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Ironie ist ein Blödmann. Genau wie ich.
zvg
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Silvester ist zwar schon ein Weilchen her, aber da ich dringenden Bedarf an einem guten Vorsatz habe, mache ich das jetzt einfach mal. Im April. Ich muss dringend aufhören mit meinen Kindern ironisch zu sprechen. Schluss damit, aufhören, böser Nils. Die haben zwar mittlerweile einen ähnlichen Humor wie ich aber sprachliche Doppelbödigkeit ist trotzdem nicht ihr Ding. Und wenn sie meine Anspielungen und mein «das Gegenteil von dem meinen, was man gesagt hat» doch mal verstehen, führt das nur dazu, dass sie ihren Mitmenschen gegenüber ironisierend auftreten. Kinder haben schon genug Probleme im Umgang miteinander, da brauchen sie nicht noch einen Vater, der ihnen beibringt, als altkluger Schwätzer, die Leute verarschen, aufzutreten, weil er sich in diesem Zustand bequem eingerichtet hat. Und das hat er tatsächlich. Sogar gegenüber dem eigenen Nachwuchs.
«Möchtest du nicht noch ein bisschen mehr schreien, das hilft bestimmt?»
«Lass uns heute ausnahmsweise mal einen Affentanz beim Abendessen aufführen, sonst ist mir das zu ruhig.»
«Aber selbstverständlich ist es mir egal, ob du deine Hausaufgaben gemacht hast. Häng lieber acht Stunden an deinem Handy rum, da hast du mehr von.»
Ironie hilft mir, mich von Dingen, Menschen und Situationen zu distanzieren und sie nicht so ernst zu nehmen. Im Alltag mit vier Kindern ist das überlebenswichtig. Denn was da im gemeinschaftlichen Miteinander an Schwachsinn und erzwungener Langeweile anfällt, ist kaum auszuhalten. Mein Zweijähriger hört beispielsweise acht Geschichten. Genau acht. Keine mehr. Jeder Versuch, ihn mit einem neuen Buch zu beglücken, scheitert grandios. Wie wir ihm diese acht schmackhaft gemacht haben, wissen wir nicht mehr. Also rette ich mich in ironische Floskeln: «Ja, lass uns das jetzt unbedingt hören.» Und meine Ältesten weise ich darauf hin, dass anschreien und beschimpfen Streitereien «sicher schneller beendet.»
Das mag in dem Moment irgendwie hip und überlegen wirken, ist aber tatsächlich eher Feigheit und Selbstaufgabe. Also mal in echt jetzt:
Kinners, ich kann oft nicht mehr. Ich will auch nicht. Geht einfach weg und lasst mich hier liegen. Wobei Ehrlichkeit bei Kindern auch nicht zieht. Trotzdem werde ich mich bemühen, die Ironie stecken zu lassen. Wird bestimmt super. Ganz toll.
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Nils Pickert (1979), geboren in Ostberlin, nach dem Mauerfall mit einer waschechten Kreuzbergerin angebändelt. Gegenwärtig 4 Kinder: Emma (12), Emil (10), Theo (2½) und Maja (bald 1). Arbeitet als freier Journalist für diverse Medien und als Weltverbesserer bei dem Verein Pinkstinks, der sich unter anderem gegen Sexismus in der Werbung engagiert. Wurde von der «Weltwoche» mal als «maximal emanzipierter Mann» beleidigt, findet aber, dass ihm der Titel steht. Bloggt für «wir eltern» über Alltag mit Kindern, gleichberechtigtes Familienleben, neue Väter, Elternbeziehungen, Erziehungswahnsinn. Alle Blogg-Beiträge von Nils Pickert finden Sie hier.