Bilderbuch-Apps
12 tolle Apps zu Kinderbüchern
Von Anita Zulauf und Martina Schnelli
Grandiose Künstler kreieren nicht nur grandiose Bilderbücher, sondern zunehmend auch grandiose Apps. Kinderbuch-Journalistin Antje Ehmann ist in die Welt der interaktiven Bilderbücher abgetaucht und stellt 12 Empfehlungen vor.
Der niedliche EmmaBär mit der roten Hose mit den weissen Punkten ist schon ein Reihenstar unter den vielen Pappbilderbüchern für ganz Kleine. Es gibt etliche Themen, zu denen Jutta Bauer freundliche, eingängige Reime eingefallen sind, und Szenen, die Emma in ihrem Kleinkindalltag zeigen. Die App nun bietet vergnügliche Interaktion und mehr Variationen im Bild: Da kann man Emma füttern, alles mit roter Nudelsauce vollschmieren und wieder wegwischen oder beim Einkaufen den Wagen bis oben hin füllen. Eine angenehme Kinderstimme spricht und gefällt sicher Kindern wie Erwachsenen.
➺ App «Emma isst», iOS, Fr.3.–, ab 2 Jahren
«Eins zwei drei Tier» hat vor fast 20 Jahren den Deutschen Jugendliteraturpreis bekommen und ist seitdem eine Art moderner Klassiker im Pappbilderbuch. Nun gibt es die Nachfolgerpappe «Eins zwei drei Vampir» und die App zum ersten Buch. Clemens Schick spricht und die erfolgreiche Berliner Illustratorin Nadia Budde hat für die App etliche Tiere humorvoll und skurril gezeichnet. Beim Reimspiel entscheiden die Spieler, welcher Begriff aus zwei Möglichkeiten sich auf den zuletzt vorgelesenen reimt. Zusätzlich gibt es noch ein Memory und Bonusspiele. Nadia Budde zeichnet unverkennbare Porträts mit schwarzer Linie. Persönlichkeiten, die im Gedächtnis bleiben.
➺ App «Eins zwei drei Tier», iOS, Fr.3.–, ab 4 Jahren
Der amerikanische Künstler David Wiesner ist ein Meister seines Faches. «Strandgut» ist und bleibt seit Jahren die Nummer eins im textlosen Bilderbuch. Nun hat er eine App kreiert, die ebenfalls ganz ohne Text auskommt und damit international ist. Einen Marienkäfer kann man sehen und von dort aus startet die fantastische Reise. Der eine, kleine Punkt verwandelt sich, von einer Insel kommt man in ein Haus, von einem Zeitungsfoto wieder zu den Marienkäfern. Mit der «Pinch-to-zoom» Funktion können die Kinder sich in die unterschiedlichen Welten hineinzoomen: Mekaniko, Oceana und Katzaluna – so heissen drei davon. Die Kinder können ausserdem mehrfach selbst entscheiden, wohin die Reise weiter gehen soll. Zurecht preisgekrönt und wirklich fantastisch!
➺ App «David Wiesner´s Spot», iOS, Fr.5.–, ab 6 Jahren
Bilderbuch und MitmachApp der beiden Finninnen Kaisa Happonen und Anne Vasko funktionieren als Gesamtpaket: In «Ein Bär namens Mur» geht es ums Schlafen, genauer gesagt um den Winterschlaf der Hauptfigur, eines lieben Bären. Die App animiert den kleinen roten Vogel im Bilderbuch: Er pickt eine Blaubeere und lässt sie auf den Bären fallen, oder er fliegt über die Winterlandschaft hinweg und man sieht die beeindruckenden Nordlichter. In die dunkle Höhle des Bären kommt man auch mit hinein und staunt über so manche Perspektive.
➺ App «Mur», iOS und Android, kostenlos, ab 4 Jahren, funktioniert nur mit dem Bilderbuch von Kaisa Happonen/Anne Vasko: «Ein Bär namens Mur», Midas Verlag, Fr.21.50
Wer kennt es nicht, das Kinderspiel «Ich packe meinen Koffer»? Das eingespielte Bilderbuchteam Regina Schwarz und Julia Dürr nimmt es zum Anlass, um ein stilsicher illustriertes Buch mitsamt Spiele-App zu liefern. Auf dem Dach des fahrenden Autos sieht man all die Spielmöglichkeiten. Illustratorin Julia Dürr hatte vor allem Spass an den Bewegungs-Loops. Da gibt es etwa die putzige Katze mit wehendem Schwanz auf dem Autodach. Das Spiel, bei dem es darum geht Gegenstände, die aus dem Haus geworfen werden, mit dem Koffer aufzufangen, ist Dürrs Favorit. Damit das gelingt, kann man sein Gerät einfach in verschiedene Richtungen neigen. Die passenden Stimmen kommen von einem Kind und einem Erwachsenen. Allseits gute Reise!
➺ App «Ich packe meinen Koffer», iOS und Android, kostenlos, ab 4 Jahren, funktioniert nur mit dem Buch von Regina Schwarz/Julia Dürr: «Ich packe meinen Koffer», Tulipan, Fr.21.50
Nele Brönner arbeitet in Berlin und hat mit ihrer «Affenfalle» 2015 den Serafina Nachwuchspreis Illustration bekommen. Ihre Fabel von einem durstigen Fuchs, der dringend auf der Suche nach einem Wasserloch ist, zeichnet sich durch eine raffinierte Erzählweise und ihre ausdrucksstarken Tierzeichnungen aus. All das findet sich auch in der App. Regie hat Brönner selbst geführt. Durch den Ton– es spricht der Schauspieler Lorenz Liebolt – und die Bewegungen hat die Illustratorin aber noch etliche Seitenstränge und kleine Nebenerzählungen ergänzt. So etwa die Ameise, die einen Grashalm hochkrabbelt oder die lange Chamäleonzunge, die sie genauestens gezeichnet und animiert hat. Überaus klug und charmant!
➺ App «Affenfalle», Fr.5.– zum Runterladen via Gratis-App «Tigerbooks», iOS und Android, ab 4 Jahren
Es gibt jede Menge Non-Book-Produkte zum Bilderbuch «Die grosse Wörterfabrik» von Agnès de Lestrade und Valeria Docampo, darunter eine gleichnamige App. In der preisgekrönten App mit den Hauptfiguren Paul und Marie und mit schönen, atmosphärisch dichten Illustrationen dreht sich alles um das, was unsere Sprache und die Literatur ausmacht– Worte. Man kann sich die poetische Geschichte in aller Ruhe vorlesen lassen. Wer lieber spielen mag, dem stehen viele Möglichkeiten offen: Es gibt vergessene Wörter (Dreikäsehoch, Backpfeife, Damenwahl), die gefangen werden wollen. Mehrsprachig unterwegs ist man in einem anderen Spiel, in dem jeweils auch die Fahnen der verschiedenen Länder zu sehen sind. Und Wörter kaufen kann man auch – im Supermarkt!
➺ App «Die grosse Wörterfabrik», iOS und Android, Fr.2.90, ab 3 Jahren
Realistische Geschichten direkt aus dem Kinderalltag – die erfolgreiche Reihe «Pip und Posy» behandelt Themen wie Ängste in der Nacht, aus Versehen Pipi machen oder die Krise, wenn der schöne, rote Luftballon einfach davonfliegt. Als Axel Scheffler die Bilderbücher illustrierte, war er gerade selbst Papa einer dreijährigen Tochter und somit mitten drin im Thema. Die naiv-plakativen Illustrationen und die grossen, weissen Augen sind typisch für seinen Stil. Für Kinder bietet die App viele Möglichkeiten: Es gibt ein Malbuch, eine Puzzleparty und das «Finde den Unterschied»-Spiel. Beim Bildermemo schaut die Maus einmal freundlich und einmal traurig, je nachdem, ob man sich richtig entscheidet. Mit all dem lässt sich – unterlegt mit Guter-Laune-Musik – ausgiebig die Zeit vertreiben.
➺ App «Pip und Posy», iOS, Fr.2.–, ab 2 Jahren
Martin Baltscheit schreibt, illustriert, spricht Hörbücher und kommt ursprünglich vom Theater. Ein Tausendsasssa, der hier nun seinen Spass an den Möglichkeiten einer App zu seiner erfolgreichen Hauptfigur – dem Löwen – umgesetzt hat. Seine Tochter hatte ihn auf die Idee zu «Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte!» gebracht; mittlerweile gibt es zahlreiche Geschichten mit dem König der Tiere. Die dazugehörige tolle App für Kinder im Schulalter wurde 2017 mit der Giga-Maus ausgezeichnet. Sechs Abenteuer sind auf der App zu bestehen, und Postkarten zu schreiben. Dabei wird das zweite Level schon etwas anspruchsvoller. Baltscheit selbst mag die Gedichte am liebsten und das «Kackespiel» vom Mistkäfer.
➺ App «Der Löwe. Ein Lese-und Schreibabenteuer», iOS und Android, Fr.4.–, ab 6 Jahren
Welches Kind geht nicht gerne in den Streichelzoo? Virtuell auf geniale Art möglich ist dies mit Christoph Niemanns App «Streichelzoo». Nur riecht man hier danach nicht nach Ziege und hat auch keine Tierhaare am T-Shirt, sondern ist vor allem verblüfft darüber, wie ein Mensch so viele gute Ideen haben kann. Es gibt Zeichnungen kombiniert mit Fotografien und witzige Übergänge von einem Tier zum anderen. Ganz einfach kann man den Hasen verformen, das Hirschgeweih verändern oder betrachten, wie ein Fisch den anderen verschlingt. Niemann wollte schon immer Zeichnungen zum Anfassen machen, mit dieser Technik hat er nun die Möglichkeit dazu. Ein Gewinn für die ganze Familie!
➺ App «Streichelzoo», iOS und Android, Fr.3.–, ab 3 Jahren
Die Olchis aus Schmuddelfing – welches Kind kennt sie nicht. Erhard Dietl hat mit den chaotisch-ekligen Fantasiefiguren bereits Erfolgsgeschichte geschrieben, die sich mit der App fortsetzt. Kinder können sich die Geburtstagsgeschichte mit den Olchis vorlesen lassen oder sie selber lesen. Den Text kann man vergrössern. Auch sonst bietet sich ein Tablet an. Da sieht man dann auch die vielen Details, die der Münchner Illustrator auf jeder Seite eingebaut hat, besser. Dietl selbst empfindet die interaktiven Spiele und die Animationen als gute Ergänzung zum Buch: Kinder können die Raketen in die Flaschen stecken, über jeden Drachenschwanz einen Reifen werfen oder jede Menge anderer Geburtstagsspiele machen. Lustig, wenn alle schnarchen und Robert Missler spricht. Die App ist auf Deutsch und Englisch erhältlich.
➺ App «Die Olchis – Ein Drachenfest für Feuerstuhl», iOS und Android, Fr.4.–, ab 4 Jahren
Musik ist ein tolles Thema für Kinder. Einmal ein klassisches Konzert mit der ganzen Familie erleben oder sogar selbst ein Instrument lernen – das ist schon was! Günther Jakobs ist die ganze Sache mit Humor angegangen und hat sich überlegt, welche Tiere welche Instrumente sein könnten. Herausgekommen ist ein grossartiges Sachbilderbuch mit wirklich witzigen, stilsicheren und überraschenden Illustrationen. Mit der zugehörigen LeYo!-App wird das Buch interaktiv: Für die App hat Jakobs zusammen mit zwei Freunden und seinem Sohn Musik gemacht. Die ist in Kombination mit den einfallsreichen Wortspielen grosse Klasse. So laden Chorallen, Bockflöte und der Rinderchor alle ein zum musikalischen Stelldichein.
➺ App «LeYo! Instrumentiere», iOS und Android, kostenlos, ab 3 Jahren, funktioniert nur mit dem gedruckten Buch von Günther Jakobs: «Instrumentiere – mit Uhulelen, Tigarmonikas und Kellerrasseln», Carlsen, 2016, Fr.19.–