Lesetipps
Unsere Lieblingsbücher für den Sommer
Falls ihr in den Ferien unerwartet etwas Zeit haben solltet zu lesen, dann solltet ihr diese Bücher hervorholen. Es lohnt sich garantiert.
Manu empfiehlt ... einen True-CrimePodcast und einen packenden Roman. Für alle, die am Strand Action brauchen.
True Crime auf die Ohren
Für alle True-Crime-Süchtigen darf «Verbrechen von nebenan» im Podcast-Folio nicht fehlen! Die Geschichten der Opfer und der manchmal jahrelang andauernden Ermittlungsarbeit sind sorgfältig recherchiert und packend moderiert von Philipp Fleiter. Der Journalist ist ein einfühlsamer Erzähler. Und zugegeben: Die unvergleichlich sonore Stimme Fleiters trägt viel zur Strahlkraft und fesselnden Stimmung des Podcasts bei.
«Verbrechen von nebenan», auf allen gängigen Podcast-Plattformen
Verlorenes Escort-Girl Schlingern wir nicht alle hin und wieder durchs Dasein, wenn wir jung sind – so wie Alex, die Protagonistin in Emma Clines Roman «Die Einladung»? Nicht ganz. Denn die New Yorkerin führt das Leben eines Escort-Girls, mäandert zwischen Tagen in luxuriösen Villen in den Hamptons und kühlen Nächten am Strand. Wobei es viel weniger um Sex, als um Machtspiele zwischen sozialen Schichten geht. Als Alex meint, endlich eine Bleibe gefunden zu haben, wird sie von ihrem lieb gewonnenen Sugar-Daddy kalt abserviert. Cline fasziniert mit einer fesselnden Aufzeichnung von der spannungsgeladenen Atmosphäre zwischen der reichen Elite und der Lebensrealität der mittellosen Unterklasse.
Emma Cline, «Die Einladung», Hanser, Fr.37.–
Anita empfiehlt ... tiefe Gespräche und ein Buch gegen Selbstoptimierung.
Warum magst du mich?
Willst du deine Beziehung ergründen ? Deine Eltern besser kennenlernen ? Mit deinen Kindern philosophieren ? Dann ist dieses kleine Buch von Mikael Krogerus perfekt. Auf 162 Seiten gibts Fragen übers Leben, die Liebe, Lust und Laster, Freundschaften und vieles mehr. Ein Beispiel ? Frage 448 : «Magst du Kinder ?» Oder Nummer 379 : «Zwei Dinge, die du an mir schätzt». Dieses Buch bringt uns zum Lachen, Nachdenken, Tiefgründen. Und manchmal erfahren wir Gedanken, Meinungen und Geschichten voneinander, die uns sonst vielleicht vorenthalten geblieben wären. Dieses Buch gehört zum fixen Bestandteil eines Handtascheninventars.
Mikael Krogerus, Roman Tschäppeler, «Fragen», Kein&Aber, Fr.25.–
Brenne! Tanze! Blute!
Es erscheint wichtiger denn je, dieses 141-Seiten schlanke Buch, dieses gut gelaunte Plädoyer gegen den vorherrschenden Selbstoptimierungsquatsch : sei schöner, produktiver, schlanker, erfolgreicher – einfach besser ! Überschwemmt vom Alltagswahnsinn, dem gerade auch Eltern ausgeliefert sind, können wir solche Mantras einfach nicht auch noch gebrauchen ! Deutlich und humorvoll beschreibt Marian Donner, wie wir uns dem Diktat verweigern und das Leben feiern sollten. «Sei der Schlüssel, der nicht passt !»
Marian Donner, «Das kleine Buch der Selbstverwüstung», Ullstein, Fr.20.–
Katja empfiehlt ... neue feministische Bücher, die für Erleuchtung – und wer hätte es gedacht – Erheiterung sorgen
Ich, toxisch?
Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Begriff « toxische Weiblichkeit » seinen Weg auf ein Buchcover finden würde. Wir können alle sehr froh sein, dass es Sophia Fritz war, die sich den Begriff schnappte. Ihr Befund : Ja, auch Frauen sind toxisch. Aber in erster Linie zu sich selbst und anderen Frauen. Etwa wenn wir uns für Feminismus einsetzen, aber anderen Frauen nicht vertrauen und instinktiv nach ihren Fehlern und Schwächen suchen. Oder wenn wir vergleichen, statt zu bestärken, wenn wir umsorgen, aber damit andere vor allem von uns abhängig machen wollen. Von der Powerfrau, dem braven Mädchen, der Mutter, bis zur Bitch seziert Sophia Fritz klassische Frauenrollen und führt auch sich selbst dorthin, wo es weh tut. Unmöglich, sich darin nicht zu erkennen.
Sophia Fritz, «Toxische Weiblichkeit», Hanser Berlin 2024, Fr.33.–
Eine Frau haut ab
Lust auf einen grossartigen, schrägen Roman über Weiblichkeit, Freiheit und Sex ? Dann muss der neuste Wurf der Allround-Künstlerin Miranda July mit ins Gepäck. Eine Frau schenkt sich zum 45. Geburtstag einen Trip quer durch die USA weg von Mann, Kind und Verpflichtungen. Doch sie strandet nach wenigen Kilometern in einem billigen Motel. Ihr Zimmer lässt sie für viel Geld teuer einrichten, verliebt sich vermeintlich in einen jüngeren Mann, dann in eine Frau und imaginiert sich in ein anderes Ich – oder ist sie endlich wieder sie selbst? Ein grosser Roman, der gekonnt mit weiblichen Tabus bricht, dabei nie den Drive, die Lust und den Humor verliert.
Miranda July, «Auf allen vieren», KiWi 2024, Fr.37.–
Caren empfiehlt ... einen Klassiker und ein frisches Buch über Mütter. Für alle, die Sprache lieben.
Eine Liebesgeschichte
Es gibt Bücher, mit denen gehe ich jedem, der nicht schnell genug die Finger in die Ohren steckt, auf die Nerven. Ich empfehle sie, schwärme davon oder verschenke sie ungebeten. Eines dieser Bücher ist Kurt Tucholskys « Schloss Gripsholm ». Warum ? Weil bei Tucholsky jeder spitz zugeschliffene Satz ein Kunstwerk für sich ist. Und : Weil «Schloss Gripsholm» eine so federleichte Sommer-Liebesgeschichte erzählt wie wohl kaum eine zweite. Kurt fährt mit seiner Lydia nach Schweden. Dort liegen sie im Gras, blödeln, lieben sich, haben ein erotisches Erlebnis zu dritt und stossen auf ein fragwürdiges Kinderheim . Das Buch ist von 1931, aber frei und modern, als sei es frisch aus der Presse. Doch – so leichtfüssig es auch daherkommen mag, so Hochpolitisches versteckt sich zwischen den Zeilen. Ein hellsichtiger Blick auf die finsteren Jahre, die kurz darauf folgen sollten.
Kurt Tucholsky: «Schloss Gripsholm», diverse Verlage, ab Fr.9.–
Ganz normale Mütter
Mütter in Büchern sind oft irgendwie strange. Entweder immer milde oder immer lustig oder immer gut. Nicht so bei Naomi Wood. In ihren hervorragend geschriebenen Kurzgeschichten bleiben sie einfach normale Frauen : mit Sexwünschen, Wutausbrüchen, auch mal egoistischen Motiven. Toll und – entlastend.
Naomi Wood: «Dino Moms», Nagel und Kimche, Fr.37.–