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Online-Dating: Funktioniert die Partnersuche im Netz?
Von Text: Anita Zulauf, Illustrationen: Daniel Müller
Eigentlich mag ich mein Singleleben. Doch als sich meine Freundinnen Männer von Onlineportalen angelten, wurde ich neugierig. Ist da vielleicht einer für mich dabei? Ein Selbstversuch.
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Ich sitze am Laptop und bin platt. Das Dating-Onlineportal, auf dem ich mich eben eingeloggt habe, fragt: «Suchen Sie den Partner, der wirklich zu Ihnen passt?» Nein, ich suche einen Mistkerl, der mich nach zwei Monaten Beziehung betrügt. Was für eine Frage. Natürlich suche ich einen Mann, der wirklich passt. Warum sonst sollte ich durch diese Datingseiten klicken, statt meine Füsse hochzulegen und nen guten Film zu schauen? Ich fülle meinen Steckbrief aus. Per Kreuzchen entscheide ich, dass ich nur Profile mit Foto anschauen will. Schliesslich will ich wissen, wie einer aussieht. Die inneren Werte kommen später.
Dass ich mich auf Onlinedatingseiten tummle, hat Gründe. Einer davon ist Ingrid, die uns an unserem Frauenabend mit leuchtenden Augen von ihrem Neuen vorschwärmte, den sie auf einem Datingportal kennengelernt hat. Auch Wochen später ist ihre Euphorie ungebrochen. Diesen Monat fahren sie gemeinsam in die Ferien.
Nun bin ich die einzige Singlefrau in unserer Vierer-Runde. Nicole ist seit 14 Jahren verheiratet, zwar sei es «nicht mehr das Prickelndste», sagt sie. «Aber er ist ein guter Vater, und wir mögen beide deutsche Krimis.» Sabine hat sich bald nach der Scheidung wieder verliebt. Und Vera hat ihren Freund ebenfalls auf einer Online-Datingseite kennen gelernt. Das ist zwei Jahre her, jetzt machen sie sich Gedanken übers Heiraten und Doppelnamen. Sogar ihre zwei mal zwei Kinder verstehen sich meistens.
«Du wirst auch noch den Richtigen finden», sagt Vera zu mir. «Bist ja auch schon lange genug Single, nicht wahr?» «Mir gefällts», sag ich trotzig. «Ich trinke gerne Milch aus der Flasche, schlafe an Sonntagen bis 11 und meditiere Gartenarbeiten. Ich bin gern allein und ich mag meine Freunde, die ohne zu klingeln ins Haus rein kommen. Und ich habe keine Lust auf einen Mann, der meinen Kindern sagt, sie sollen gefälligst die Füsse vom Tisch nehmen und meinen Freunden erklärt, dass sie verflucht nochmal an der Tür klingeln sollen.»
Allerdings, wenn ich beim Einkaufen Pärchen sehe, die die Köpfe zusammenstecken und gemeinsam das Nachtessen aussuchen, kann es passieren, dass ich mich schlagartig einsam fühle. Genau drei Jahre bin ich Singlefrau. Zwei Jahre waren zum Regenerieren. Und danach ist einfach keiner zufällig vorbeigekommen. Weder die Firma noch die Spaziergänge mit dem Hund taugen fürs Flirten. Die attraktiven Männer auf der Arbeit sind vergeben. Und die meisten Hundebesitzer sind Frauen. Kommt doch mal ein Mann mit Hund daher, gutaussehend, und man bleibt stehen und möchte ein bisschen flirten, da kann es schon passieren, dass es ein eher peinlich berührtes Gespräch wird, weil sich die Hunde daneben gegenseitig am Po beschnüffeln und beginnen, sich zu besteigen. Da wirds mit Flirten schwierig. Und so redet man kurz übers Wetter und schaut, dass man schnell weiterkommt.
Aus der Übung
Auch sonst gestaltet sich das Männerkennenlernen nicht ganz einfach. Kürzlich zum Beispiel sass ich mit einer Freundin in einer Gartenbeiz an der Aare. Da hat ein attraktiver Kerl am Nebentisch so richtig mit mir geflirtet. Das hat mich sehr gefreut. Doch dann waren meine Freundin und ich in ein Gespräch vertieft, und da hab ich ihn vergessen. Als ich wieder hingeschaut habe, war er weg. Ich bin aus der Übung.
Also habe ich beschlossen, es wie Vera und Ingrid zu machen und mal auf entsprechenden Onlineportalen rumzustöbern. Auch wenn Paula, eine andere Freundin, das blöd findet und sagt, sie kaufe ja auch keine Kleider online, weil sie die nicht anprobieren könne.
Virtuelle Stupser …
274 passende Treffer spuckt das Portal für mich aus. Ich klicke auf den ersten, Teddybär. Er sieht ganz nett aus. Aber nennt sich ein echter Kerl Teddybär? Klick. Simeon ist attraktiv, 49 Jahre alt, sucht «eine treue, intelligente Frau mit Tiefgang, langen Beinen, ab 25». Klick. Plötzlich poppt eine Nachricht auf: «astronaut17 hat Sie angestupst.» Huch, ein virtueller Stupser? Ich fühl mich geschmeichelt. Und klicke gespannt auf astronaut17s Profil. Er trägt ein Hawaiihemd. Und einen dicken Schnauzer.
Kolumbus gefällt mir. Ich drücke auch «Anstupsen» und freue mich, dass ich jemandem ganz direkt sagen kann: «He du, ich find dich noch gut!», mich aber im Nirvana des Internets verstecken kann. Das gleiche mach ich bei Norbert und Solheure. Und bin überrascht, dass es tatsächlich noch so einige attraktive Singlemänner zu geben scheint. Bei anderen wieder fragt man sich, was zur Hölle die sich bei der Auswahl ihrer Fotos denken. Schoko zum Beispiel räkelt sich mit offenem Hemd und nackter Brust im Türrahmen, das feiste Bäuchlein quillt über seinen Gurt. Der Mann braucht einen Stilberater. Wie kürzlich der Typ von Klara, einer Freundin, den sie auf einer Datingseite kennengelernt und dann getroffen hatte. «Er war eigentlich ganz nett», erzählt sie, «aber der Typ hatte die Jeans so hoch raufgezogen, dass die Hose zwischen seinen Pobacken klemmte. Stell dir vor, du hast nen Freund, der so rumläuft!»
… und reale Treffen
Nach sieben Wochen und gefühlten 100 Datingstunden am Laptop habe ich vier Verabredungen. Sirius machte schnell klar, dass er an einem langen schriftlichen Wortwechsel nicht interessiert sei: «Ich suche schliesslichkeine Brieffreundin.» Aufgebrezelt wie ein Weihnachtsbaum und ziemlich hibbelig mach ich mich an einem Samstagabend auf den Weg. Der Typ sieht in Echt noch besser aus als auf dem Foto, denk ich und freue mich. Dann erzählt er als erstes, dass er in seinem tollen Job richtig viel Kohle verdient. Okay sag ich mir, der Mann ist auch nervös. Doch er spricht gerne über sich. Und zwar ausschliesslich. Und dann noch über seine Ex-Frau, über die er herzieht. Als er am nächsten Tag schreibt, wie toll er den Abend gefunden habe und dass wir uns bald wieder treffen sollen, gerne auch mit den Kindern, sag ich danke, aber nein. Er ist enttäuscht und beleidigt. Versucht es noch einige Male und wählt dann ähnliche Bezeichnungen für mich wie für seine Ex an jenem Abend. Das Treffen mit Leguan12 ist unterhaltsam, er ist nett, alles ist gut. Doch irgendwie ist weder bei ihm noch bei mir ein Funke, der springen möchte. Mit Leo geh ich zum Chinesen. Leo redet und lacht viel und laut, selbst wenn er den Mund voller Reis hat. So will man sich unmöglich verlieben. Und Alexis ist deprimiert, weil ihn seine Frau verlassen hat. Ich möchte ihn auch gleich wieder verlassen und wünsche mich zu Vera und Sabine, die gerade gemütlich in unserer Stammbeiz sitzen.
Bemühte Dialoge …
Vielleicht bin ich ungeduldig. Aber ich habe keine Lust mehr. Keine Lust auf die bemüht konstruierten Treffen. Keine Lust auf Frage-Antwort-Dialoge über unsere Biografien, die einem Vorstellungsgespräch gleichen, nur dass ich keinen Job suche. Wenn ich an einer Bar nen Typen kennenlerne, erzähl ich dem auch nicht gleich mein Leben. Das Spontane fehlt, das Überraschende, der besondere Augenblick, wenn man jemanden zufällig trifft. So wie bei dieser ü-40-Tanznacht kürzlich, als aus einem kurzen Geplänkel ein amüsanter Abend wurde. Gut, auch daraus hat sich nichts weiter ergeben. Aber es war richtig lustig.
… und ein bisschen verliebt
Anfangs war es spannend und aufregend, mit Singlemännern zu chatten, sich vorzustellen, dass da vielleicht einer dabei sein könnte, der mit mir am Morgen aufwachen möchte und mit dem ich beim Einkaufen den Kopf zusammenstecken könnte. Und wieder mal Verabredungen zu haben war schon ganz schön. Aber ich will erst jemanden treffen, spüren, ob da was prickelt und dann entscheiden, ob ich erst mal bleibe oder nicht. Wenn du bei einem vereinbarten Date merkst, dass der Typ nichts ist für dich, kannst du dich nicht einfach so verkrümeln, da musst du anstandshalber ausharren.
«Du bist zu kompliziert», sagen meine Freundinnen an unserem nächsten Frauenabend. Mag sein. Doch ich mag die Zufälle, die das Leben manchmal parat hat. So wie kürzlich, als ich ein paar Tage in Österreich war. Da hab mich ein bisschen verliebt. Weils grad passte und schön war. Und dann bin ich wieder nach Hause gefahren. Einfach so.