion haben, kann sie nach der Geburt bei ihrem Baby bleiben, wenn dieses nicht auf der Neugeborenenstation gepflegt werden muss. Eine generelle räumliche Trennung wird zurzeit weder von der WHO noch von der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie empfohlen.
Doch muss das Kind nach der Geburt bei Frauen mit Covid-19-Infektion von einer
Übertragung durch die Mutter geschützt werden. Die Massnahmen bespricht das Fachpersonal mit der Mutter. Generell empfiehlt die SGGG im Falle eines Rooming-in einen Abstand zwischen Mutter und Kind von 1,5 Metern, ausser während dem Stillen, um das Risiko der Ansteckung des Neugeborenen möglichst klein zu halten. Zudem sind eine strenge Handhygiene und das Tragen einer Schutzmaske durch die Mutter empfohlen. Nicht alle Spitäler handhaben dies aber gleich. In der «Aargauer Zeitung» vom 11.11.20 sagt Eric Giannoni, Leitender Arzt auf der Neonatologie am Lausanner Universitätsspital CHUV: «Die ersten Tage sind wichtig für die Mutter-Kind-Beziehung, da muss man das Risiko im Auge behalten und vernünftig sein.» Am CHUV müssen die infizierten Mütter Masken tragen. Das Kind zu berühren und zu streicheln ist laut «Aargauer Zeitung» nicht verboten.
Stillen trotz Coronavirus?
In der Fachzeitschrift «The Lancet» wurde am 21. Mai 2020 berichtet, dass der Erreger Sars-CoV-2 erstmals in der Muttermilch einer an Covid-19 erkrankten Frau nachgewiesen worden ist. Zwei Wöchnerinnen, die das Zimmer teilten, waren am Coronavirus erkrankt, ebenso ihre Säuglinge. Der Erreger konnte aber nur in der Milch der einen Frau nachgewiesen werden. Ob die Viren in der Muttermilch infektiös sind und sich das Baby über die Muttermilch infiziert hat, ist unklar.
Bislang lautete die Empfehlung der Gesundheitsorganisationen, dass ein Weiterstillen möglich ist, selbst wenn die Mutter mit COVID-19 infiziert ist oder als Kontaktperson einer infizierten Person gilt und damit selbst als Verdachtsfall eingestuft ist. Ob sich diese Empfehlung ändert, nachdem das Virus in der Muttermilch nachgewiesen werden konnte, bleibt abzuwarten.
Der German Board and College of Obstetrics and Gynecology hält Ende Mai 2020 fest: «Derzeit fehlen evidenzbasierte Hinweise dafür, dass das Virus über die Muttermilch übertragen werden kann. Berichtet wurde lediglich über einen Einzelfall, wo in der Muttermilch die RNA (Ribonukleinsäure) des Virus festgestellt wurde und das Kind an Covid-19 erkrankte. Unklar ist jedoch, durch welchen Übertragungsweg sich der Säugling infizierte. Daher wird davon ausgegangen, dass die anerkannten Vorteile des Stillens die potenziellen Risiken einer Übertragung des Coronavirus überwiegen.»
Am Coronavirus erkrankte Frauen sollten, um eine Übertragung auf ihr Kind zu vermeiden, vor dem Stillen ihre Hände gründlich waschen/desinfizieren, ihre Brüste waschen und einen geeigneten Mundschutz tragen. Beim allfälligen Abpumpen der Muttermilch sollten sie auf intensive Handhygiene achten und die Gefässe und Pump-Sets nach jedem Gebrauch sterilisieren. In diesem Artikel gehen wir vertieft darauf ein.
Update: Die Empfehlungen bezüglich Stillen und Covid-19 sind konstant: Auch im Spätherbst 2021 hält sich die Empfehlung, dass Frauen weiterstillen sollen, selbst wenn sie an Covid-19 erkrankt sind - und die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass auch das Kind betroffen ist.
Wie Rebecca Powell, Infektiologin und Assistenzprofessorin am Mount Sinai Hospital in New York, sagt: «Die Mutter sollte dennoch weiter stillen, da in der Milch selbst kein Virus enthalten ist und die Muttermilch viele immunstärkende Faktoren enthält. Diese tragen dazu bei, dass das Baby nicht schwer an Covid-19 erkrankt. Zudem beginnt die Mutter bereits nach drei Tagen, in ihrer Milch Antikörper gegen Covid-19 zu bilden, die dem Baby helfen können, die Infektion abzuwehren.» Das ganze Interview mit Rebecca Powell aus der «wir eltern»-Ausgabe Dezember 21/Januar 22, ist hier zu lesen.
Geburtsvorbereitung und Rückbildung in der Pandemie
Geburtsvorbereitungskurse, Schwangerschaftsyoga, Rückbildungskurse wie auch Hausbesuche finden je nach Corona-Lage statt oder sind von Lockdown-Schliessungen betroffen. Manche Hebammen bieten individuelle Geburtsvorbereitung per Telefon oder Skype an. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Hebamme oder beim Anbieter Ihres geplanten Geburtsvorbereitungskurses. Der Schweizerische Hebammenverband hat auf dieser Site Informationen bereitgestellt und zeigt in Videos Bewegungsübungen für während der Schwangerschaft und für nach der Geburt zu Hause.
Eine andere Möglichkeit, sich auf die bevorstehende Geburt und die Wochenbettzeit vorzubereiten, schafft der Film «Fit für die Geburt – Geburtsvorbereitung und Einstimmung auf die Elternschaft». Der Film ist ein Vorbereitungskurs für Paare in 6 Lektionen auf DVD mit einer Gesamtlänge von 172 Minuten. Die Lektionen beinhalten spezifische Körper- und Atemübungen, Informationen und authentische Erfahrungsberichte. Der Film wurde vom Verein Familien- und Frauengesundheit FFG in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachpersonen entwickelt. Unterstützung geniesst der Verein FFG auch vom Bund, den Kantonen, der Gesundheitsförderung Schweiz und weiteren Gesundheitsoganisationen. Informationen und Bestellungen: ffg-video.ch.
Auf der Plattform rundunendlichfit.ch gibt es seit Frühling 2020 online ein mehrwöchiges Schwangerschaftsprogramm, ein achtwöchiges Rückbildungs- und ein ebenfalls achtwöchiges Folgeprogramm «Fit im Alltag». Weitere Programme, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Müttern eingehen, werden laufend veröffentlicht. Die Kurseinheiten werden mehrmals wöchentlich aufgeschaltet. Zum Team gehören Yoga- und Pilatesinstruktorinnen, eine Hebamme, eine Ernährungsberaterin und Wirtschaftsinformatikerin Anna Tomaschett, die aus eigenem Bedürfnis heraus mit Sportwissenschaftlerin Stefanie Meyer die Plattform aufgebaut hat. Beim Schwangerschaftsprogramm sind die wöchentlichen Workouts ab der 13. Woche auf die persönliche Schwangerschaftswoche abgestimmt.
Schon kurz vor der Coronakrise hat sich Hebamme und Coach Stefanie Lindström auf individuelle Geburtsvorbereitungskurse online spezialisiert. Mehr Informationen hier.
Wenn sich das Wissen über das neue Coronavirus weiterentwickelt, können die Empfehlungen angepasst werden.
*Quellen, u.a.: sggg.ch, bag.admin.ch, stillen-institut.com, frauenaerzte-im-netz.de, aerzteblatt.de
Letztmals aktualisiert am: 01.04.2022*