Neues Urheberrecht
Vorsicht beim Posten von Fotos im Internet
Das neue Urheberrechtsgesetz verbietet seit April 2020 das Kopieren und Weiterverbreiten fremder Bilder auf Social Media und im Internet. Das müssen Sie dazu wissen.
Darf man Fotos vom Kindergeburtstag ins Internet stellen? Ein Ferienfoto mit fremden Menschen im Hintergrund öffentlich posten? Diese und andere Situationen regelt das neue Urheberrechtsgesetz, das am 1. April 2020 in Kraft getreten ist. Seither kann es richtig teuer werden, wenn man sich auf Social Media oder generell im Netz Fotos anderer bedient, diese verbreitet oder postet. Was ist neu, was weiterhin erlaubt? Martin Steiger, Anwalt für Recht im digitalen Raum, hat uns folgende Fragen beantwortet:
Herr Steiger, darf ich Fotos...
...von meinem Kind öffentlich posten?
Martin Steiger: Es ist nicht verboten, Fotos vom eigenen Kind zu veröffentlichen oder weiterzugeben. Solange Kinder nicht urteilsfähig sind, entscheiden Eltern. Man geht davon aus, dass Kinder etwa ab zwölf Jahren mitbestimmen können. Jedoch haben Kinder seit jeher ein Recht am eigenen Bild. Es ist die Aufgabe der Eltern, die Persönlichkeit und die Privatsphäre ihrer Kinder zu schützen. Im Zweifelsfall sollten Eltern auf die Veröffentlichung und Weitergabe verzichten.
...gegen den Willen meines Kindes publik machen?
Ich rate davon ab, ein Foto gegen den ausdrücklichen Willen eines Kindes zu veröffentlichen, unabhängig vom Alter.
...unserer Gartenparty mit Freunden ins Netz stellen?
Ja, sofern Sie davon ausgehen können, dass Ihre Freunde damit einverstanden sind. Es hilft, wenn nur wohlwollende Bilder veröffentlicht werden. Im Zweifelsfall sollten Sie Ihre Freunde vor der Veröffentlichung um ihre Einwilligung bitten.
...vom Kindergeburtstag mit den Freunden meines Kindes posten?
Ja, sofern alle anderen Eltern damit einverstanden sind. Zuerst mit dem Fotografieren, dann mit der Veröffentlichung von ausgewählten Fotos.
...von den Ferien mit fremden Menschen im Hintergrund veröffentlichen?
Nein. Bei digitalen Bildern gibt es kein sogenanntes Beiwerk mehr. Menschen, die nicht im Vordergrund stehen, müssen eine ungewollte Veröffentlichung nicht mehr akzeptieren. Theoretisch könnten sie dagegen vorgehen. In der Praxis führen solche Bilder aber normalerweise nicht zu rechtlichen Problemen, weil sich die betroffenen Personen am Bild nicht stören, sofern sie es überhaupt zu sehen bekommen.
...aus dem Netz oder aus Social-Media-Accounts, die nicht ich gemacht habe, kopieren und weiterverbreiten?
Nein. Sie sollten die Rechte am Bild abklären, zum Beispiel direkt beim Fotografen. Viele Fotos werden zur freien Verwendung veröffentlicht. Auf Nummer sicher gehen Sie beim Urheberrecht mit der Teilen-Funktion.
Wie erkenne ich, ob ein Foto zur freien Verwendung steht oder ob es urheberrechtlich geschützt ist?
Dafür müssen Sie nach entsprechenden Hinweisen suchen. Ein solcher Hinweis ist die Verwendung der sogenannten cc0-Lizenz oder das Stichwort Public Domain. Vorsicht, nicht jede freie Lizenz erlaubt eine vollständig freie Verwendung!
Beliebt in Social Media sind Bilder mit «philosophischen» Sprüchen. Darf ich ein solches Bild kopieren und posten?
Auch hier gilt: Dafür sollten Sie die «Teilen»-Funktion nutzen. Ansonsten riskieren Sie, ein Bild zu kopieren und zu veröffentlichen, ohne dazu berechtigt zu sein.
Darf ich das Foto meines Kindes ohne dessen Einwilligung per Whatsapp verschicken?
Wieder gilt es, den Schutz der Persönlichkeit und die Privatsphäre Ihres Kindes zu schützen sowie seinen Willen zu beachten. Entscheidendes Kriterium ist jedoch nicht die Verwendung von Whatsapp. Sondern, ob Sie per Whatsapp das Foto verschlüsselt nur an ausgewählte Personen senden oder ob Sie es als Whatsapp-Status veröffentlichen, wo, ohne entsprechende Datenschutz-Einstellungen, alle Ihre Whatsapp-Kontakte das Bild sehen können.
Kann ich verlangen, dass ein Foto, das jemand von mir gemacht und gepostet hat, entfernt wird?
Ja. Sie können Social-Media-Plattformen auffordern, das Foto zu löschen und nicht mehr zu veröffentlichen.
Darf ich Videos...
...die eine Bekannte gemacht hat, posten oder teilen?
Nur sofern Sie dazu berechtigt sind, was Sie direkt mit der Bekannten klären sollten.
...von einem professionellen Filmer teilen?
Der professionelle Filmer müsste dazu sein Einverständnis geben, ansonsten bewegt man sich auf dünnem Eis.
Gelten die neuen Bestimmungen auch für Social-Media-Betreiber oder dürfen die weiterhin Zugriff nehmen auf meine Daten und Dateien?
Am Verhältnis zwischen Social-Media-Plattformen und ihren Nutzerinnen und Nutzern ändert sich nichts. Welche Rechte an Daten und Dateien bestehen, regeln das Datenschutzrecht und die Nutzungsbedingungen der jeweiligen Social-Media- Plattform.
Was kann ich tun, wenn ein Foto meines Kindes missbraucht wird?
Es gibt keine Instanz, die allein für «das Netz» zuständig ist. Man müsste gegen jede einzelne Veröffentlichung klagen und die Verantwortlichen auffordern, das jeweilige Foto zu löschen. Wenn sich diese weigern, können Sie strafrechtliche Schritte ergreifen. Allerdings ist ein solches Vorgehen aufgrund der vielen Veröffentlichungen in aller Welt sehr aufwendig und teuer. Die meisten Eltern können oder wollen sich das nicht leisten.
Welche Strafen drohen bei Missbrauch von Foto- und Videodateien?
Das hängt davon ab, was für ein Missbrauch erfolgt. Bei der Verwendung im Zusammenhang mit sexuellen Handlungen beispielsweise drohen Freiheitsstrafen. Beim Recht am eigenen Bild hingegen drohen üblicherweise keine Strafen, da es sich um zivilrechtliche Angelegenheiten handelt. Wer Foto- oder Videodateien missbraucht und erfolgreich eingeklagt wird, muss aber zum Teil hohe Anwalts- und Gerichtskosten tragen. Mit dem revidierten Datenschutzgesetz, das 2021 in Kraft treten könnte, wird es neue strafrechtliche Möglichkeiten gegen den Missbrauch von Foto- und Videodaten, welche Personen zeigen, geben.
Als Quereinsteigerin in den Journalismus schreibt Anita Zulauf erst für die «Berner Zeitung», die Migrationszeitung «Mix», nun bei «wir eltern» und als freie Journalistin bei dem Kulturmagazin «Ernst». Sie mag Porträts und Reportagen über Menschen-Leben und Themen zu Gesellschaft und Politik. Als Mutter von vier Kindern hat sie lernen müssen, dass nichts perfekt, aber vieles möglich ist.