Blog
Warum ich die Mutter meines Kindes nicht heirate
Am 28. Februar stimmen wir darüber ab, ob die Heiratsstrafe abgeschafft wird. Ich weiss nicht viel über das Anliegen (ein paar wohlhabende Ehepaare werden wohl zur Kasse gebeten) und wahrscheinlich noch weniger über die Ehe selbst. Meine Freundin und ich haben eine gemeinsame Tochter und einen nicht-gemeinsamen Sohn – das würde dafür sprechen, dieses Patchwork-Konstrukt mit dem Bund der Ehe zu versiegeln. Und trotzdem habe ich meiner langjährigen Partnerin noch keinen Antrag gemacht. Aus folgenden Gründen:
Heiraten ist teuer und ich bin faul.
Heiraten heisst aufs Standesamt gehen, heisst ein mehr oder weniger grosses Fest veranstalten, heisst viel Geld ausgeben, Einladungen gestalten und drucken, Ringe auswählen und kaufen, eine Location und ein Datum ausmachen... Wenn ich schon nur daran denke, ermüde ich. Muss das alles sein? Es läuft doch auch so ganz gut.
Ich habe Angst.
Was, wenn es mit uns nicht klappt? Wäre es möglich, dass wir uns hassen? Man hat ja schon viele Geschichten gehört. Vielleicht gäbe es einen Rosenkrieg. Vielleicht ginge dabei mein Erspartes drauf. Und am Ende sähe ich meine Tochter nicht mehr jeden Tag. Kurz: Mir graut es davor, zu scheitern.
Ich habe keine emotionale Bindung.
Das möchte ich konkretisieren: zur Freundin schon, aber nicht zur Ehe. Zwar sind meine Eltern seit Jahrzehnten verheiratet und auch andere Paare leben mir vor, dass die Ehe eine ganz passable Sache zu sein scheint. Dennoch tut sich gefühlsmässig nichts, wenn ich mir vorstelle, wie ich meine Braut vor den Altar führe. Ich weiss, ich habe absolut keinen Sinn für Romantik.
Die Ehe ist mir zu religiös oder zu formell.
Wer kirchlich heiratet, schliesst vor Gott einen Bund. Das ist sicher noch schön - wenn man religiös ist. Nun sind wir beide aber vor einer Weile aus der Kirche ausgetreten. Damit ist auch das einzige spirituelle Argument für eine Heirat weggefallen – was das Ganze zu einer reinen Formalität, quasi zu einem bürokratischen Akt machen würde.
Die Ehe ist mir zu ultimativ und gleichzeitig zu beliebig.
«... bis dass der Tod euch scheidet» heisst es auf dem Standesamt zum Glück nicht, trotzdem schwingt es auf eine seltsame Weise mit (stelle ich mir zumindest vor). Gleichzeitig wird gut die Hälfte der Ehen wieder geschieden. Na, so ein starker Bund scheint das also doch nicht zu sein. Da können wir ja gleich «einfach so» zusammen bleiben.
Auf der anderen Seite: Auf lange Sicht ist mir das Konkubinat zu unpraktisch. Solange wir das gemeinsame Sorgerecht nicht notariell eintragen lassen (bisher zu faul), kann ich für meine Tochter nicht mal einen Pass ausstellen lassen. Insofern macht heiraten einiges einfacher, da konform. Ich werde mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
Reto Hunziker ist 1981 im Aargau geboren, aber das muss noch nichts heissen. Er hat Publizistik, Filmwissenschaft und Philosophie studiert und auch das muss noch nichts heissen. Er arbeitet als freier Journalist und als Erwachsenenbildner und versucht daneben, dem ganz normalen Wahnsinn in einer Patchwork-Familie (Frau, Tochter und Stiefsohn) mit Leichtigkeit und gesundem Menschenverstand zu begegnen – das will was heissen. Alle Blog-Beiträge von Reto Hunziker finden Sie hier.