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Feminismus braucht’s nicht mehr?
Von Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann
zvg
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Denn dieser Trend zeichnet sich je länger je mehr aus. Erreichte Freiheiten werden überall auf der Welt wieder in Frage gestellt. So zum Beispiel in Polen, wo die Abtreibungsgesetze restriktiv sind und schon immer waren. Die katholische Kirche hat in diesem ehemals kommunistischen Land viel Macht und wo die Kirche ist, fehlt bekanntlich das Recht auf Abtreibung. Deshalb gingen letzte Woche tausende Frauen und Männer auf die Strasse: Sie protestierten gegen die freiheitsraubenden Abtreibungsgesetze, die neu nicht einmal Rücksicht darauf nehmen, wie das Kind entstanden ist. Bei einer Vergewaltigung zum Beispiel.
Das ist euch zu weit weg? Sind wir ehrlich. Hierzulande gibt es auch genügend christliche oder anders geprägte Gruppierungen, die es gerne sehen würden, wenn unsere Rechte auf unseren Körper ein wenig beschnitten würden. Und da liegt genau das Problem. Ja, wir (bzw. unsere Mütter) haben viel erreicht. Wahl- und Stimmrecht (in Polen haben Frauen dieses übrigens bereits seit 1918, also auch da kein Garant), Mutterschaftsurlaub, wir dürfen ganz alleine darüber entscheiden, ob wir arbeiten dürfen, Auto fahren undundund. Aber wirft man einen Blick über die Grenzen, sieht man, wie immer öfter immer mehr Freiheitsrechte beschnitten werden.
Nicht nur in arabischen Ländern, wo die Religion ebenfalls eine (zu) grosse Rolle spielt. Auch in sogenannt christlichen Ländern will man zurück zu den guten alten Gesetzen, welche vor allem von reichen, weissen, Männern definiert werden. Ich hoffe ja immer noch, dass man Trump in einem halben Jahr vergessen haben wird, dennoch bringt er auch diese Seite der Menschen zum Vorschein: Er und seine Anhänger finden schliesslich auch, Frauen, die abtreiben, müssten auf irgendeine Art und Weise bestraft werden.
Wenn mich also jemand fragt, was ich denn noch wolle mit dem Feminismus und ich junge Frauen höre, wie sie meinen, sie seien keine Feministinnen, dann koche ich innerlich. Denn Feminismus ist leider (Gottes hätte ich fast geschrieben) überhaupt keine etablierte Errungenschaft. Sie steht auf wackeligen Beinen, wird täglich in Frage gestellt, unterwandert, teilweise abgeschafft, mit Füssen getreten. Nein, die Emanzipation der Frau ist noch lange nicht «geschafft», genauso wenig wie jene der Ausländer, Homosexuellen, ja sogar die der Kinder. Was wir in der Schweiz als selbstverständlich erachten, ist in zu vielen anderen (ebenfalls europäischen) Ländern noch ein trauriger Kampf. Zu glauben, dass uns das nicht passieren kann, ist naiv.
Als Mutter einer Tochter werde ich ihr auch genau dies beibringen: Weitermachen, nichts für gegeben betrachten. Als Mutter eines Sohnes übrigens erst recht. Das Ergebnis in Polen gibt mir recht: Das Polnische Parlament hat das Abtreibungsverbot nach den Protesten gekippt. Ein grosser Erfolg für die Gegner dieses frauenfeindlichen Gesetzes!
Was meint ihr? Ist der Feminismus erreicht, die Gleichberechtigung Alltag? Oder was sagt ihr euren Kindern?
Nathalie Sassine-Hauptmann (1973) gehört zu den Müttern, die ihr schlechtes Gewissen wie ein Baby mit sich rumtragen. Dennoch würde sie ihren Beruf nie aufgeben. Mit ihrem Buch «Rabenmutter - die ganze Wahrheit über das Mutterwerden und Muttersein» spricht sie vielen berufstätigen Müttern aus der Seele. Denn als Unternehmerin weiss sie, dass ihre Kinder sie zwar glücklich machen, aber erst ihr Job ihr den Ausgleich garantiert, den sie braucht. Sie führt sowohl ihr Familienleben als auch ihre Firma mit viel Leidenschaft und macht sich in diesem Blog Gedanken zur Vereinbarkeit von beidem. Und sie hat keine Angst davor, sich eine Feministin zu schimpfen. Alle Blog-Beiträge von Nathalie Sassine-Hauptmann finden Sie hier.