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(K)ein Preis für Spitzenväter
Als mein Achtjähriger letzten Freitag aus der Schule kam, erzählte er mir wie immer seine Neuigkeiten und ich ihm meine. Unter anderem hatte ich gelesen, dass zwei Männer den jährlichen, mit 5000 € dotierten Preis des Spitzenvaters gewonnen hätten. Reaktion von meinem Grossen: Kopfschütteln. Unverständnis. Was soll das?!
Ja genau: Was soll das? Ein deutscher Backwarenhersteller zeichnet seit einigen Jahren in Zusammenarbeit mit dem Familienministerium Väter aus, denen es gelingt, mit ihrer Partnerin eine moderne, gleichberechtigte Beziehung in Verantwortung für Kinder zu leben, anstatt sich auf Kosten der Frauen zu profilieren.
Es sollen diejenigen Väter sichtbar gemacht und gewürdigt werden, die dort ihren Pflichten nachkommen, wo andere sich verdrücken und meinen, sich qua Geschlecht nicht die Hände an Windeln schmutzig machen und die im Job stresserprobten Nerven nicht für Kinderbetreuung einsetzen zu müssen. Damit andere Männer begreifen, dass dieses Verhalten nicht nur toleriert, sondern anerkannt wird. Das Problem ist nur, dass ein solcher Preis, obschon er gut gemeint sein mag, trotzdem keine wirklich gute Idee ist. So zeichnet sich ein preiswürdiger Spitzenvater unter anderem dadurch aus, «dass er Aufgaben übernimmt, die üblicherweise von Hausfrauen erledigt werden, sich mit Hautcremes auskennt und um die Stärken des sogenannten schwachen Geschlechts weiss».
Ahja. Wo bleiben dann die Preise für die Hausfrauen, die all diese Aufgaben übernehmen? Für die berufstätigen Mütter, die zusätzlich zum Job «das bisschen» Haushalt schmeissen? Wieso werden Männer extra dafür gefeiert, dass sie ihren Teil zur Familienarbeit leisten? Gut, man könnte wie der Kollege von der Süddeutschen einwenden, dass es zur Förderung von Frauen auch jede Menge Extrapreise gibt. Aber es ist nicht das Gleiche, ob man sich in einem männerdominierten Berufssegment gegen massive Widerstände durchsetzt oder ob man «auch grosse Teile der Hausarbeit erledigt». Zudem existieren diese Extrapreise, um einem massiven Übergewicht in der Preisvergabe an Männer entgegenzuwirken. Welche nicht vorhandene Unzahl an Preisen für Spitzenmütter soll der Spitzenvater-Preis denn bitteschön ausgleichen?
Darüber hinaus wirkt es ziemlich herablassend, Väter als leuchtende Beispiele in einem angenommenen Meer grösstmöglicher Inkompetenz
dafür abzufeiern «nicht den strengen Patriarchen raushängen zu lassen» und «sich fürsorglich zu kümmern». Man will nicht für Dinge gelobt werden, die selbstverständlich sein sollten. Wenn ich meinem Achtjährigen sage, wie toll er schon seinen Kopf halten kann, kommt er sich zu Recht verarscht vor.
Und das kann nicht Sinn und Zweck der Sache sein.
Nils Pickert (1979), geboren in Ostberlin, nach dem Mauerfall mit einer waschechten Kreuzbergerin angebändelt. Gegenwärtig 4 Kinder: Emma (12), Emil (10), Theo (2½) und Maja (bald 1). Arbeitet als freier Journalist für diverse Medien und als Weltverbesserer bei dem Verein Pinkstinks, der sich unter anderem gegen Sexismus in der Werbung engagiert. Wurde von der «Weltwoche» mal als «maximal emanzipierter Mann» beleidigt, findet aber, dass ihm der Titel steht. Bloggt für «wir eltern» über Alltag mit Kindern, gleichberechtigtes Familienleben, neue Väter, Elternbeziehungen, Erziehungswahnsinn. Alle Blogg-Beiträge von Nils Pickert finden Sie hier.