Wenn die ersten Zähne wachsen
Zeigt her eure Zähne
Schimmert das erste weisse Spitzchen durchs Zahnfleisch, ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung eines Kindes erreicht. Oft haben sich die Eltern in den Tagen oder Wochen davor gefragt, warum das Kind so weinerlich ist. Zahnt es vielleicht? Hat sich das erste Zähnchen schliesslich den Weg ins Freie gebahnt, sind Erleichterung und Freude deshalb gross.
Schluss mit dem zahnlosen Lächeln ist im Normalfall zwischen dem 5. und 8. Lebensmonat. Der erste Zahn kann aber auch erst mit 12 Monaten durchbrechen. Ganz selten kommt es vor, dass ein Säugling bereits mit Zähnen zur Welt kommt. In der Regel sind es die unteren und etwas später die oberen Schneidezähne, die zuerst kommen. Danach variiert die Reihenfolge: Am häufigsten folgen die vorderen Backenzähne, darauf die Eck- und schliesslich die hinteren Backenzähne. Mit zwei bis drei Jahren ist das aus 20 Zähnen bestehende Milchgebiss komplett.
Nicht jedes Baby leidet, wenn die ersten Zähne sich ankündigen. Es gibt Kinder, bei denen die Eltern ganz überrascht und eher zufällig das erste Spitzchen im Mund entdecken. Andere Kinder dagegen sind weinerlich, haben vermehrten Speichelfluss, gerötete Wangen, geschwollenes Zahnfleisch oder kauen auf allen möglichen Gegenständen herum.
Zahndurchbruch in Etappen
Diese Unterschiede haben mit dem Prozess des Zahnwachstums zu tun. «Der neue Zahn muss zuerst die Knochenhaut des Kieferknochens durchbrechen», sagt Peter Minnig, Abteilungsleiter der Schulzahnklinik Basel. «Dabei reisst die Knochenhaut.» Weil dieser Prozess in Etappen abläuft, kann es ganz schnell gehen, bis die Knochenhaut passiert ist. Oder der Zahn bleibt eine Zeit lang an der gleichen – schmerzhaften – Stelle stehen, was längeres Leiden verursacht. Auch tut nicht jeder Durchbruch gleich weh. Backenzähne mit ihrer breiten Kaufläche können zum Beispiel ungleich mehr schmerzen als Frontzähne.
Hat das Baby starke Schmerzen, verschaffen gekühlte Beissringe oder andere Gegenstände, auf denen der kleine Patient herumbeissen kann, Erleichterung. «Auch zuckerfreie, anästhesierende Gels oder ein Schmerzzäpfchen können bei starken Be schwerden Linderung bringen», so Minnig, «diese sollten aber stets in Absprache mit der Kinderärztin oder dem Kinderarzt gegeben werden.» Viele Eltern schwören auf Bernsteinkettchen. Ob diese nützen oder nicht, darüber scheiden sich die Geister. «Der Effekt ist vielleicht eher psychologischer Natur», so Minnig. Zumindest für die Eltern.
Schon der kleinste Zahn will geputzt sein
Mit dem ersten Zahn beginnt die Pflicht des Zähneputzens. Schon das kleine Milchzahnspitzchen will ab sofort sauber gereinigt sein, denn als Platzhalter für die bleibenden Zähne haben die Milchzähne eine wichtige Funktion. Zudem kann Karies im Milchgebiss später auch die bleibenden Zähne in Mitleidenschaft ziehen. Im ersten Lebensjahr reicht es, einmal täglich zu putzen, im zweiten zweimal und ab dem dritten dreimal. Dazu empfehlen die meisten Zahnärzte eine erbsengrosse Menge fluoridhaltiger Kinderzahnpasta (siehe Box).
Ratsam ist es, aus dem Zähneputzen ein kleines Ritual zu machen, damit es zum festen Bestandteil im Alltag wird. Auch wenn die Kleinen gern selber mit der Bürste hantieren, ist elterliches Nachputzen unerlässlich – mindestens bis zum Alter von etwa acht Jahren. Mit dem Selbstständigerwerden wird Zähneputzen für die Nerven der Eltern und Kinder oft zur Zerreissprobe. Erfindergeist ist nun gefragt. Gerade Zwei- bis Dreijährige tolerieren die Bürste oft besser, wenn sie erfahren, dass freche Zahntierchen in ihrem Mund weggeputzt werden müssen.
Denn: «Zähneputzen weglassen ist keine Option», sagt Claudia Saxer, Kinderzahnärztin am Zahnzentrum Zürich-Nord. Auch dann nicht, wenn darauf geachtet wird, dass die Kleinen keinen raffinierten Zucker essen. Selbst brauner Zucker, Fruchtzucker und Muttermilch können Karies verursachen. Allerdings: «Nicht die Zuckermenge, sondern die Häufigkeit, mit der Zucker konsumiert wird, ist entscheidend», sagt Saxer.
Häufiges Naschen ist Gift
Nuckelt das Baby zum Beispiel dauernd an der Flasche mit Fruchtsaft oder anderen zuckerhaltigen Getränken, ist das Gift für die Zähne. Schlimmer, als wenn nur einmal ein süsses Biscuit gegessen wird. Denn immer, wenn etwas Zuckerhaltiges konsumiert wird, entsteht durch Bakterien im Mund eine Säure, die den Zahnschmelz angreift. Der Speichel kann diese Säure neutralisieren und den Zahnschmelz wieder reparieren, sofern ihm genügend Zeit gelassen wird.
Wird häufig Zucker konsumiert, werden die Zähne konstant mit Säure umschwemmt. Der Speichel ist damit überfordert und kann seine Funktion nicht mehr wahrnehmen. «Eltern sollten nicht vergessen, dass auch Früchte und viele andere Nahrungsmittel Zucker enthalten, bei denen man es kaum vermuten würde», so die Zahnärztin. Um die Übertragung von Bakterien aus dem eigenen Mund zu verhindern, sollten Mama und Papa übrigens nie den Nuggi oder den Löffel ablecken, mit dem das Baby gefüttert wird. Bei vielen Zahnärzten verpönt ist nächtliches Stillen oder Schoppengeben.
Peter Minnig lässt Eltern immerhin teilweise aufatmen. «Sofern die Kinder nachts nicht Dauernuckeln, ist das vertretbar.» Und wann müssen die Kleinen zum ersten Mal zum Zahnarzt ? Haben sich schon Beläge gebildet, also sogenannte Plaque, empfiehlt sich de erste Besuch mit etwa 18 Monaten oder wenn der erste Backenzahn kommt. «Zu diesem frühen Zeitpunkt kann das Steuer notfalls noch herumgerissen werden», so Kinderzahnärztin Saxer.
FLUORID ODER NICHT?
Fluorid macht den Zahnschmelz säureresistenter und remineralisiert die Stellen, an denen Karies beginnt. Deshalb empfehlen die meisten Zahnärzte bereits für die Milchzähne eine fluoridhaltige Zahnpasta. Diese sollte 250 ppm («parts per million») Fluorid enthalten, das entspricht 0,025 Prozent. Eine erbsengrosse Menge Zahnpasta genügt. Kinder ab 6 Jahren können die Zahnpasta für Erwachsene benutzen, die je nach Produkt rund 1400 ppm (0,14 Prozent) Fluorid enthält. Da viele Babys und Kleinkinder einen Grossteil der Zahnpasta schlucken, befürchten manche Eltern, ihr Kind könnte zu viel Fluorid einnehmen. Eine zu hohe Dosis kann zu Vergiftungen und Störungen im Zahn- und Knochenaufbau führen. Harmlose, aber un schöne Folge davon: Flecken im Zahnschmelz. «Bis es gefährlich würde, müsste ein Kind mehrere Tuben Zahnpasta essen, die Dosierung müsste also recht hoch sein», sagt Kinderzahnärztin Claudia Saxer. «Der Nutzen von Fluorid ist so gross, dass nicht darauf verzichtet werden sollte.»
ZAHNSTEIN IM BABYGEBISS
Zahnreinigung im Babyalter ist schwierig. Doch wird es bei den meisten von Monat zu Monat besser. Auch bei Babys kann sich schon Zahnstein bilden, der mit normalem Putzen nicht weggeht. Damit Zahnstein entfernt werden kann, müssen Kinder etwa 3- oder 4-jährig ist. Dann können Eltern die Kinder mitnehmen, wenn Sie einen Termin bei der Dentalhygiene haben. Wenn das Kind kooperiert, kann die Dentalhygienikerin oder der Dentalhygieniker ihm den Zahnstein entfernen.
Linktipp