Wechselwirkungen zwischen Medikamenten sind relativ häufig. Vor allem die Antibabypille verträgt sich nicht mit jedem anderen Mittel. Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Patientin H. nimmt seit Jahren die Pille und seit einigen Monaten ein pflanzliches Medikament gegen Depressionen. Seither hat sie regelmässig Zwischenblutungen. Schliesslich deckt ihr Hausarzt den Zusammenhang auf und verschreibt ihr ein anderes Präparat, welches sich mit ihrem Verhütungsmittel verträgt. Passiert ist in diesem Fall nichts weiter, doch die Frau hätte theoretisch schwanger werden können, weil ihr Antidepressivum die Wirkung der Pille abschwächt. Auch bestimmte Antibiotika, Abführmittel oder Migränemedikamente gelten als potentielle Störenfriede der Antibabypille.
Hemmen, verstärken, verzögern
Zwischen Medikamenten sind mehrere Tausend Wechselwirkungen bekannt. Auf deren Konto gehen hierzulande jährlich schätzungsweise 15 000 Spitaleintritte, zahlreiche Fälle verlaufen glimpflicher. Dass Interaktionen dahinter stecken, wird oft gar nie bemerkt. Neben der Pille sind häufig auch Schmerzmittel oder Schlafmittel für die Wechselwirkungen zwischen den Arzneimitteln verantwortlich (z.B. mit Blutverdünnern oder Antidepressiva). Dabei sind verschiedene Arten von Wirkungsweisen möglich: Medikamente können einander entweder hemmen, verstärken oder auch verzögern. Zudem kann eine Arznei die Nebenwirkungen einer anderen verstärken. Interaktionen treten ausserdem nicht unbedingt nur bei gleichzeitiger Einnahme auf. Es kann auch sein, dass dazwischen Stunden oder Tage liegen, weil gewisse Präparate ihre Wirkung erst nach einiger Zeit entfalten. Und nicht jede Person reagiert auf interagierende Arzneien gleich.
Je mehr Medikamente jemand nehmen muss, desto höher ist das Risiko, dass es zu Wechselwirkungen kommt. Dementsprechend sind ältere und kranke Personen besonders häufig betroffen. Aber nicht nur: Auch wer scheinbar harmlose Arzneien oder sogar Lebensmittel einnimmt, kann ungewollte Interaktionen riskieren. Häufigste Beispiele dafür sind Johanniskraut und Grapefruit. Konzentriertes Johanniskraut etwa ist in Form von Dragées erhältlich und kann den Effekt der Pille herabsetzen. Grapefruit hingegen verstärkt bei manchen Medikamenten die Wirkung, etwa bei Blutdrucksenkern, Antiallergika oder Schlafmitteln. Aber auch alltägliche Produkte wie Milch oder Kaffee werden manchmal zum Störfaktor: Milchprodukte (Milch, Käse, Joghurt etc.) können die Wirkung bestimmter Antibiotika sowie von Osteoporosemedikamenten abschwächen, und Koffein kann mit Asthmamitteln zusammen Herzrasen auslösen.
Tipps für die Medikamenteneinnahme
Beim Hausarzt und in der Apotheke offen über Medikamente reden, bei Unsicherheiten Fragen stellen
Arzneimittel gemäss Anweisung anwenden.
Tabletten grundsätzlich mit Wasser einnehmen (und nicht mit Fruchtsaft, Milch, Tee, Kaffee oder Alkohol)
Im Zweifelsfall rückfragen
Muss man nun bei jeder Pille oder Tablette den Beipackzettel mit der Lupe studieren und den Arzt oder Apotheker fragen, was wie eingenommen werden darf? Stephan Krähenbühl, Chefarzt der Abteilung klinische Pharmakologie und Toxikologie am Universitätsspital Basel, relativiert: «Gravierende Interaktionen durch pflanzliche Arzneien und Lebensmittel sind – abgesehen von Johanniskraut und Grapefruit – selten. Zudem darf man erwarten, dass Ärzte oder Apotheker, die solche Mittel verschreiben oder abgeben, über mögliche Wechselwirkungen informieren.» Kaum problematisch sei es auch, wenn Eltern ihren Kindern zusätzlich zu ärztlich verschriebenen Medikamenten pflanzliche Mittel verabreichen. Krähenbühl: «Zu gravierenden Wechselwirkungen kommt es bei Kindern selten, nicht zuletzt daher, weil diese vergleichsweise wenig Medikamente nehmen müssen. Trotzdem kann im Zweifelsfall eine Rückfrage beim Arzt oder Apotheker nicht schaden.»