Allergien
Bauerndreck ist gesund
Jeder fünfte Mensch leidet in den Industrienationen unter einer Allergie, Asthma oder Neurodermitis, bei den Kindern sogar jedes dritte. Allein zwischen 1985 und 2000 hat sich die Zahl der wichtigsten Allergien verdoppelt. Und mit schuld daran ist: die Sauberkeit.
Unter dem Stichwort «Hygienehypothese» untersuchen jetzt Wissenschaftler jenes Phänomen, dass Überreaktionen des Immunsystems ziemlich exakt in dem Masse zunehmen, wie der Sauberkeits-Standard steigt. Und tatsächlich kann man nachweisen, dass Bauernhofkinder, die in einer nicht allzeit «porentief reinen» Umgebung aufwachsen, deutlich seltener unter Allergien und Asthma leiden.
Frische Milch und Tiere verhindern Allergien
Ein Grund dafür ist die Ernährung: Kinder, die ab dem ersten Lebensjahr frische Milch direkt vom Bauernhof getrunken haben, erkrankten im Schulalter seltener an Asthma und Heuschnupfen. Und je häufiger ein Kind mit Nutztieren zusammenkam, und je häufiger es sich in einem Stall aufhielt, desto grösser der Schutz davor, dass ein übereifriges Immunsystem mangels echter Feinde auf völlig harmlose Stoffe wie etwa Pollen aggressiv reagiert.
Vorstellen kann man sich das Immunsystem wie einen Muskel – nur durch Training wird er stark. Und je früher dieses Training einsetzt, desto besser. Schon das Ungeborene, das sich mit der Bäuerin im Stall aufhält, betreibt Immunsystem- Fitness, so die Wissenschaftler.
Kein Unterschied zwischen Dorf und Stadt
Ländliches Leben mit guter Luft, Feld, Wald und Wiese allein reicht dagegen nicht, hat man in einer Vergleichsstudie in Bayern herausgefunden. Kinder, die dörflich, aber ohne Vieh aufwachsen, mögen es schön haben, ihr Immunsystem ist aber nicht robuster als das von Stadtkindern.
Entscheidend ist also offenbar der Kuh- und Kalb-, Stroh- und Schweineborsten-Schmutz. Mäuse jedenfalls, die im Dienste der Wissenschaft künstlich mit dem Stallstaub beblasen wurden, reagierten mit einem deutlich gestärkten Immunsystem. Eine Schmutz-Impfung wäre also theoretisch irgendwann denkbar.
Auch Geschwister und Kinderkrippen stärken das Immunsystem
Erwiesen ist gleichfalls, dass Kinder mit älteren Geschwistern, die mit schöner Regelmässigkeit Grippe- und Schnupfenviren mit nach Hause schleppen, seltener Allergien als Erstgeborene entwickeln. Auch Krippenkinder – zumindest wenn sie schon im ersten Lebensjahr die Krippe besuchten – zeigen sich später als resistenter, wahrscheinlich, weil sie schon im frühen Alter mehr Infektionskrankheiten durchmachen und entsprechende Antikörper bilden.
Einzig für Kinder, die in Sachen Allergien genetisch vorbelastet sind, deren Eltern also etwa schon beim ersten blühenden Baum anfangen zu niesen, gilt das nicht. Hier ist es nach ärztlicher Meinung besser, den Kontakt zu Haustieren zu meiden.