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Haushalt nur auf Nachfrage
zvg
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«Hättest du doch mal was gesagt, dann hätte ich das übernommen.»
Die französischsprachige Künstlerin Emma hat einen grandiosen Webcomic über das Phänomen gemacht, dass Männer im Haushalt ständig auf Ansagen warten, was zu tun ist, obwohl einem die Aufgaben quasi ins Gesicht springen.
Und darüber, dass sie dabei alles im Lot wähnen, während die Frauen am unteren Ende der Schieflage mit Verantwortung und Verrichtungen zugeschüttet werden.
Während er also denkt, er würde seinen Anteil am Haushalt und an der Erziehungsarbeit übernehmen, sieht sie das womöglich ein bisschen anders.
Tätigkeiten nur zur Hälfte durchzuziehen und dann liegenzulassen, ist nur dann legitim, wenn es dazu grundsätzliche Absprachen gibt.
Im Sinne von:
«Ich räume den Geschirrspüler ein, du räumst ihn aus, ok?»
«Ok, so machen wir das.»
Nicht im Sinne von:
Lieber Tisch decken als Tisch abräumen (wegen Geschirrspülmaschinenzuschlag bei letzterem).
Einkäufe reintragen aber nicht auspacken und wegräumen.
Das Kind bespielen statt sich nachts bei Dauergeschrei zuständig fühlen.
Und ganz allgemein: Das regelt sind schon irgendwie.
Dabei geht es nicht einmal um Proaktivität, obwohl ein Familienleben davon genauso profitieren kann wie der Job. Wenn man Dinge in Phasen angeht, wo nicht viel ansteht, hat man nachher weniger Stress. Das ist aber zum einen nicht immer möglich und zum anderen steht das hier wie erwähnt gar nicht zur Debatte. So weit sind wir noch lange nicht. Es geht stattdessen darum, seinen Kopf aus dem eigenen Arsch zu ziehen, die Augen aufzumachen und die selektive Wahrnehmung abzustellen. In den meisten Haushalten gibt es keine helfenden Geister, die mit anpacken, sobald das letzte Familienmitglied ins Bett gewankt ist. Stattdessen gibt es jede Menge nervtötende, sich ständig wiederholende Aufgaben, die einfach gemacht werden müssen und die zum grössten Teil von Frauen übernommen werden.
Plus der Mentalbelastung, Aufgaben an jemanden zu delegieren, der in der Lage sein müsste, sie autark und ohne Anweisungen zu erledigen.
«Aber wie soll ich dir denn helfen, wenn du mir nicht sagst, was zu tun ist?!»
Du sollst überhaupt nicht helfen. Du sollst, verdammt noch mal, einfach damit aufhören, dir beim Augenzukneifen auch noch die Finger in die Ohren zu stecken und lauthals Lalala zu singen, um nicht mitbekommen zu müssen, was doch offensichtlich ist:
Ja, aus den Essensresten, die die Kinder unter den Tisch haben fallen lassen, liesse sich eine Pizza backen.
Nein, das tritt sich nicht fest.
Ja, wenn kleine Kinder ihre Bremsspuren im Klo selbst entfernen würden, gäbe das eine Riesenschweinerei.
Nein, das macht nicht «wer anders». Du stehst doch direkt daneben, Mann!
Helfen reicht nicht.
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Nils Pickert (1979), geboren in Ostberlin, nach dem Mauerfall mit einer waschechten Kreuzbergerin angebändelt. Gegenwärtig 4 Kinder: Emma (12), Emil (10), Theo (2½) und Maja (bald 1). Arbeitet als freier Journalist für diverse Medien und als Weltverbesserer bei dem Verein Pinkstinks, der sich unter anderem gegen Sexismus in der Werbung engagiert. Wurde von der «Weltwoche» mal als «maximal emanzipierter Mann» beleidigt, findet aber, dass ihm der Titel steht. Bloggt für «wir eltern» über Alltag mit Kindern, gleichberechtigtes Familienleben, neue Väter, Elternbeziehungen, Erziehungswahnsinn. Alle Blogg-Beiträge von Nils Pickert finden Sie hier.