Gesellschaft
Vater sein. Und jetzt?
Es ist noch gar nicht so lange her, da feierte ein Mann die Geburt seiner Kinder am Stammtisch. Mit ein paar Kumpels, ein paar Sprüchen, ein paar Bieren – und kehrte zurück zur Tagesordnung. Sprich: an den Arbeitsplatz. Abends ging der Familienernährer nach Hause, wo ihn Frau, Kind, ein feines Essen und der Feierabend erwarteten.
So einfach gehts nicht mehr.
Männer nehmen ihre Vaterschaft ernster als frühere Generationen. Sie singen für ihr Kind bereits, bevor dieses auf der Welt ist, tragen die Babys beim Spazieren und Shoppen vor ihrer Brust und versuchen, ihr Arbeitspensum zu reduzieren, damit sie mindestens einmal in der Woche allein für den Nachwuchs sorgen können. Viele Väter sind heute fürsorglich, einfühlsam und interessiert an ihren Kindern.
Das hat ungeahnte Folgen. Zum Beispiel auf der körperlichen Ebene. Die kanadische Psychologin Anne Storey stellte fest, dass Männer, die sich mit ihren Frauen auf die Geburt vorbereiten, das weibliche Hormon Östrogen produzieren; dieses spielt bei Männern normalerweise kaum eine Rolle. Ebenso stieg das Hormon Prolaktin, das für die Milchproduktion verantwortlich ist. Sind die Veränderungen sehr gross, kommt es zum sogenannten Couvade-Syndrom – die werdenden Väter entwickeln Schwangerschaftssymptome wie Gewichtszunahme, Verdauungsstörungen, Erbrechen. Nach der Geburt gehts gleich weiter mit den biochemischen Turbulenzen: Das Männerhormon Testosteron sinkt, wie amerikanische Forscher in einer Langzeitstudie feststellten, und zwar um durchschnittlich ein Drittel. Spannend: Je mehr sich die Väter um die Neugeborenen kümmerten, desto tiefer war ihr Testosteron- Spiegel.
Neuerdings wird gar diskutiert, ob postnatale Depressionen ebenso bei Männern auftreten können – nicht zuletzt begünstigt durch die hormonellen Veränderungen rund um die Geburt. Das Problem ist allerdings noch wenig erforscht, obwohl laut einschlägigen Berichten 10 bis 15 Prozent der jungen Väter daran leiden sollen. «Die depressive Reaktion der Väter sieht anders aus als die der Mütter», sagt Psychotherapeut Egon Garstick, Autor des eben erschienen Buchs «Junge Väter in seelischen Krisen». «Der Mann ist freudlos, gereizt und oftmals eher aggressiv. Er versucht, vor den durch das Elternwerden ausgelösten Gefühlen wegzulaufen und flüchtet sich gern in Betriebsamkeit.»
Ob Anpassungsstörungen bei Männern heute häufiger vorkommen als früher, ist fraglich. Garstick, der bei der Stiftung Mütterhilfe Zürich Männer im Rahmen der sogenannten Elternschaftstherapie berät, stellt fest, dass Fachpersonen wie Hebammen und Mütterberaterinnen heute darauf sensibilisiert sind, die Schwierigkeiten der jungen Väter zu erkennen und ihnen Hilfe anzubieten. Das sei gut so. Denn: «Männer erleben oft eine entscheidende Identitätsveränderung, wenn sie Vater werden, einige sogar eine regelrechte Krise.»
Je mehr sich Väter auf das Kind und die Familie einlassen, desto stärker werden die Veränderungen empfunden, die die neue Verantwortung mit sich bringt. Falsch ist Gesellschaft | Väter das keinesfalls, im Gegenteil: Eine Studie von Entwicklungspsychologen der University of Delaware hat gezeigt, dass Männer die Vaterschaft als entscheidenden Anstoss für das Erwachsenwerden sehen. Viele Männer bewerten die Geburt ihrer Kinder als Anlass dafür, sich weiter zu entwickeln. Ganz klar: Von einem Kind geht ein Wandlungsimpuls aus.
Gleichzeitig tritt mit dem Nachwuchs die eigene Kindheit aus der Dunkelheit der Vergangenheit. «Nicht nur Mütter, sondern auch Väter entwickeln in der Zeit nach der Geburt eine Sensibilität gegenüber eigenen psychischen Themen; sie erhalten einen besonderen Zugang zu Kindheitserinnerungen, zu den sogenannten Gespenstern im Kinderzimmer», sagt Garstick.
Mit dem eigenen Kind im Arm denken die Männer darüber nach, welche Rolle ihr eigener Vater in ihrem frühen Leben gespielt und wie sich die Beziehung zum ersten männlichen Vorbild weiterentwickelt hat. Oftmals haben sie den stark empfundenen Wunsch, der Vaterfigur, die sie zu verkörpern gedenken, mehr Leben einzuhauchen. Sie wollen einfühlsamer, warmherziger und präsenter sein als ihr eigener Vater es jemals war.
Egon Garstick
Doch ganz so einfach ist es nicht, besonders wenn taugliche Vorbilder fehlen. Mutter und Kind verbindet ein unsichtbares Band, gewachsen während neun Monaten Schwangerschaft, gefestigt durch Geburt und Stillen. Doch wo genau ist Daddys Platz? «Der Vater muss nicht die Empathie der Mutter kopieren», sagt Egon Garstick, «es gibt eine väterliche und eine mütterliche Fürsorglichkeit. Sie dürfen unterschiedlich sein.» Genauso wie die Eltern auch äusserlich verschieden sind: Der Vater riecht anders als die Mutter, sein Dreitagebart piekst, seine Stimme ist rau, seine Hände sind kräftiger. So soll es sein. Dieses sinnliche Erlebnis ergänzt das Erfahrungsspektrum des Kinds, ist eine spannende Erweiterung seiner Welt und deshalb der Hirnentwicklung förderlich.
Der Vater hat auch noch andere Funktionen: «Er soll aus der Zweierbeziehung zwischen Mutter und Kind eine Dreierbeziehung machen», sagt Garstick. «Ist nämlich die Zweierbeziehung zu intensiv, ist gesundes psychisches Wachstum nicht möglich.» Natürlich muss der Partner in den ersten Tagen und Wochen die junge Mutter entlasten, auffangen, trösten, stärken und unterstützen, damit sich die Frau nicht überlupft. «Die Aufgabe des reifen Mannes ist jedoch auch zu verhindern, dass die Frau nur noch im Bemutterungsmodus funktioniert. Er soll die Tür öffnen zur Aussenwelt. Und er soll sich liebevoll für die Wiederbelebung der sinnlichen Beziehung engagieren.» Ob sieben Wochen oder sieben Monate nach der Geburt ist egal. Sieben Jahre danach ist es aber oft zu spät.
Um all diesen Aufgaben gerecht zu werden, braucht es Zeit, fernab von der Arbeitsstelle. Ein Vaterschaftsurlaub wäre nötig, die Männer hätten ihn verdient. Zugute kommen würde er der ganzen Familie, vor allem aber den Kindern. Das Bewusstsein dafür wächst. Beim neuerlichen Vorstoss für eine sechswöchige Babypause Ende Oktober sagte die Vertreterin der Elternlobby, Regula Kägi-Diener, Titularprofessorin an der Universität St. Gallen: «Die letzten sechs Wochen des Mutterschaftsurlaubs dienen vor allem der sozialen Beziehung zwischen Mutter und Kind. Es wäre wichtig, dass auch dem Vater eine solche Möglichkeit zusteht.»
Martin Daubner (42) mit Hannah (6) und Noah (4)
Kinder habe ich mir immer gewünscht, doch irgendwie sind sie nicht im richtigen Moment gekommen. Ich bin nicht einer, der gradlinig durchs Leben geht und immer weiss, was er will. Mit Hannah, meiner ersten Tochter, begann ein neues Leben. Ich realisierte, jetzt muss ich mich organisieren, kaufte mir eine Agenda, hatte plötzlich Ordnung. Belastend war der ökonomische Druck. Ich musste mehr Geld verdienen, obwohl ich als Schauspieler noch nicht richtig durchgestartet war.
Meine Frau hatte zusehends Mühe mit den Umständen, wie ich mein Geld verdiente. Ich hatte ein Engagement an der Zürcher Märchenbühne, arbeitete dort hauptsächlich am Wochenende. Dazu kam ein Brotjob am Flughafen, für den ich früh aufstehen musste. Als unser zweites Kind Noah auf die Welt kam, musste ich wenige Stunden nach der Geburt auf der Bühne stehen. Meine Frau, die nicht im Spital bleiben wollte, fuhr alleine im Taxi mit dem Neugeborenen nach Hause.
Bei Noahs Geburt vor vier Jahren hat es mich richtig durchgerüttelt. Viel mehr als bei Hannah. «Es ist ein Büebli, die sind zarter als die Mädchen», sagte die Hebamme kurz nach der Geburt. Gar nicht lange ist es her, dass die Buben dazu angehalten wurden, hart zu sein, nicht zu weinen. Obwohl sie eigentlich fragiler sind. Das ging mir ans Herz. Ich selbst bin mit zwei Herzfehlern geboren, kam sofort in ärztliche Obhut und war in der ersten Zeit kaum bei meiner Mutter. Ich fragte mich, wie mich diese Erfahrung wohl geprägt hatte.
Noah hat auf einer tiefen Ebene etwas in mir angestossen. Ich spürte es, konnte es aber nicht einordnen. Mir schien, dass ich meinen Sohn nicht richtig liebte, obwohl ich ihn doch gern haben wollte. Dass er mich nachts nicht schlafen liess, machte mich hässig. Ich war ständig gereizt, latent aggressiv und wurde schnell laut. Ich kenne einige Männer, die in solchen Situationen kurzzeitig abgetaucht sind. Ich kann sie gut verstehen. Auch ich dachte manchmal, jetzt reichts dann bald.
Als Noah zwei oder drei Wochen alt war, riet mir die Wochenbett-Hebamme zu einer Beratung bei Egon Garstick von der Mütterhilfe. Bereits im ersten Gespräch realisierte ich, wie sehr ich meinen Sohn liebe, wie nah er mir ist und wie stark ich mich in ihm wiedererkenne. Es war befreiend, mir gingen die Augen auf. Als ich später eine Therapie bei einem Psychiater begann, sass ich jeweils unter einem Bild, auf dem Grossvater, Vater und Enkel, die Hände auf dem Rücken verschränkt, neben einander stehen; es wurde zum Sinnbild der Therapie: Die Generationen stehen in einer Reihe, verbunden durch die Blutsverwantschaft – und doch berühren sie sich nicht. Bis heute beschäftigt mich die Frage, inwiefern meine eigene familientypische Geschichte mit diesem Rumoren in mir drin, mit meinen Schwierigkeiten mit dem Vatersein, zu tun haben könnte. Ich habe den Eindruck, dass wir vieles unbesehen der nächsten Generation aufbürden, statt uns selbst damit auseinanderzusetzen.
Zu meinem eigenen Vater hatte ich nie ein sonderlich gutes Verhältnis. Er redet kaum über Persönliches. Eine Tendenz, die ich auch bei mir feststelle. Und doch ist es mein grösster Wunsch, eine nähere, persönlichere Beziehung zu meinen Kindern zu haben, als ich sie je zu meinem eigenen Vater hatte. Machmal habe ich ein schlechtes Gewissen, dass unsere Kinder vier Tage in der Woche in die Krippe gehen, anderseits brauche ich immer wieder Zeit für mich, will gewisse noch brach liegende Fähigkeiten, entwickeln. So merkte ich, dass ich die Schauspielerei abhaken muss. Jetzt studiere ich Germanistik und Philosophie.
Am schönsten war für mich, wenn Noah als Baby auf meiner Brust einschlief. Noch heute kann er sich ganz eng an mich schmiegen, als würde er mit mir verschmelzen. Richtig geniessen konnte ich dies erst, als ich meine seit Jahren bestehende und nicht behandelte Angstdepression anging und es mir gelang, mich zu entspannen. Und ich wunderte mich selbst, worüber ich mich vorher aufgeregt hatte. Wenn ich sehe, wie unverkrampft und direkt kleine Kinder sind, denke ich oft, so sollte man durchs Leben gehen können. Ich bin meinen Kindern dankbar, dass sie mich in diese Richtung geschubst haben.
Martin Lötscher (37), Antonija (9 Monate)
Seit ich 20 bin, will ich Vater werden. Der Wunsch nach einem Kind war wohl eine Form der Selbstfindung – Vaterschaft als Entwicklungsstufe. Mir schien, ich müsse eine Scharte auswetzen, es besser machen als meine eigenen Eltern.
Ich bin das fünfte von fünf Kindern, ein Nachzügler, und wuchs in Bern auf. Meine Mutter war 44, mein Vater 47, als ich auf die Welt kam. Mein Vater kommt aus einer ärmlichen, erzkatholischen Innerschweizer Bauernfamilie. Als einziges von 17 Kindern der Familie studierte er, wurde ein hohes Tier im Militär und an zwei bis drei Orten gleichzeitig Geschäftsführer. Meine Mutter hätte sich wohl auch ein Leben ohne Kinder vorstellen können, um aus dem ach so starren Gesellschaftskorsett der damaligen Zeit auszubrechen. Vielleicht deswegen liess sie uns ihr Revier, die Küche, nicht betreten. Als Jüngster wurde ich sehr verwöhnt – und gleichzeitig völlig mir selbst überlassen. Ich sah kaum gleichaltrige Kinder, bis ich in den Kindergarten kam, verbrachte Tage vor dem Fernseher. Als ich neun war, wurde mein Vater arbeitslos. 1985 ein Stigma, für mich jedoch auch ein Glück. Von da an hat er sich für mich zur wahrnehmbaren Person und zu einem komplett neuen Wesen entwickelt.
Mit 24 habe ich geheiratet. Meine Frau und ich gaben zusammen ein Kunstmagazin heraus. Sie schmiss das Back office, ich stand auf der «Bühne». Alles lief ganz gut, bloss das Kind kam nicht. Durch einen Zufall erfuhr ich vor fünf Jahren ein lange vor mir gehütetes Familiengeheimnis, auf das ich hier nicht weiter eingehen möchte. Wie in einem Film lief plötzlich mein ganzes Leben im Rücklauf vor meinem inneren Auge ab und ich begann zu verstehen, wieso sich meine Familienmitglieder auf die ihnen eigene Art verhalten hatten. Nach aussen waren wir eine intakte Familie, im inneren jedoch völlig marod. Es war ein Schock, und ich spürte in diesem Moment, dass ich mein Leben ändern musste. Ich trennte mich von meiner Frau, privat und beruflich. Eine schwierige Zeit. Heute ist mir bewusst, dass meine Eltern gemacht haben, was sie konnten. Ich trage ihnen nichts mehr nach.
Dann lernte ich meine heutige Freundin kennen – bald darauf wurde sie schwanger. Ein Wunder für mich! Sie kommt aus einer künstlerisch orientierten Hippiefamilie und wuchs mit einem völlig anderen Weltbild auf als ich. Die Stimmung in ihrer Familie ist entspannt, die Beziehungen herzlich, offen und flexibel. Mir war, als wäre ich endlich in der Neuzeit angekommen.
Nach einer alles anders als leichten Geburt durfte ich Antonija in ihrer ersten Stunde ganz alleine in einem Zimmer im Arm halten, bevor sie zurück zu ihrer Mutter gebracht werden konnte. Das war ein unendliches Glück. Antonija war hellwach, schaute mich neugierig und mit grossen Augen an. In dieser Stunde legten wir den Grundstein für unsere Beziehung. Die darauf folgenden Wochen waren eine emotionale Achterbahnfahrt. Ich stand irgendwie neben den Schuhen, war bei der Arbeit nicht richtig zu gebrauchen. Die Frage, was im Leben wichtig ist, erhielt eine neue Dimension. Plötzlich wusste ich, wieso ich am Morgen aufstehe, wollte nur noch für meine Tochter und ihre Mutter sorgen und sie beschützen. Auf einen Chlapf war ich verbindlich.
Diese Veränderung auf der existenziellen Ebene war so tiefgreifend, dass sie mich auch enorm verunsicherte. Das Wissen, bis zum Ende meines Lebens Antonijas Vater zu sein, kollidierte mit meinem Freiheitsdrang. Ich hatte mein Zimmer in der Gross-WG behalten, zog mich immer wieder dahin zurück. Fragte mich aber manchmal, was ich da überhaupt tat. Dann wurde ich krank, lag mit einer starken Grippe in meinem WG-Zimmer, konnte nichts essen und nahm 10 Kilo ab. Als ich Antonija nach zwei Wochen endlich wiedersah, griff sie mit ihren winzigen Händchen nach meinen beiden Zeigefingern und umklammerte diese für gefühlte 336 Stunden. Es war wie eine zweite Geburt. Heute fühle ich mich der Verantwortung für das Gesamtgefüge der Familie gewachsen. Es ist gut, dass ich erst zum jetzigen Zeitpunkt Vater geworden bin.
Massimo Caputo* (42) mit Elena (3½)
Ich bin erst spät auf die Idee gekommen, Vater zu werden. Vielleicht weil ich selber keinen Papa hatte, der zum Vorbild taugte. Meine Eltern liessen sich scheiden, als ich sieben war. Davor hatte mein Vater kaum Zeit für uns wegen der Arbeit. Danach habe ich ihn nur noch einige wenige Male gesehen. Das war traurig.
Unsere Tochter ist ein absolutes Wunschkind und ein grosses Glück. Trotzdem fühlte ich mich unsicher, als sie auf die Welt kam. Ich wollte nicht die gleichen Fehler machen wie mein Vater, ich wollte für meine Tochter da sein. Da ich es gewohnt bin, Probleme alleine zu lösen und nicht gelernt habe, darüber zu sprechen, setzte ich mich intensiv mit meiner neuen Rolle auseinander. Eigenständig gefundene Lösungen haben den Vorteil, dass sie nachhaltiger sind.
Ich bin ein rationaler Mensch und realisierte, dass die Beziehung zwischen der Mutter und dem Kind wie selbstverständlich ist und enger als diejenige zum Vater. Durch die Schwangerschaft und die ersten gemeinsamen Tage im Spital hat die Mutter einen Vorsprung. Der Mann muss eine andere Art der Beziehung zum Kind finden, er muss sie aufbauen, etwas dafür tun. Dafür ist sie frei von der Abhängigkeit, die die Mutter-Kind- Beziehung kennzeichnet. Als meine Frau mit Elena vom Spital nach Hause kam, hatte ich zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Ich habe den Haushalt gemacht und meine Frau unterstützt, wo ich konnte. Ich war hingerissen von der Schönheit der Situation, fand meine Frau schöner als je zuvor. Das Kind empfand ich nie als Konkurrenz.
Für mich war klar, dass ich mein Arbeitspensum von 100 Prozent auf 80 Prozent reduzieren wollte. Weil ich von meinem Vorgesetzten Widerstand befürchtete, stellte ich ein umfangreiches Argumentationsdossier zusammen – und war überrascht: Mein Chef war sofort einverstanden. Meine Frau ging nach sechs Monaten wieder als Hausärztin arbeiten und fortan war ich am Montag mit Elena allein zu Hause.
Ich wechselte Windeln, war dabei, als sie ihre ersten Schritte machte; mittlerweile gehe ich mit ihr auf den Spielplatz, mache Haushaltsarbeiten und koche. An diesem Abend bin ich müder, als wenn ich von der Arbeit komme, bin richtiggehend unbrauchbar. Und manchmal froh, dass ich am Dienstag arbeiten gehen kann. Aber ich merke jeden Tag, dass mich meine Tochter gern hat. Demnächst will ich mein Pensum auf 40 oder 50 Prozent reduzieren, damit immer jemand zu Hause ist für Elena.
Ich glaube, ich habe mehr Geduld mit ihr als meine Frau, vielleicht weil ich weniger emotional und aus dem Bauch heraus reagiere. Ich habe gelernt, dass ich mit Elena Zeit zum Zuhören haben muss. Kinder haben eine andere Wahrnehmung als Erwachsene und sie sagen uns, was sie brauchen. Ab und zu ist es schön, sich in ein Kind zu verwandeln und mit meiner Tochter herumzutollen.
Mein Vaterbild habe ich mir durch Beobachtungen in der Aussenwelt zusammengesucht. Mit einem guten Vater lachen die Kinder und sind entspannt.
**Namen geändert*