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Sex im Elternbett? Ja oder Ja, wenn ja warum nicht?!
Ach ja, das liebe Internet: Für so recherchewütige Informationsjunkies wie mich, ist es ein Fluch und ein Segen zugleich. Auf der einen Seite findet man auf scheinbar jede nur erdenkliche Frage eine Antwort, weil sie schon zuvor gestellt und beantwortet wurde. Ob man nun wissen will, wie man sein Lieblingseichhörnchen auf sich aufmerksam macht, oder die Brummsprache verstehen möchte, in der die Küchengeräte kommunizieren – gab es alles vorher schon. Auf der anderen Seite findet man aber eben auch jede nur erdenkliche Antwort auf eine einzige Frage.
In meinem Fall auf die Frage, wo man als Elternpaar eigentlich Sex haben soll, wenn das 10 Monate alte Baby noch im Elternschlafzimmer schläft, die Zehnjährige bis 21 Uhr liest und der Achtjährige auch am Wochenende vor 7 Uhr aufsteht.
Gut, es ist ein Luxusproblem. Dass man nach 3 Kindern, diversen Umzügen, Krisen, Jobs und Körperformen immer noch so viel Gefallen aneinander findet, ist keine Kleinigkeit. Neulich hat die Zeitschrift Brigitte beispielsweise Finger zu Problemzonen erklärt. Wie soll man sich in so einer Welt selbst gut finden, beziehungsweise dem anderen glauben, dass er einen gut findet? Aber behaupten wir doch einfach mal, dass es möglich ist: Völlig übermüdete Eltern finden sich heiss und wollen es krachen lassen. Ihr wisst schon, auf Elternart (Psst! Scht! Psssssscht!). WO zur Hölle soll das passieren? Irgendwie passen die Aussagen von «Karen» und «Sophie» aus dem Internet nicht auf uns. Die finden nämlich, Sex sei viel aufregender, wenn man ein Baby hat, weil man dann auf alle möglichen Örtlichkeiten ausweicht. Quasi aus der Not eine Tugend machen und feststellen, dass es sich wunderbarerweise wieder so anfühlt wie mit den ersten Schmetterlingen im Bauch. Keine Ahnung, in was für Palästen die wohnen und wie gross die Putzkolonne ist, die sie beschäftigen. Die treiben es wahrscheinlich im selten genutzten Westflügel. Wir nicht. In den Kinderzimmern liegen Sachen und Kinder rum. Sehr viele Sachen und genug Kinder. Die sind nicht betretbar und okkupiert. Im Bad fällt mir nur ein, wie dringend es geputzt werden müsste. Im Mülleimer schimmelt der Apfel, den Sohnemann hier letzte Woche zur Hälfte aufgegessen hat. Im Waschbecken glänzt das Zahnpastagemälde vom Töchterchen. Na, Lust bekommen?! Ich auch nicht. Küche? OFFENE Küche mit hartem «Harry und Sally» Boden? Nääh! Wohnzimmer also? Wo man eigentlich alle 2 Stunden mit einem Industriestaubsauger durch müsste und ständig jemand schreiend (Fragt nicht!) hereingestürmt kommt, weil es ja ein Gemeinschaftsraum ist.
Also doch Schlafzimmer. Mit schlafendem Baby. Lautlos Freude haben. Oder eher freudlos Laute haben. Babylaute nämlich («War da was? Da war doch was!»). Kriegen die das nicht mit? Wenn ja, was bedeutet das? Wenn nein, wie lange nicht? Und ist das nicht alles total unromantisch? Kann schon sein.
Aber ist es nicht ausreichend romantisch, dass man sich immer noch will? Wenn es irgendwie passt und wenn es sein muss auch in der Küche. Mit Augen zu vielleicht auch im Bad. Oder eben im Schlafzimmer. Ganz vorsichtig.
Psssssssssssssssssssssssssscht!
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Nils Pickert (1979), geboren in Ostberlin, nach dem Mauerfall mit einer waschechten Kreuzbergerin angebändelt. Gegenwärtig 4 Kinder: Emma (12), Emil (10), Theo (2½) und Maja (bald 1). Arbeitet als freier Journalist für diverse Medien und als Weltverbesserer bei dem Verein Pinkstinks, der sich unter anderem gegen Sexismus in der Werbung engagiert. Wurde von der «Weltwoche» mal als «maximal emanzipierter Mann» beleidigt, findet aber, dass ihm der Titel steht. Bloggt für «wir eltern» über Alltag mit Kindern, gleichberechtigtes Familienleben, neue Väter, Elternbeziehungen, Erziehungswahnsinn. Alle Blogg-Beiträge von Nils Pickert finden Sie hier.