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Du bist keine echte Mutter!
zvg
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Jetzt geht der ganze Unfug also wieder von vorne los. Du bist keine echte Mutter, der drölfzigtausendsiebenhundertachtundvierzigste Teil. Diesmal mit der Schauspielerin Ellen Pompeo. Aber der Reihe nach und zur allgemeinen Gedächtnisauffrischung: Frau ist keine echte Mutter, wenn sie
- das Kind nicht unter Schmerzen gebärt (PDA oder Kaiserschnitt.)
- nicht stillt.
- nach der Geburt zu schnell, zu langsam oder gar kein Gewicht verliert
- zeitnah nach der Entbindung wieder in ihren Job einsteigt
- «nur» Hausfrau und Mutter ist
- ihre Kinder überbehütet oder sich zu wenig kümmert
… und viele andere Dinge. Nun ist also, wie schon erwähnt, Pompeo «zu weit» gegangen. Die Schauspielerin war in der Sendung ihrer Namensvetterin Ellen DeGeneres zu Gast und erzählte von ihrem fünf Monate alten Sohn. Und davon, dass sie eine «Baby Nurse» für ihn hat, weil sie viel arbeitet und ihr Job es mit sich bringt, dass sie viel unterwegs ist.
Neben einigen anerkennenden Kommentaren für ihre «Ehrlichkeit» brachte ihr das vor allem Kritik von der Sorte «Wieso legt man sich Kinder zu, wenn man sie von einer Nanny betreuen lässt» ein.
Ähm, genau! Oder von einer Kindertagestätte. Oder einer Tagesmutter. Oder Verwandten und Freunden. Voll krass, wenn Frauen smart genug sind, Hilfe in Anspruch zu nehmen, und über genug Geld verfügen, um sie gegebenenfalls auch zu bezahlen. Überhaupt sind reiche Frauen sehr unverdächtig, echte Mütter zu sein. Weil sie sich zu viel leisten können.
Lassen wir mal kurz beiseite, dass es für eine Schauspielerin mit Ende vierzig im Frauen unter anderem nach Alter diskriminierenden Hollywood deutlich klügere Entscheidungen gibt, als mal eben für ein paar Monate aus einer laufenden Serie auszusteigen. Wieso ist «Kinder bekommen/Kinder haben» eigentlich etwas, das frau durchzustehen hat? Im Sinne von Stress, Schmerzen, Figur versauen, Beziehungsende. Im Sinne von mehr oder weniger alleine. Darunter geht’s nicht?! Muttersein scheint gesellschaftlich immer noch nach dem Prinzip «Wer dabei nicht genug Scheiße frisst, täuscht nur vor und hat es nicht verdient» zu funktionieren. Ich bin unbedingt dafür, dass wir uns von diesem Prinzip verabschieden.
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Nils Pickert (1979), geboren in Ostberlin, nach dem Mauerfall mit einer waschechten Kreuzbergerin angebändelt. Gegenwärtig 4 Kinder: Emma (12), Emil (10), Theo (2½) und Maja (bald 1). Arbeitet als freier Journalist für diverse Medien und als Weltverbesserer bei dem Verein Pinkstinks, der sich unter anderem gegen Sexismus in der Werbung engagiert. Wurde von der «Weltwoche» mal als «maximal emanzipierter Mann» beleidigt, findet aber, dass ihm der Titel steht. Bloggt für «wir eltern» über Alltag mit Kindern, gleichberechtigtes Familienleben, neue Väter, Elternbeziehungen, Erziehungswahnsinn. Alle Blogg-Beiträge von Nils Pickert finden Sie hier.