Dafür & Dagegen
Sind Skiferien mit der Familie noch zeitgemäss?
Skifahren macht glücklich und schweisst die Familie zusammen, schreibt Caren Battaglia. Unsinn, es ist lebensgefährlich und ökologischer Irrsinn, argumentiert Till Hein.
Manche finden, Skifahren sei aus der Zeit gefallen. So wie Postkutschen, Korbflechten oder bei Hofe die Laute schlagen. Zur Begründung folgt im Kielwasser dann meist etwas von Gletscherschmelze, Grasnarben und Geld. Das ist alles zutiefst wahr. Ich aber sage trotzdem: Skifahren hat mit Liebe zu tun und deshalb sind da von mir keine rationalen Argumente zu erwarten. Ausser – wenn es darum geht, weshalb ich wollte, dass auch meine Tochter es lernt. Dafür habe ich nämlich Gründe. Sogar pädagogische. Zunächst einmal bin ich der festen Überzeugung, dass es die ureigenste Aufgabe von Eltern ist, ihren Kindern das Schöne dieser Welt zu zeigen. Ihnen anzubieten, was einen selbst glücklich macht. Auf dass sie vielleicht später selbst diesen Zaubertrank im Schrank haben, der einen verlässlich aus jedem Lebenstief herausholt. Okay, glücklich kann vieles machen. Manche macht «der nach unten schauende Hund» glücklich, manche betreiben Waldbaden oder beschäftigen sich intensiv mit Kratzbildern. Geht wohl alles auch. Warum also Skifahren? Weil es zudem diesen Hauch von Abenteuer bietet, den Teenager sowieso suchen, dann aber doch bitte besser am Berg. Weil Skifahren lehrt, dass Muskeln noch mehr tun als im T-Shirt gut auszusehen, Anstrengung nicht per se etwas Schlechtes ist. Weil Wetter nicht nur das ist, was draussen rumliegt, Natur gewaltig sein kann. Und – weil man lernt, nach dem Hinfallen immer wieder aufzustehen. Ja, aber was ist mit dem Elitären? Den teuren Skiklamotten, dem Chichi hier und dem Schickimicki da? Ja, das gibt es, richtig. Aber mal ehrlich: Der schöne Schein nutzt selten so wenig wie auf der Piste. Bei heillosem Herumgegurke hilft auch die teuerste Moncler-Jacke nicht. Keine schlechte Lektion für Kinder. «Alles fahrt Schii»? Nö. Aber wir.
«wir eltern»
Ist mit einem skiverrückten Vater aufgewachsen. Sogar im Sommer ging es Richtung Gletscher. Jetzt hofft sie, dass ihre Tochter die gute alte Familientradition weiterführt. Allerdings besser nur im Winter.
Meine Eltern waren nie mit mir Skifahren. Im Skilager habe ich es in den 1980er-Jahren jedoch ein bisschen gelernt. Gefiel mir besser als Latein. Aber mal ehrlich: Diesen ganzen Kommerz-Blödsinn, der die Alpen verschandelt, braucht doch längst kein Mensch mehr! Als Vater hatte ich jedenfalls noch nie ein schlechtes Gewissen, weil mir Skiferien zu teuer sind. Doch ich hatte die Rechnung ohne meine Kinder gemacht, die letztes Jahr unbedingt Skifahren gehen wollten. Ich holte zu einem Exkurs über die ökologische Unsinnigkeit des Skisports aus: «Da kann man gleich im Privatflieger an die «Fridays for Future»-Demo gehen!»
Meine Familie schätzte meinen treffenden Vergleich sehr – und ignorierte ihn komplett. Prompt wurden gegen meinen Willen Skiferien gebucht. Solange die Jungs in der Skischule waren, ging alles noch gut. Doch irgendwann wollte der Grosse mit uns auf die Piste – und der Kleine daraufhin natürlich sofort auch. Wir stürzten uns also todesmutig gemeinsam die Steilhänge hinab. Ich hörte schon den Rettungshelikopter über unseren Köpfen kreisen. Meine Freundin fährt richtig gut Ski. Die Jungs weniger. Sie fielen dauernd in den Schnee und hatten bald Tränen in den Augen. Ich auch – vor Erleichterung, als wir alle heil unten ankamen.
Mittags verzehrten wir völlig fertig, aber noch am Leben, sündhaft teures Schnipo. Unsere Jungs bestellten sich unterdessen ihre nächste Cola für gefühlte 30 Franken und schwärmten: «Skifahren ist mega cool.» Mag sein, dachte ich und starrte in mein leeres Portemonnaie und auf die kunstbeschneiten Hänge. Pingpong im Keller ist doch aber auch ein zauberhafter Wintersport, gerade für Primarschüler – und ihre Väter.
Mathias Botor
Hofft, dass seine Kinder ganz bald einsehen, dass Skifahren eine veraltete und nicht mehr zeitgemässe Kulturtechnik ist. Schlitteln ist doch auch ganz spassig. Bild: Mathias Bothor.