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«... aber das sagt man nicht»
Ich denk nichts Böses. Schliesslich hat Lio grad gesagt, er müsse Pipi. Das war bis jetzt nicht selbstverständlich. Er hat sein Geschäft noch in die Windeln erledigt. Gutes Zureden hat bislang nichts genützt. Vergangenheit, denk ich und lächle. Das Windeln wechseln inklusive sauber putzen macht mir zwar nichts aus, aber angenehmer ist schon, wenn er das jetzt selber kann.
«Ich muss Pipi», sagt er also. Und nichts wie ins WC, da steht schon länger ein Hafen bereit. Und endlich wird er auch benutzt. Klappt ja ganz vorzüglich. Im Nu ist er voll. Na das gibt ein dickes Lob von mir und einen Tierkleber, wie es schon lange versprochen war.
Also zurück an den Tisch und weiter gespielt. Er war ja schliesslich schön im Spiel versunken, bevor ihn die Notdurft rief. Das macht er jetzt auch wieder, während mich der kleine Enyo ruft. Der trägt noch Windeln - und die sind voll. Also doch wickeln, einfach den andern. Problemlos.
Dann wieder an den Tisch zum Grossen, den Kleinen auf dem Arm. Der spielt ja schön, denk ich und lächle… Aber halt, irgendwas stimmt da nicht, der ist so ruhig. Und ja wie ich seine Hose seh: da ist was drin. Jetzt den Kleinen wieder in sein Bettchen legen, ihn mit Rasseln, Hängespielzeug etc. beschäftigen und mit dem Grossen ab ins Bad.
Oho. Was da drin ist, in der Hose. Nicht schön anzuschauen. Ich stell ihn gleich in die Dusche und zieh ihn aus. Na immerhin: Er duscht gern und ist jeweils stolz, wenn er seinen eigenen Bademantel anziehen kann. Und schon hat sich die Sache wieder beruhigt - abgesehen vom Kleiderhaufen, den wohl auch die Waschmaschine nicht mehr sauber bringt.
Denn was da in der Hose war, war Durchfall pur. Und das lehrt den Opi:
Windeln entwöhnen in Kombination mit Durchfall, das geht definitiv in die Hosen.
Ein paar Tage später dann wieder: «Ich muss Pipi.» Ich frag ihn, ob er nicht auch gleich was Festeres loswerden möchte. «Nein», sagt er bestimmt und zieht seine Hosen hoch. Dann eine Viertelstunde später ist er komisch ruhig. Ich schau ihn an und er sagt kleinlaut, dass er jetzt eben doch… Zum Glück sehr dick und nicht mehr so dünnflüssig. Ich heb ihn auf den Wickeltisch und beginne, ihn auszuziehen und zu säubern.
«Gell, das ist Scheisse», sagt er plötzlich, «aber das sagt man nicht.» Wie schnell der Kleine doch begriffen hat, dass wir Menschen in beschissenen Situationen zur Beschönigung neigen.
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Martin Moser (1959), Produktionschef Tageszeitungen der AZ Medien, ist seit 30 Jahren verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern. Er hat zwei Enkel (Lionel, 2011, und Enyo, 2014) und legt auch mal einen Opi-Tag ein. Bloggt für «wir eltern» über Opi-Kinder-Enkel-Erlebnisse und -Beziehungen und kramt auch mal in seinen eigenen Erinnerungen.