Unterwegs
Familienweekend am Brienzersee
Am Brienzersee sind Kühe aus Holz und Wasserfälle ebenso spektakulär wie die Berge mit nostalgischen Bähnli. Wir waren drei Tage mit Zug, Schiff und Postauto unterwegs. Und wir kommen wieder.
Der See ist noch türkisblauer als auf den Fotos und die Wasserfälle stieben in echt noch schöner, denke ich, während das Kursschiff in Brienz ablegt. Alles hier hat Postkarten-Potenzial und zieht jedes Jahr mehr Touristen ins Berner Oberland. Etwa die Südkoreaner, die wir wenig später am Schiffsteg von Iseltwald beobachten, wie sie Schlange stehen für ein Selfie mit dem durch ein TV-Serie berühmt gewordenen Panorama (und dafür 5 Franken bezahlen). Der Tourismus hat am Brienzerund Thunersee eine lange Tradition und die Geschäftstüchtigkeit auch. Wir lassen beides schmunzelnd hinter uns und spazieren aus dem Trubel hinaus. Schon nach wenigen Metern bergauf sind wir ganz für uns.
Donnernde Wassermassen
Der Waldweg zwischen Iseltwald und Giessbach ist weniger begangen als der Uferweg (der dafür perfekt kinderwagentauglich ist). Die Aussicht auf den Brienzersee ist nach einer kurzen Steigung jedoch spektakulär. Der Mülibachfall, der oberhalb der Autobahn von Iseltwald in einem weissen, schmalen Band in ein Bachbett stürzt, hat den Kids sogar besser gefallen als die mächtigeren, aber sehr touristischen Giessbachfälle. Diese erreichen wir nach knapp drei Stunden abwechslungsreicher Wanderung. Ein Steg ermöglicht es, den Hang hinter den donnernden Wassermassen zu traversieren. Nach einem Kuchenstück auf der Terrasse des berühmten Jugendstilhotels Giessbach fahren wir mit dem Postauto nach Brienz zurück. Zum Leidwesen der Kinder lassen wir die nostalgische Standseilbahn zum See hinunter aus, das letzte Schiff nach Brienz hat längst abgelegt.
Mit kleinen Kindern empfiehlt es sich mit dem Dampfschiff von Brienz nach Giessbach zu fahren und dort mit der nostalgischen Standseilbahn zu den rauschenden Giessbachfällen hochzufahren. Auch der Uferweg zwischen Iseltwald und Giessbach ist sehr kinderwagenfreundlich. Familien mit älteren Kindern ist der Waldweg (auch Wasserfallweg) oberhalb des Brienzersees zwischen Iseltwald und Giessbach zu empfehlen. Ruhe, spektakuläre Aussichten und der versteckte Mülibachfall locken. → interlaken.ch/erlebnisse/ seen-wasserfaelle
Leben wie anno dazumal
Erst am Morgen sind wir in Brienz mit dem Zug angekommen. Dank Sitzplatzreservation, Kinderabteil und Juniorkarten (siehe Kasten) hätten wir entspannter und günstiger kaum reisen können. Mit dem Postauto ging es in zehn Minuten bequem von Brienz nach Hofstetten. Dort steht seit 2022 das Bretterhotel der Trauffers. Die riesige Holzkuh am Eingang signalisiert, dass es hier «kuhl» zu und her geht. In der Erlebniswelt im zweiten Stock dreht sich alles um die in Hofstetten hergestellten, berühmten Trauffer-Kühe. Schnitzkurs und ein Malatelier sorgen dafür, dass wir unsere Jungs fast nicht mehr rauskriegen.
Aber wir müssen: In Sichtnähe zum Hotel liegt doch das Freilichtmuseum Ballenberg. Und was wir uns als historischen Rundgang durch Alpenchalets und Bauernhäuser vorgestellt haben, artet zu einem Workshop in Sachen Leben anno dazumal aus. Vieles können die Kinder selbst ausprobieren oder bekommen es geduldig erklärt. Von der Knochenmühle, dem Wursträuchern, den Schnitzeseln und den winzigen Wohnräumen für achtköpfige Familien erzählen sie noch lange. Wir verbringen fast einen ganzen Tag im Freilichtmuseum und haben es doch nicht geschafft, alles zu sehen. Im Sommer laden zudem zahlreiche Grill- und Spielplätze zum Pausieren ein.
Günstig Parkieren
Familien haben schnell viel Gepäck, da ist es einfacher mit dem Auto an den nächsten Bahnhof zu fahren. Mit der P+Rail App der SBB kann man an über 600 Standorten easy und günstig auch tageweise parkieren (funktioniert auch über sbb.ch). Die Überprüfung des dafür nötigen ÖV-Abos erfolgt über den Swisspass.
Junior-Karte
Kinder kommen bei der SBB bis zum 16.Geburtstag richtig günstig weg. Wenn man es richtig macht. Kleinkinder bis 6 Jahre fahren sowieso gratis, ab dann gilt der halbe Preis. Wer mehr als einmal pro Jahr mit seinen Kids Zug fährt, braucht unbedingt die Juniorkarte. Für nur 30 Franken pro Jahr haben die Kids bis zum 16. Geburtstag freie Fahrt – wenn ein Elternteil dabei ist.
Die Kinder Mitfahrkarte
Wer öfters mit Enkelkindern, Göttikindern oder mit Kindern von Freunden unterwegs ist, sollte unbedingt eine Kinder-Mitfahrkarte kaufen. Kostet 30 Franken und damit können Kinder ab 6 Jahren bis vor dem 16.Geburtstag ein ganzes Jahr lang in Begleitung eines Erwachsenen gratis durch die Schweiz reisen. Gibt es auch auf dem Swisspass. Die Kinder-Tageskarte ist eine weitere empfehlenswerte Option.
Spartageskarten
Wer früh plant, der spart richtig. Die Spartageskarte gibt es für Erwachsene bereits ab 29 Franken mit Halbtax und ab 52 Franken ohne Halbtax. Je früher man kauft, desto mehr Spartageskarten sind noch verfügbar. Bequem auf sbb.ch/sparen oder mit der SBB Mobile App kaufen.
Familienabteil
Man erkennt sie von Weitem an ihrer bunten Bemalung und sie lassen Kinderherzen höher schlagen: Die Familienwagen der SBB mit Spielplatz auf dem Oberdeck. Sie verkehren auf vielen IC-Strecken und sind im Fahrplan mit FA gekennzeichnet.
Sitze reservieren
In den Schulferien und an Wochenenden macht eine Sitzplatzreservation das Reisen mit Kindern sehr viel einfacher. Pro Person kostet diese 5 Franken und ist ganz easy über die SBB Mobile App zu tätigen. Strecke und Zeit auswählen und dann unter dem Punkt Billette Sitzplatzreservation anwählen. Funktioniert übrigens auch für den Familienwagen, allerdings nur via SBB Contact Center 0848 446688. Bei Verbindungen mit Umsteigen ist die Reservation für den Anschlusszug gratis.
Alle Infos unter: sbb.ch/kinder
In Kooperation mit
900 Meter tief in den Berg hinein
Schon zwei Tage haben wir am Brienzersee verbracht und haben die vielen Berge des Berner Oberlandes nur von unten angeschaut. Heute holen wir das nach. Zuerst geht es in den Berg hinein – 900 Meter um genau zu sein. So tief kann man in die St. Beatus-Höhlen am Thunersee eindringen. Draussen stieben wieder Wasserfälle, drinnen haben Wasser und Gestein spektakuläre Formen und Welten geschaffen. Der 60-minütige Rundgang in einem der grössten begehbaren Höhlensysteme der Schweiz ist ein Must für Menschen ohne Platzangst. Aber wenn möglich ausserhalb der Hochsaison im Sommer zu besuchen.
Wem die Höhlen zu dunkel sind, der fährt ab Beatenbucht zuerst mit der Standseilbahn und dann ab Beatenberg mit der Gondel rauf aufs Niederhorn. Der kindersichere Gratweg ist atemberaubend: Tief unten liegt das Justistal, in der Ferne grüssen Eiger, Mönch und Jungfrau und vis-a-vis der Niesen. Als wäre das nicht schon genug, können in den Sommermonaten ab der Mittelstation Trottis gemietet werden. Damit ist man schneller zurück in Beatenberg, als einem lieb ist.
Zu schnell vergingen auch unsere drei Tage am Brienzersee. Und dabei haben wir die grösste Attraktion am Ort, die Brienz Rothorn Bahn, die ab Juli mit Volldampf und nostalgischen Freiluftwaggons auf über 2240 Meter hochruckelt, noch gar nicht erwähnt. Das liegt lediglich daran, dass wir im Mai da waren, als die Bahn noch nicht fuhr. Wir kommen also wieder.
Im Sommer 2022 eröffnet, sucht das Bretterhotel in Hofstetten bei Brienz weltweit seinesgleichen. Von aussen sieht es aus wie eine riesige Bretterbeige, innen ist es ein Designhotel, bei dem jedes Detail sitzt. Die Partnerin des Mundartsängers Trauffer hat viel Herzblut in das Konzept des familienfreundlichen Hotels investiert. Wo gibt es sonst schon Zimmer mit Rutschbahnen oder ausklappbaren Etagenbetten? Dazu eine hauseigene Bäckerei und eine Erlebniswelt, in der nicht nur Kinder spielerisch erfahren, was die handgeschnitzten Trauffer-Holzkühe weltberühmt macht? Eben!
→ Familienzimmer für 4 ab Fr.300.–, trauffer.ch