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Grazie Nonna!
Von Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann
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istockphoto
Ich nannte sie Nonna. Bis ich selber Kinder hatte, die ihre eigene Grossmutter so nannten. Damit es kein Durcheinander gäbe, nannten wir die Urgrossmutter dann alle Nunnì, auch weil sie so klein war. Leider hatte ich nie das Glück, Nunnì für längere Zeit bei uns zu haben, schliesslich wohnte sie in Italien. Aber wenn ich bei ihr war, dann wusste ich, dass ich der Mittelpunkt ihres Universums war. Als Einzelkind könnte man meinen, ich sei mir nichts anderes gewohnt, war aber nicht so. Meine Eltern waren – wie alle Eltern – nicht so auf mich konzentriert, wie das eben meine Nonna war. Als Kind war das ein wunderbares Gefühl!
Sie kochte, hütete, erzählte Geschichten, nähte mir meine zerissenen Samantha-Fox-Jeans (obwohl das natürlich überhaupt nicht gefragt war) und liess mich fern sehen, was ich wollte und solange ich wollte. Eine typisch italienische Nonna halt. Sie ist nie mit mir ins Theater oder in den Zoo. Sie hat auch nie mit mir gebastelt oder gebacken, einen Spielplatz hat sie kaum je von nahe gesehen. Dennoch war sie genau die Nonna, die ich als Kind brauchte. Sie war da. Für mich.
Meine Mutter ist unseren Kindern ziemlich dieselbe Art von Nonna. Hauptsache, sie hat was Schönes für sie zu essen gekocht und die Kids sind warm angezogen. Viel mehr braucht es nicht, meint sie. Meine ich auch. Die Kinder danken es ihr mit einer ungezwungenen Liebe.
" title="Weshalb ich umso schockierter war, als ich in der annabelle.ch von überforderten Grossmüttern lese, die bald ein Enkel-Burnout haben.">Weshalb ich umso schockierter war, als ich auf annabelle.ch von überforderten Grossmüttern lese, die bald ein Enkel-Burnout haben. Weil sie zu oft hüten müssen/dürfen. Weil sie sich zuviel Gedanken machen, ob sie genug für die Enkel tun. Ob sie ihnen genug Programm bieten, Kinderzoo, Schwimmbad, Kino... Diese meist noch jungen Rentner geben ihre Freiheit her, um den Nachwuchs des Nachwuches zu babysitten.
Ohne sie ginge es für viele Familien auch gar nicht, keine Frage. Krippenplätze und Tagesstrukturen sind teuer und spärlich. Doch brauchen Kinder von ihren Grosseltern überhaupt ein Programm? Reicht es nicht, wenn sie einfach da sind, während die Kids untereinander spielen? Nasen und Fudis putzen, Mittagessen kochen und trösten? Lohnt es sich wirklich, sich so zu stressen, um eine gute Grossmutter zu sein?
Ich glaube nicht und die Tatsache, dass ich meine Nonna fünf Jahre nach ihrem Tod immer noch vermisse, gibt mir wohl recht. Eine gute Nonna ist eine Nonna, die sich kümmert. Ganz natürlich. Das reicht vollkommen. Ich bin froh, hat meine Nonna ihre Art weitervererbt. Deshalb an dieser Stelle: Grazie Mamma!
Nathalie Sassine-Hauptmann (1973) gehört zu den Müttern, die ihr schlechtes Gewissen wie ein Baby mit sich rumtragen. Dennoch würde sie ihren Beruf nie aufgeben. Mit ihrem Buch «Rabenmutter - die ganze Wahrheit über das Mutterwerden und Muttersein» spricht sie vielen berufstätigen Müttern aus der Seele. Denn als Unternehmerin weiss sie, dass ihre Kinder sie zwar glücklich machen, aber erst ihr Job ihr den Ausgleich garantiert, den sie braucht. Sie führt sowohl ihr Familienleben als auch ihre Firma mit viel Leidenschaft und macht sich in diesem Blog Gedanken zur Vereinbarkeit von beidem. Und sie hat keine Angst davor, sich eine Feministin zu schimpfen. Alle Blog-Beiträge von Nathalie Sassine-Hauptmann finden Sie hier.