Babybiscuits
Knabber, knabber, Mäuschen
Baby- und Kinderbiscuits sind im Laden gleich neben dem Säuglingsmilchpulver, bei den Babygläschen und Babybreien zum Anrühren zu finden. Sie sind, so schreibt beispielsweise die Firma Hipp, «ideal zum Knabbern». Oder sie bilden, so der Text auf der Packung der Galactina Plasmon-Kinder-Biscuits, «für Kleinkinder eine beliebte hochwertige Zwischenmahlzeit». Ist das so?
Eins ist fast allen Produkten gemeinsam: Sie schmecken süss. Teilweise sehr süss. Und sie enthalten dementsprechend viel Zucker, Fruchtzucker, Glucosesirup, Rohrohrzucker oder Honig.
All diese Süssungsmittel wären eigentlich überflüssig. «Säuglinge und Kleinkinder brauchen keinen zugesetzten Zucker», sagt Caroline Bernet, dipl. Ernährungsberaterin HF und Leiterin des Informationsdienstes NUTRINFO der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung in Bern. Deshalb dürfte erwartet werden, dass gerade in den Babybiscuits, die fürs erste Lebensjahr empfohlen werden, kein oder nur wenig Zucker enthalten ist.
Babys lieben Süsses
Doch davon ist keine Rede. Galactina Plasmon-Biscuits weisen einen stolzen Zuckeranteil von 22 Prozent auf, die Babybiscuits von Migros sind mit 18 Prozent Zuckergehalt ähnlich stark gesüsst. Also etwa gleich hoch wie die normalen Guetzli, zum Beispiel Prussiens (18 Prozent Zucker) oder Mailänderli (ca. 23 Prozent Zucker).
Über den Zuckergehalt der am süssesten schmeckenden Kinderbiscuits von Hipp kann hingegen nur spekuliert werden: Er ist auf der Verpackung nicht deklariert. Die Ernährungswissenschaftlerin Regina Berwind von Hipp nimmt dazu wie folgt Stellung: «Laut Diät-Verordnung darf bei Keksen der Zuckergehalt höchstens 7,5 g/100 kcal betragen, was beim Kinderbiscuit mit 5,3 g/100 kcal strengstens beachtet wird.»
Im Rahmen einer altersgerechten Mischkost dürften deshalb, so Berwind, die Hipp-Biscuits «als eine besondere Leckerei zwischendurch ohne Bedenken gereicht werden». Doch warum fügen die Hersteller den Rezepturen so viel Zucker bei?
Der Grund liegt auf der Hand: Babys kommen mit einer angeborenen Vorliebe für Süsses zur Welt. Daher mögen sie süsse Lebensmittel wie Babybisquits vom ersten Bissen an. Und was sie gerne essen, kaufen ihre Eltern weiterhin. Dadurch gewöhnen sich bereits die Kleinsten schnell daran, dass alles Gute süss schmeckt eine Gewöhnung, die später beibehalten wird.
Das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund empfiehlt unter anderem aus diesem Grund, im ersten Lebensjahr ganz auf Zucker und damit hergestellte Produkte zu verzichten. «Abgesehen von der Gewöhnung liefert Zucker viele Kalorien und kann Karies verursachen. Dasselbe gilt auch für Vollrohrzucker, Fruchtzucker, Traubenzucker oder Honig, welche somit keine besseren Alternativen sind», so Bernet.
Besser sind Beissringe
Dass es sich bei den Baby- und Kinderbiscuits um einen «gesunden Knabberspass» oder um ein «optimales Znüni oder Zvieri» handelt, wie auf manchen Packungen zu lesen ist, ist also reines Wunschdenken. Ganz auf den Knabberspass verzichten müssen unsere Kleinsten deswegen nicht.
Bis zum achten Monat eignen sich Beissringe jedoch besser als Biscuits, diese fördern die Entwicklung der Mundmuskulatur. Ab dem neunten Monat mögen Babys Brotrinde, Zwieback, Pancroc oder Reiswaffeln, die mit deutlich weniger oder gar keinem Zucker auskommen. Kindern ab einem Jahr darf man dann schon mal ein Babybiscuits geben.
Das Forschungsinstitut für Kinderernährung zählt Biscuits zu den «duldbaren» Lebensmitteln, von denen jedoch pro Tag höchstens etwa 30 g konsumiert werden sollen. Bedenklich wird es, wenn diese Menge regelmässig überschritten wird oder wenn die süss schmeckenden Biscuits dazu eingesetzt werden, um Kleinkinder ruhig zu stellen.
«Es gibt weit bessere Möglichkeiten, ein Kind zu beschäftigen, als ihm Süssigkeiten zu geben», sagt die Erziehungsberaterin und Buchautorin Sarah Renold aus Aarau: «Es gewöhnt sich sonst daran, sich mit Süssigkeiten selbst zu trösten oder abzulenken.» Ein Verhaltensmuster, das längerfristig unter anderem das Risiko für Übergewicht erhöht.
Gut zu wissen
- Generell wird bis zum vollendeten 6. Monat keine Beikost empfohlen (Quellen: Forschungsinstitut für Kinderernährung, Dortmund; Schweizer Pädiater; WHO)
- Babys und Kleinkinder sollten nie im Liegen essen und nie unbeaufsichtigt bleiben, wenn sie am Essen sind, egal bei welchen Lebensmitteln
- Palmkernfett, Palmöl und gehärtete pflanzliche Fette in gewissen Margarinen können den Cholesterinspiegel erhöhen und langfristig dem Herz-Kreislaufsystem schaden
- Besser sind Butter, Olivenöl oder Rapsöl. Ebenfalls vorzuziehen sind Sonnenblumenöl oder andere klar deklarierte Pflanzenöle. Wird nur «Pflanzenöle» deklariert, könnte es sich unter anderem um das nicht ideale Palmöl handeln.