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Ab Maja sind wir Grossfamilie
zvg
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«Drei Kinder, meine Güte. Ist ja schon eine Aufgabe. Habt ihr das so geplant? Und das in diesen unsicheren Zeiten, ganz schön mutig». Das ist so ungefähr die Gewichtsklasse Kommentare, die man bekommt, wenn man zunächst öffentlich mit dem Gedanken «drittes Kind» liebäugelt und ihn anschliessend auch noch in die Tat umsetzt. Drei Kinder scheinen irgendwie ein bisschen viel zu sein. Mit einem ist man Paar mit Kind, mit zweien eine Familie. Mit dreien so leicht übers Ziel hinausgeschossen. Was man mit vieren ist, davon will ich hier kurz erzählen. Und davon, was das eigentlich für ein Ziel sein soll, das wir mit Maja als unserem vierten Kind so deutlich verfehlt zu haben scheinen. Für einige zumindest. Das sind diejenigen, die bei vier Kindern die Eltern fragen, ob sie keinen Fernseher besitzen, sich bei der Fussball WM so doll gefreut haben oder nicht wissen, wie man ein Kondom benutzt. Alles schon gehört. Aber auch sehr wertschätzende, staunende Kommentare. «So etwas traut sich heutzutage ja fast keiner mehr».
Stimmt. Der Standard sind ein bis zwei Kinder. In diesem Rahmen spielt sich Familie meistens ab.
Ein Kind und dann noch eins, damit das erste jemanden zum Spielen hat. Manche setzen noch eins drauf. Drei Kinder kriegt man auch irgendwie so reingequetscht. In ein Auto, eine Wohnung, ein Leben. Die materiellen und immateriellen Gesellschaftsmassstäbe sind für eine fünfköpfige Familie gerade noch so ausreichend. Danach wird’s lustig. Im Sinne von: Wir brauchen ein Haus, ein Riesenauto (Kombi reicht nicht mehr) und einen Goldesel im selbstverständlich vorhandenen Garten. Der hätte bei uns mit Schulmaterialien, Geburtstagswünschen, Arztrechnungen, und Urlaubsreisen gut zu tun. Das macht zwar auch Spass, ist aber so chaotisch und anstrengend, dass man das beispielsweise in der Werbung lieber nicht mit echten Menschen abbildet. Trickfiguren sind viel besser – die nerven beim Drehen nicht so.
Was will ich damit sagen? Wir wollten immer vier Kinder (check). Meine Liebste wollte mit 35 mit «diesem Gebärkram» fertig sein (check). Mit seltsamen Kommentaren haben wir gerechnet (check). Jammern ist also weder hilfreich noch angebracht. Verwunderung aber schon. Über die Überdimensionierung, die einem als sechsköpfige Familie zugesprochen wird. Über die Vereinbarkeitsproblematik, die nach dem zweiten Kind noch mal explodiert. Mal sehen, wie das noch wird.
Nils Pickert (1979), geboren in Ostberlin, nach dem Mauerfall mit einer waschechten Kreuzbergerin angebändelt. Gegenwärtig 4 Kinder: Emma (12), Emil (10), Theo (2½) und Maja (bald 1). Arbeitet als freier Journalist für diverse Medien und als Weltverbesserer bei dem Verein Pinkstinks, der sich unter anderem gegen Sexismus in der Werbung engagiert. Wurde von der «Weltwoche» mal als «maximal emanzipierter Mann» beleidigt, findet aber, dass ihm der Titel steht. Bloggt für «wir eltern» über Alltag mit Kindern, gleichberechtigtes Familienleben, neue Väter, Elternbeziehungen, Erziehungswahnsinn. Alle Blogg-Beiträge von Nils Pickert finden Sie hier.