Jede Geschwisterposition hat sowohl Vor- als auch Nachteile, sagt die Wissenschaft. Das ist doch eine tröstliche Erkenntnis.
Erstgeborene
Einerseits sind laut einer französischen Studie die jeweils ältesten Kinder einer Familie weniger vertrauensselig, weniger kooperativ und deutlich konkurrenzbewusster als ihre jüngeren Geschwister. Was die Forscher mit dem Verlust der ungeteilten elterlichen Aufmerksamkeit begründen, der bei der Ankunft jüngerer Geschwister unweigerlich einsetze. Die älteren Kinder begännen ab diesem Zeitpunkt, stärker zu wetteifern und weniger zu kooperieren. Andererseits zeigt eine norwegische Studie, dass nach dem Abschluss der Kindheit die Erstgeborenen einen messbaren Intelligenzvorsprung vor ihren Geschwistern haben und im Durchschnitt in IQ-Tests regelmässig mehr Punkte erreichen als die Geschwister. Sie profitieren wahrscheinlich von ihrer Rolle als Erklärer.
Sandwichkinder
Einerseits müssen Eltern Zeit und Geld auf mehr Köpfe verteilen, wenn die Familie wächst– was vor allem zu einer Benachteiligung der mittleren Kinder führt. Eine amerikanische Studie zeigt: Sandwichkinder bekommen über die gesamte Kindheit gerechnet zehn Prozent weniger Betreuungszeit als die Erstgeborenen und die Nesthäkchen. Andererseits kann das Weniger an elterlicher Aufmerksamkeit durchaus auch positive Effekte haben: Mehrere Untersuchungen etwa zeigen, dass Sandwichkinder deutlich mehr diplomatisches Geschick und Pragmatismus entwickeln als ihre Geschwister.
Nesthäkchen
Einerseits gibt es Studien, die belegen, dass jüngere Geschwister häufiger eine lückenhafte Impfgeschichte aufweisen als ihre älteren Brüder und Schwestern – die sich noch der ungeteilten Sorge der Eltern erfreuen konnten. So kam eine britische Untersuchung zum Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit, gegen Masern geimpft zu werden, bei jedem Kind um bis zu 20 Prozent sinkt. Andererseits fand eine Untersuchung aus den USA heraus, dass Eltern ihren jüngsten Kindern mit höherer Wahrscheinlichkeit eine lange und kostspielige Ausbildung finanzieren – weil die älteren Geschwister dann schon finanziell unabhängig geworden sind.
Literatur
Horst Petri: Geschwister – Liebe und Rivalität: Die längste Beziehung unseres Lebens. Kreuz Forum Verlag 2012. 28.90 Fr.
Jürg Frick: Ich mag dich – du nervst mich! Geschwister und ihre Bedeutung für das Leben. Huber Verlag 2009. 45.90 Fr.
Remo H. Largo: Babyjahre. Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren. Piper Verlag 2011. 19.90 Fr.
Remo H. Largo: Kinderjahre. Die Individualität des Kindes als erzieherische Herausforderung. Piper Verlag 2011. 19.90 Fr.