Blog
Von Freaks und Geeks lernen
Gab es je eine Generation, die ihre Kinder im Teenie-Alter nicht daneben fand und heimlich (oder offen) verachtete. Ich schätze nicht. Denn zur Pubertät gehört das Rebellieren und Aufmucken – und das können Eltern ja kaum mögen. Manchmal ist das einzige, was hilft, darüber lachen zu können. Und das kann man dank «Freaks & Geeks» (auf deutsch: «Voll daneben – voll im Leben». Voll daneben in jedem Fall mal wieder diese Übersetzung). Zu sehen auf DVD, bei Netflix oder dem Streaming bzw. Torrent-Dienst deines Vertrauens.
Die Serie wurde vor 16 Jahren in den USA gezeigt, spielt im Jahre 1980 und hat dennoch kaum an Aktualität eingebüsst. Im Zentrum stehen zwei Gruppen an einer US-Higschool: Die Freaks, eine Handvoll kiffender, schwänzender und Flausen auslebender Strolche, zu denen sich die Streberin Lindsay in ihrer Orientierungslosigkeit hingezogen fühlt. Und die Geeks, die verschupften, etwas jüngeren, sich erst gerade für Mädchen interessierenden Vorzeigeschüler, zu denen sich Lindsays Bruder Sam zählt. Wir haben also ein Altersspektrum von ungefähr 12 bis 18 und entsprechend reichen auch die Themen vom ersten Kuss und davon, nackt duschen zu müssen bis zum ersten Mal und der Verlockung von Einstiegsdrogen.
«Freaks & Geeks» schafft es dabei, die Probleme der Jugendlichen ernst zu nehmen und trotzdem eine humorvolle Distanz zu halten. Die Moralapostel unter den Figuren sind ziemliche Witzfiguren, Fehler haben in der Serie Konsequenzen, aber keine, bei denen die Welt unterginge. So lädt beispielsweise Lindsay ihre Freaks zur Sturmfrei-Party ein. Aus Angst, die Party könnte ausufern, tauscht Sam mit Hilfe seiner Geeks das Fass Bier mit alkoholfreiem Bier, was die Party aber trotzdem nicht vom Ausarten bewahrt. In einer Folge muss Lindsays Freund Nick auf die harte Tour lernen, dass er wohl kein erfolgreicher Rock-Schlagzeuger werden wird. Das ist Alltagsleben mit Teenagern unterhaltsam erzählt. Und gleichzeitig pädagogisch wertvoll, ich würde mal sagen für Kinder zwischen 10 und 20.
Ich selbst habe die Serie mit ungefähr 20 zum ersten Mal gesehen (und dachte schon da: «Die hätte ich schon früher sehen sollen, das hätte mir geholfen.»). Und nun mit 35 Jahren fand ich sie nicht minder spannend. Noch immer konnte ich mit den Teenies mitfühlen, aber zum ersten Mal auch mit den Eltern.
10 erinnerungswürdige Sätze
So, falls das nicht schon genug Werbung war, hier noch 10 treffende Zitate aus der Show:
- «Nicht alle gut aussehenden Leute sind cool.» (wichtige und richtige Erkenntnis von Lindsay
- «Was wenn sie ihre Zunge zu weit in meinen Mund steckt? Was, wenn ich kotzen muss? Was, wenn ich sie ankotze? Was, wenn ich in ihren Mund kotze?» (Bill, dem Geek, seine unbegründete Angst vor dem ersten Kuss)
- «Weisst du, wer auch die Schule geschwänzt hat? Jimy Hendrix! Und weisst du, wo er jetzt ist? Tot!» (Harold Weir, Lindsay und Sams Dad, und seine unnachahmliche Art, zu erziehen)
- «Nein danke, ich werde lieber vom Leben high.» (Streberin Millie lehnt Alkohol ab.)
- «Lachen ist das ultimative Aphrodisiakum. Bring eine Frau zum Lachen und du hast eine Frau, die dich liebt.» (Harris, Geek und Womanizer)
- «Du kannst nicht in jemanden verliebt sein, der es nicht wagt, vor dir zu furzen.» (wie wahr, wie wahr, Bill)
- «Körper sind nur eine Hülle für unsere himmlischen Seelen.» (Harris will Sam die Angst nehmen, sich nackt zu zeigen)
- «Ich brauche nicht noch mehr Freunde. Ich hab doch schon zwei. Ich meine, wie viele Freunde braucht ein Mann?» (Sam)
- «Der Ball ist morgen. Sie ist Chearleaderin. Du hast Star Wars 27 Mal gesehen. Rechne es dir aus!» (Neil wäscht Sam den Kopf)
- «Was soll ich mit einem Porno?» - «Du schaust ihn dir an. Immer und immer wieder.» (Neal gibt Sam Nachhilfe)
Das könnte Sie auch noch interessieren:
Samichlaus geht ja noch durch, als Teil unserer Rituale und Kultur. Eltern flunkern ihre Kinder aber auch in anderen Lebensbereichen an. Tun Sie es auch? Klicken Sie sich durch die Galerie der 10 Elternlügen, die jeder kennt.
Reto Hunziker ist 1981 im Aargau geboren, aber das muss noch nichts heissen. Er hat Publizistik, Filmwissenschaft und Philosophie studiert und auch das muss noch nichts heissen. Er arbeitet als freier Journalist und als Erwachsenenbildner und versucht daneben, dem ganz normalen Wahnsinn in einer Patchwork-Familie (Frau, Tochter und Stiefsohn) mit Leichtigkeit und gesundem Menschenverstand zu begegnen – das will was heissen. Alle Blog-Beiträge von Reto Hunziker finden Sie hier.